Abzug russischer Soldaten aus Deutschland
Abzug russischer Soldaten aus Deutschland
- Datum:
- Ort:
- Berlin
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- 2 MIN
Im Zuge der Zwei-plus-Vier-Verhandlungen einigten sich im Juli 1990 Bundeskanzler Helmut Kohl und der sowjetische Präsident Michael Gorbatschow auf den vollständigen Abzug der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland bis Ende 1994.
Mit mehr als 300000 Soldaten, über 4000 Panzern und knapp 700 Flugzeugen war die sogenannte Westgruppe der Truppen (WGT) die größte sowjetische Streitkräftegruppierung im Ausland und die Speerspitze des Warschauer Pakts. Ihr vollständiger Rückzug in die Heimat war eine der größten logistischen Operationen in der Militärgeschichte und sollte die Bundesrepublik mehr als 13 Milliarden DM kosten. Rund die Hälfte aller Transporte lief über den Seeweg, wobei dem Fährhafen Mukran auf Rügen eine zentrale Bedeutung zukam. Die andere Hälfte verließ Deutschland auf dem Schienenweg, meist im Transit durch Polen. Die Bundesvermögensämter übernahmen 1026 Liegenschaften, die zuvor aufwendig registriert werden mussten. In der (post-)sowjetischen Heimat fehlten hingegen ausreichend Unterkünfte für die Soldaten und deren Familienangehörige. Das trübte die Stimmung der WGT-Angehörigen, von denen viele in eine ungewisse Zukunft blickten. Nicht immer konnten die Truppenführer Disziplin und Moral während des Abzugs aufrechterhalten. Schwarzmärkte vor den Kasernen und illegale Waffenverkäufe bestimmten die deutsche Medienberichterstattung.
Gute Organisation und Kooperation
Dass dieser Truppenabzug dennoch ohne größere Komplikationen bewältigt wurde, zudem fristgerecht, lag nicht nur am militärischen Können der sowjetischen, später russischen Soldaten. Der zuvor diplomatisch ausgehandelte Abzug wurde militärisch organisiert und umgesetzt, wobei der Bundeswehr dabei eine Schlüsselrolle zukam. Ein für den Abzug eigens aufgestelltes Verbindungskommando zur WGT fungierte als Schnittstelle zwischen deutschen Behörden und den verbliebenen Einheiten, überwachte und verifizierte den Abzug und unterrichtete die Bundes- und Länderregierungen. Auch alle Transportanmeldungen der WGT liefen über die Bundeswehr. Am 31. August 1994 verabschiedeten Kohl und der russische Präsident Boris Jelzin in Berlin offiziell die letzten russischen Soldaten auf deutschem Boden. Damit endete eine 49-jährige Truppenstationierung. Noch heute zeugen in Ostdeutschland viele bauliche Überreste von der einstigen Präsenz sowjetischer und russischer Truppen.
Der Beitrag erschien in der Ausgabe 2/2019 der „Militärgeschichte. Zeitschrift für historische Bildung“.
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„Geschichte kompakt“ ist eine Rubrik der Zeitschrift „Militärgeschichte“. Die Beiträge konzentrieren sich auf wesentliche Fakten und ordnen die Ereignisse in einen größeren historischen Zusammenhang ein.