Die drei Teilungen Polens im 18. Jahrhundert
Die drei Teilungen Polens im 18. Jahrhundert
- Datum:
- Ort:
- Polen
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Im Spätmittelalter wurden das Königreich Polen und das Großfürstentum Litauen 1386 unter einem Herrscher vereinigt, seit 1569 existierte die Königliche Republik Polen-Litauen. Deren Staatsgebiet reichte im 16. Jahrhundert weit über die heutigen polnischen Grenzen hinaus und erstreckte sich von der Ostseeküste im Nordwesten bis an die Grenzen des Osmanischen Reiches im Südosten.
Königliche Republik Polen-Litauen
Hinsichtlich ihres politischen Systems war die multiethnische und multikonfessionelle Königliche Republik ein Unikum: Es handelte sich um ein Wahlkönigtum, in dem die Stände die politische Macht innehatten, um eine parlamentarisch-konstitutionelle Monarchie mit republikanischen Elementen („Adelsrepublik“). Die Ständeversammlung der Adligen, der Sejm, existierte seit dem Spätmittelalter als Gegengewicht zu potentiellen absolutistischen Tendenzen der Monarchen.
Polen-Litauen im Fokus der Nachbarn
Verschiedene Versuche, das Territorium Polen-Litauens zu erweitern, misslangen. Die Ausdehnung bis an die Küste des Schwarzen Meeres scheiterte am Widerstand des Osmanischen Reiches, während Litauen zunehmend unter Druck des seinerseits expandierenden Russischen Reiches geriet. Auch die polnischen Ansprüche auf die Kronen Böhmens und Ungarns ließen sich gegen die österreichischen Habsburger nicht durchsetzen.
Vor allem Russland versuchte im 18. Jahrhundert, in Polen-Litauen Einfluss zu nehmen, indem es prorussische Kräfte im Sejm förderte. Diese arbeiteten gegen die vom zunächst mit russischer Hilfe gewählten polnischen König Stanisław II. August angestrebten innerstaatlichen Reformen zur Stabilisierung des politischen Systems. Ein starkes, gefestigtes Polen konnte nicht im Interesse der Nachbarn sein. Drei von ihnen – Preußen, Österreich und Russland – einigten sich 1772 darauf, Teile Polen-Litauens dem eigenen Staatsgebiet anzugliedern.
Die drei Teilungen 1772, 1793 und 1795
Die Missachtung der polnischen Eigenstaatlichkeit durch seine drei Nachbarn war insofern ein einmaliger Vorgang, dass ein souveräner Staat allein aufgrund einer Interessenabsprache zwischen den benachbarten Großmächten aufgeteilt wurde, die sich in dieser Frage einig waren. Dieses Vorgehen widersprach den damals im Zuge der Aufklärung diskutierten Ideen von Völkerecht und nationaler Souveränität, aber Polen-Litauen als mindermächtiger Staat musste das Vorgehen der Großmächte hinnehmen.
Zarin Katharina II. von Russland, König Friedrich II. von Preußen und Erzherzog Josef II. von Österreich, der zugleich Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation war, stellten 1772 mit ihrer Einigung König Stanisław II. August und Polen-Litauen vor vollendete Tatsachen. Das Bild zeigt einen zeitgenössischen Kupferstich zur ersten Teilung; die Karte verdeutlicht, welche Gebiete sich die drei Großmächte in allen drei Teilungen aneigneten. Österreich war nur 1772 und 1795 (nun unter Franz II.) beteiligt, Preußen wurde 1793 und 1795 bereits von Friedrich Wilhelm II. regiert.
Folgen der Teilungen
Die zweite und dritte Teilung waren eine mittelbare Folge der Französischen Revolution. Genau vier Monate vor der neuen französischen Verfassung vom 3. September 1791 gab sich Polen als Folge der nach der ersten Teilung verstärkten Reformbemühungen am 3. Mai 1791 eine moderne Verfassung, damit die erste dieser Art in Europa. In der Befürchtung, nun würden „französische Verhältnisse“ direkt an den Grenzen der Großmächte etabliert, reagierten diese auf die Interventionsforderung der prorussischen Kräfte und teilten Polen 1793 erneut und 1795 final.
Als Folge der drei Teilungen verschwand das – im Vergleich zu heute – größere und weiter östlich gelegene Polen zunächst als souveräner Staat von der europäischen Landkarte. Als Ergebnis der erfolgreichen Expansion Frankreichs unter Napoleon nach Osten entstand 1807 das unter französischer Kontrolle stehende Herzogtum Warschau. Nach der napoleonischen Niederlage und der Neuordnung Europas auf dem Wiener Kongress 1814/15 wurde das „Kongresspolen“ genannte Königreich Polen geschaffen, das der russische Zar in Personalunion regierte; in den von Russland und Preußen (Provinz Posen) kontrollierten ehemals polnischen Gebieten setzte ein kultureller Nationalkampf gegen die drohende Russifizierung und Germanisierung ein. Erst nach dem Ersten Weltkrieg entstand mit der Republik Polen wieder ein souveräner polnischer Staat.
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Orte und Räume
An der Grenze zu Belarus und der russischen Exklave Kaliningrad ist die Lage Litauens an der heutigen NATO-Ostflanke von zentraler Bedeutung.