Zypern
Historische Bildung- Datum:
- Ort:
- Zypern
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Kaum ein Ort spiegelt die enge Verflechtung von Europas Geschichte, Gegenwart und Zukunft mit dem Nahen Osten und Nordafrika so deutlich wider wie Zypern.
Zypern liegt geografisch am östlichen Mittelmeer. Mit über 9.000 Quadratkilometern Fläche ist die Insel nach Sizilien und Sardinien (beide zu Italien gehörig) die drittgrößte im Mittelmeerraum. Nur rund 100 km trennen sie von der Südküste der Türkei und der Westküste Syriens, etwa 200 km von Israel und rund 300 km von der Nordküste Ägyptens.
Erst nach knapp 400 km wird mit der griechischen Insel Rhodos das Territorium eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union (EU), zu der die Republik Zypern 2004 beigetreten ist, erreicht. Zum griechischen Festland hingegen sind es mehr als doppelt so viele Kilometer. Trotz dieser peripheren Lage zog Zypern im Laufe der Geschichte die Aufmerksamkeit verschiedener Reiche auf sich - Perser, Römer, Byzantiner, Osmanen oder Briten -, die alle ihre kulturellen und politischen Spuren auf der Insel hinterlassen haben.
Während der Herrschaft der Briten (1878 bis 1960, seit 1925 Kronkolonie) bestand die Bevölkerung der Insel zu circa 78–80% aus griechischen Zyprioten, 18–20% aus türkischen Zyprioten sowie aus kleineren Minderheiten wie den Maroniten (katholische Christen mit ursprünglich libanesischen Wurzeln), den Armeniern (mehrheitlich Angehörige der Armenisch-Apostolischen Kirche, vor allem in Nikosia ansässig) oder den sogenannten Lateinern (römisch-katholische Christen, meist Nachfahren venezianischer Siedler). Obwohl die griechischen Zyprioten eine Union mit Griechenland anstrebten (gr. Enosis, „Vereinigung“) und die türkischen eine Teilung der Insel (tr. Taksim, „Teilen“), kam es 1960 zur Unabhängigkeit und Gründung der Republik Zypern auf Basis eines trilateralen britisch-griechisch-türkischen Garantievertrages.
Die gegensätzlichen politischen Vorstellungen konnten auch durch ein komplexes System der Machtteilung nicht versöhnt werden und mündeten in gewaltsamen interkommunalen Auseinandersetzungen zwischen den griechischen und türkischen Zyprioten, welche 1964 einen ersten vorläufigen Höhepunkt erreichten. Um weitere Kämpfe zu verhindern, wurde am 4. März 1964 durch die Resolution S/RES/186 (1964) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (VN) die Friedenssicherungstruppe der Vereinten Nationen in Zypern gegründet, die United Nations Peacekeeping Force in Cyprus (UNFICYP).
Die Gewalt nahm jedoch kein Ende und kulminierten 1974 in eine faktische Teilung der Insel. Nach einem griechisch-nationalistischen Putsch behauptete die Türkei, von ihrer ihr 1959 zugetragenen Garantiemachtstellung Gebrauch machen zu müssen und startete im Juli 1974 eine militärische Intervention auf Zypern. Infolgedessen kam es zu weiteren Todesopfern und wechselseitigen Bevölkerungsvertreibungen, die die Kluft zwischen den zwei Gemeinden auch geographisch zementierten. Im Norden - auf der Karte grün markiert - rief 1983 die „Türkische Republik Nordzypern“ einseitig ihre Unabhängigkeit aus, welche bis heute international nur von der Türkei anerkannt wird. Im Süden - auf der Karte gelb markiert - besteht die international anerkannte Republik Zypern trotz ihrer Gebiets- und Bevölkerungsverluste weiter.
Zur Stabilisierung der Lage wurde das Mandat des UNFICYP ausgeweitet und eine entmilitarisierte Zone eingerichtet. Diese 180 km lange - auf der Karte schwarz-weiß schattierte - VN-Pufferzone verläuft nicht nur quer durch die Insel, sondern auch durch die Hauptstadt Nikosia, die heutzutage als letzte geteilte Hauptstadt Europas gilt. Im Jahr 2003 wurde der erste Grenzübergang zwischen dem Norden und dem Süden geöffnet. Die Öffnung des Übergangs in der zentralen Ledrastraße - mitten in der Altstadt von Nikosia - war erst 2008 möglich.
Wird ein weiterer Blick auf die Karte des nach 1975 geteilten Zyperns geworfen, fallen insbesondere zwei Kuriositäten auf. In der Pufferzone (der entmilitarisierten Zone), befindet sich in der Nähe von Larnaka, das Dorf Pyla/Pile, ein bikommunales Dorf, in dem griechische und türkische zyprische Einwohner und Einwohnerinnen dauerhaft miteinander leben.
Des Weiteren fallen zwei - auf der Karte lila markierte - Gebiete auf. Das sind Akrotiri im Südwesten der Insel, nahe Limassol, und Dhekelia im Südosten der Insel, in der Nähe von Larnaka und an der Grenze zur VN-Pufferzone sowie zur „Türkischen Republik Nordzypern“, zwei britische Überseegebiete. Ähnlich wie Gibraltar oder die Falklandinseln stehen diese zwei Enklaven unter der Souveränität Großbritanniens und beheimaten als Militärstützpunkte soldatisches Personal und dessen Familienangehörige.
Obwohl Zypern kein NATO-Mitglied, allerdings seit 2004 EU-Mitglied ist, sind die zwei Souveränen Stützpunktgebiete (Sovereign Base Areas, SBA) von großer logistischer Bedeutung für NATO-Staaten. Außerdem werden diese zwei britischen militärischen Stützpunkte für Luftoperationen und humanitäre Hilfslieferungen genutzt. Die Bundeswehr nutzte Akrotiri als Standort für einen Einsatzverband im Rahmen militärischer Evakuierungsoperationen. Außerdem ist dort ein Teil des deutschen Einsatzkontingents der VN-Mission im Libanon (United Nations Interim Force in Lebanon, UNIFILUnited Nations Interim Force in Lebanon) stationiert.
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