70 Jahre Bundeswehr
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Zum 70. Mal jährt sich die Gründung der Bundeswehr. Josef Rust, der erste und seinerzeit noch einzige Staatssekretär im BMVgBundesministerium der Verteidigung, setzte unserer Quelle vom 11. November 1955 die Angehörigen des BMVgBundesministerium der Verteidigung über die tags darauf folgende Zeremonie zur Ernennung der ersten Soldaten der neuen bundesdeutschen Streitkräfte in Kenntnis.
Die historischen Dokumente sind Kopien von Originalen aus dem Bundesarchiv-Militärarchiv.
Bundeswehr/Andrea NimpschDie Wahl des Datums für die Zeremonie war wohlüberlegt. Rusts Hinweis auf den 200. Geburtstag Gerhard Johann David von Scharnhorsts macht deutlich, dass man die neu zu schaffende Bundeswehr von Anfang an in der Traditionslinie der preußischen Militärreformer sah.
In der Ermekeil-Kaserne, dem Bonner Dienstsitz des BMVgBundesministerium der Verteidigung, war die Kraftfahrzeughalle offenbar der einzige Raum, der genügend Platz für die Durchführung der Veranstaltung bot, zu der auch Vertreter zahlreicher Medien einschließlich des „Fernsehfunks“ geladen waren. Das Fernsehen erreichte allerdings mit rund 200.000 angemeldeten Geräten in der Bundesrepublik im Jahr 1955 bei Weitem noch nicht die Mehrheit der Bevölkerung. Vielleicht war der optische Aspekt der Veranstaltung auch deshalb nicht von so großem Interesse, dass man dazu schriftliche Anweisungen gegeben hätte. Die Dekoration der Halle erfolgte nach “mündlicher Absprache“.
Die prosperierende junge Bundesrepublik war ein halbes Jahr zuvor in die NATONorth Atlantic Treaty Organization aufgenommen worden. Die Bundesregierung hatte dem Verteidigungsbündnis die Aufstellung von Streitkräften in der Stärke von 500.000 Mann binnen drei Jahren zugesagt – ein Ziel, das sich bald als nicht erreichbar herausstellte. Tatsächlich nahm der Aufbau der Bundeswehr erheblich mehr Zeit in Anspruch.
Von den Mühen des Anfangs und den Schwierigkeiten, die neuen Soldaten zügig mit allem Nötigen auszustatten, legt auch unsere Quelle Zeugnis ab. Lediglich zehn der Männer, die am 12. November 1955 ihre Ernennungsurkunden erhielten, verfügten bereits über die für den Soldatenberuf charakteristische Dienstbekleidung: eine Uniform. Die große Mehrheit, auf die das nicht zutraf, wurde gebeten, „im dunklen Straßenanzug zu erscheinen“.
Unklar bleibt, warum in unserer Quelle von 80 zur Ernennung vorgesehenen Soldaten die Rede ist. Der Journalist Hans Jesse, der für das Radioprogramm des Nordwestdeutschen Rundfunks von der Veranstaltung berichtete, spricht in seinem Beitrag von 100 Soldaten. In anderen Darstellungen findet sich die Zahl von 101 Soldaten. Zusammengefasst ergibt die Auswertung der Quellenlage 100 Anwesende, die am 12. November 1955 ihre Ernennungsurkunden erhielten. Die Forschungslage weist auf 101 zu Ernennende hin, es waren somit insgesamt 101 Urkunden ausgestellt worden. Einig sind sich indes alle Darstellungen, dass unter ihnen nur sehr wenige in Uniform antraten.
Unsere Quelle vom 11. November 1955: Übergabe der Ernennungsurkunden an die ersten Soldaten
Bundesarchiv, Abteilung MilitärarchivDie neuen Bundeswehrsoldaten waren durchweg vormalige Berufsoffiziere und -unteroffiziere der Wehrmacht. Sie wurden als freiwillige Soldaten auf Grundlage des im Juli 1955 vom Bundestag beschlossenen sogenannten Freiwilligengesetzes in ein Dienstverhältnis berufen. Die aus diesem Dienstverhältnis resultierenden Pflichten und damit einhergehenden gesetzlichen Vorschriften waren mit denen für Bundesbeamte auf Probe vergleichbar. Die ersten vier Monate der Dienstzeit wurden als Eignungsübung gewertet. Erst ab 1956 waren Übernahmen dieser freiwilligen Soldaten zum Berufssoldaten möglich, nachdem das Freiwilligengesetz vom Soldatengesetz abgelöst worden war.
Von allen früheren Streitkräften der deutschen Militärgeschichte unterschied sich die Bundeswehr von Anfang an durch ihre völlig neue Führungsphilosophie, das Konzept der Inneren Führung. Nicht zuletzt dank dieser Führungsphilosophie wurde sie zur loyalen Streitmacht der freiheitlichen demokratischen Grundordnung.
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von Christoph KuhlDie abgebildeten historischen Dokumente sind Kopien von Originalen aus dem Bundesarchiv-Militärarchiv.