46. Dozentenkolloquium

Militärhistorische Fortbildung in Thüringen

Militärhistorische Fortbildung in Thüringen

Datum:
Ort:
Thüringen
Lesedauer:
4 MIN

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Vom 05. bis 09. Mai 2025 fand das 46. Dozentenkolloquium des ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr zum Thema „Historische Bildung als Persönlichkeitsbildung“ in Nordhausen statt. Das Kolloquium brachte rund 20 Dozenten aus Bildungseinrichtungen der Bundeswehr zusammen, um sich über aktuelle Entwicklungen an historischen Orten der Militärgeschichte auszutauschen und weiterzubilden. 

Militär in Uniform vor einer Statue

Militärgeschichtslehrende der Bundeswehr aus verschiedensten Standorten vor der Nordhäuser Rolandstatue am Rathaus

Bundeswehr

Das ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr führt jährlich ein Kolloquium für Lehrstabsoffiziere, Dozentinnen und Dozenten der Militärgeschichte in Form eines Lehrgangs durch. Die Inhalte waren weit gefasst – von Rebellionen des Mittelalters zu militärhistorischen Fallstudien des Zweiten Weltkriegs bis hin zu erinnerungskulturellen Entwicklungen im 21. Jahrhundert.  Unter der Leitung von Oberst Dr. Martin Hofbauer führte Oberstleutnant Dr. Heiner Bröckermann die Fortbildung durch. Die fachlichen Besprechungen des Kolloquiums fanden in der Nordhäuser Stadtbibliothek „Rudolf Hagelstange“ statt. In der modernen Atmosphäre der „Bibliothek des Jahres 2024“ diskutierten die Teilnehmenden zum Stand der Lehre im Fach Militärgeschichte in der Bundeswehr. Eine Stadtführung durch die Altstadt von Nordhausen rundete den Auftakt kulturell ab und bot einen ersten Einblick in die geschichtsträchtige Region.

Zweiter Weltkrieg und Bauernkrieg

Ein zentraler Programmpunkt am nächsten Tag war der Besuch der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora. Der Leiter der Gedenkstätte, Andreas Froese, begrüßte die gerngesehenen Gäste aus der Bundeswehr. Die Führung durch das ehemalige Konzentrationslager und die unterirdischen Produktionsanlagen der sogenannten „Wunderwaffen“ V1 und V2 verdeutlichten die menschenverachtenden Bedingungen der NSNationalsozialismus-Zwangsarbeit und regten zu intensiven Diskussionen über den Umgang mit technikhistorischem Erbe und ethischer Verantwortung an.  Wofür die Geschichte der Stadt heute weithin steht, zeigte jedoch an anderer Stelle ein Besuchstermin der Traditionsbrennerei Nordhausen, die in den historischen Produktionsstätten die Entwicklung regionaler Wirtschaft und den strukturellen Wandel seit 1990 veranschaulichte.

Soldatinnen und Sodaten in einem Bibliotheksraum

Dozenten der Militärgeschichte in der Nordhäuser Rudolf-Hagelstange-Bibliothek, die "Bibliothek des Jahres 2024"

Bundeswehr

Das Kriegsende 1945 wurde in einer weiteren Exkursion beim Halt am Schacht Bernterode reflektiert, wo 1945 die Särge Friedrichs des Großen und des Generalfeldmarschalls Paul von Hindenburg zusammen mit Kunstschätzen aus den Potsdamer Schlössern eingelagert wurden und schließlich von den „Monuments Men“ der USUnited States-Armee entdeckt worden waren. Höhepunkt im Gelände war jedoch die militärhistorische Besprechung zum Gefecht bei Struth vom 7. April 1945. Struth ist eine kleine Gemeinde im Eichsfeld und war Schauplatz der schwersten Kämpfe auf thüringischem Boden im Zweiten Weltkrieg. Etwa 250 deutsche und 50 USUnited States-amerikanische Soldaten fielen, und zahlreiche Einwohner starben. Das Dorf war nach Ende der Kampfhandlungen abgebrannt. Vor Ort analysierten die Teilnehmenden den sinnlosen deutschen Gegenangriff in die Flanke der Armee des USUnited States-Generals George S. Patton. Dabei wurde nicht nur die Lage im Gelände nachvollzogen, sondern auch die Auswirkungen auf die lokale Bevölkerung thematisiert. 

Ein ganz anderer historischer Schwerpunkt lag auf der thüringische Landesausstellung „freiheyt 1525 - 500 Jahre Bauernkrieg“ in Mühlhausen, die in eindrucksvoller Weise Ursachen, Verlauf und Nachwirkungen der Aufstände von 1525 aufbereitete. Der Besuch ermöglichte eine Perspektiverweiterung über die klassische Militärgeschichte hinaus hin zu sozialen und politischen Konfliktlinien der Vormoderne. Neben dem Museum St. Marien und Müntzer-Gedenkstätte, wurde das Bauernkriegsmuseum und das Kulturhistorisches Museum mit der Ausstellung „Deutung und Rezeption des Bauernkrieges vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart“ besucht. Dabei führte die Direktorin der Mühlhäuser Museen, Dr. Susanne Kimmig-Völkner, persönlich durch ihre Ausstellung und nahm sich viel Zeit für die Diskussion mit den Lehrkräften und Museumspädagogen der Bundeswehr. 

Vom Schlachtberg zum Denkmal

Auch der Besuch des Panorama-Museums in Bad Frankenhausen, wo Werner Tübkes monumentales Rundbild „Frühbürgerliche Revolution in Deutschland“ einen künstlerischen Zugang zur Geschichte der Umbrüche bot, stand auf dem Programm. Die Darstellung komplexer Gesellschaftsprozesse in einem einzigen Bild regte zur Reflexion über Geschichtsdarstellung und politische Deutung an – auch im Kontext der DDRDeutsche Demokratische Republik-Vergangenheit. Im Anschluss folgte das nahegelegene Kyffhäuser-Denkmal mit historischer Führung: Als nationaler Erinnerungsort des Kaiserreichs bot es Anlass für Diskussionen über die Monumentalisierung von mythisch aufgeladener Erinnerungskultur und den Wandel vom 19. in das 21. Jahrhundert. Und auch die Frage, wie sich historische Gedenkorte der Vereinnahmung durch neurechte Bewegungen erwehren, wurde dabei berührt. Für Oberstleutnant Dr. Bröckermann fiel das Resümee der Woche positiv aus: „Thüringen hat sich von seiner besten Seite gezeigt: Menschen, Landschaft, Wetter, Kultur, Essen und Trinken – alles top!“ 

von Michael Gutzeit

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