Veranstaltungsbericht

53. AMS-Tagung „Personalmanagement und Personalforschung in der Bundeswehr"

53. AMS-Tagung „Personalmanagement und Personalforschung in der Bundeswehr"

Datum:
Ort:
Potsdam
Lesedauer:
13 MIN

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Können wir etwas aus der Vergangenheit lernen und wie gut können wir in die Zukunft blicken? Diesen Fragen widmete sich die 53. Jahrestagung des Arbeitskreis Militär und Sozialwissenschaften, die am 14. und 15. November 2024 unter dem Titel „Personalmanagement und Personalforschung in der Bundeswehr“ in Zusammenarbeit mit dem ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in der Liegenschaft der Villa Ingenheim in Potsdam stattfand.

Mann mit Anzug am Pult, vor dem Publikum

53. Jahrestagung des Arbeitskreis Militär und Sozialwissenschaften, unter dem Titel „Personalmanagement und Personalforschung in der Bundeswehr“

Bundeswehr/Michael Gutzeit

Das Personalmanagement der Bundeswehr und hierbei insbesondere die Personalbedarfsdeckung erfahren seit mehreren Jahren eine zunehmende Aufmerksamkeit in Medien, Politik und Öffentlichkeit. Das Thema bewegt jedoch nicht nur das Personalmanagement im praktischen Sinne, sondern auch die (empirische) Personalforschung zum Militär. In den letzten Jahren sind hierzu mehrere Studien am ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr durchgeführt und zum Teil auch schon veröffentlicht worden. Die Personalforschung geht dabei über den angedeuteten Problembereich hinaus und wird auch in der Militärsoziologie bearbeitet. Die Forschungsperspektive zeigt, dass Personalthemen schon seit Gründung der Bundeswehr ein zentrales Thema der empirischen sozialwissenschaftlichen Forschung waren und bis heute sind. Dementsprechend lohnt sich – neben der Analyse aktueller Probleme – sowohl der Blick zurück als auch in die Zukunft.

 Eines der wichtigsten Themen der Militärsoziologie

älterer Mann mit braunem Sako steht am Pult und hält seinen Vortrag

Die Begrüßung und Einführung in das Tagungsthema erfolgte von Prof. Dr. Martin Elbe (Potsdam)

Bundeswehr/Michael Gutzeit

Zur Begrüßung und Einführung in das Tagungsthema zeigte Prof. Dr. Martin Elbe (Potsdam) auf, dass das Personalmanagement des Militärs generell zwar eines der wichtigsten Themen der Militärsoziologie darstellt, dabei meist aber nicht als soziologisches Thema behandelt wird. Unter den englischsprachigen Bezeichnungen „recruitment“ (Personalbeschaffung) und „retention“ (Personalbindung) werden international Ansätze, Verfahren und Probleme des Personalmanagements und der Personalforschung diskutiert und auch publiziert. Hierbei stehen vielfach Aspekte der Bedarfsdeckung und der Effizienzsteigerung im Vordergrund – mithin also eher betriebswirtschaftliche Fragestellungen. Diese Engführung sollte in der aktuellen Tagung vermieden werden, deshalb wurden sozialwissenschaftliche, historische, juristische und managementorientierte Beiträge mit Beispielen und Analysen aus der Praxis kombiniert. Hierbei wurden nicht nur aktuelle, sondern eben auch historische und zukünftige Herausforderungen thematisiert. Die einzelnen Sessions der Tagung waren dabei unter Berücksichtigung der Unterschiedlichkeit der Beiträge hinsichtlich der Perspektive (Disziplin), der zeitlichen Verortung (gestern, heute, morgen) und des Abstraktionsniveaus (Theorie, Empirie, Praxis) nach dem Prinzip der maximalen Differenz zusammengestellt worden.

Soldaten: Personal des Militärs

Mann in Uniform steht am Pult und hält seinen Vortrag

„Soldaten als Personal? Ein historischer Blick“ mit diesem Vortragsthema von PDPrivatdozent Dr. Thorsten Loch startete die erste Session.

Bundeswehr/Michael Gutzeit

Die erste Session eröffnete PDPrivatdozent Dr. Thorsten Loch (Potsdam) mit dem Vortrag „Soldaten als Personal? Ein historischer Blick“. Als sozialer Typ lässt sich das Soldatentum bis in die Landsknechtszeit zurückverfolgen und hat weitere, historisch ältere Vorläufer. Im Zuge der Verdichtung von Staatlichkeit werden aus Kriegern wertegebundene Staatsbürger. Das Soldatentum erfährt im 19. Jahrhundert eine zunehmende Professionalisierung. Soldaten werden als Träger des staatlichen Gewaltmonopols selbst Objekt staatlicher Kontrolle und Gegenstand politischer Ordnungsdebatten. Damit rücken die Soldaten als menschliche Gruppe in eine Objektperspektive und werden zum Personal des Militärs. Dies lässt sich in zahlreichen Publikationen politikgeschichtlich, institutionsgeschichtlich und mit Blick auf die Funktionsweise des Militärischen auch funktionsgeschichtlich feststellen. Die einzelnen Phasen des soldatischen Daseins (von der Rekrutierung über die Ausbildung und Erziehung bis hin zur Abschleusung) sind dabei historisch unterschiedlich gut erforscht. In der Bundeswehr bestimmt die Trias Personal – Soldat – Militär in ihrem institutionellen Verhältnis zu Staat und Gesellschaft einen festen geistigen Standort, der die Soldaten zu Staatsbürgern werden lässt. Dies kann als aktuelle Perspektive auf die Soldatinnen und Soldaten als Personal des Militärs gelten.

Pilotprojekt: Vier-Tage-Woche bei der Marine

Prof. Dr. Wenzel Matiaske (Hamburg) stellte unter dem Titel „Flexible Arbeitswoche bei der Marine?“ erste Ergebnisse zum

Mann mit Brille und Anzug, auf seine Powerpoint Präsentation zweigend

„Flexible Arbeitswoche bei der Marine?“ Prof. Dr. Wenzel Matiaske (Hamburg) erläuterte erste Ergebnisse des Pilotprojektes

Bundeswehr/Michael Gutzeit

Pilotprojekt einer Vier-Tage-Woche bei einem Minensuchgeschwader vor. Ziel des Projektes ist es, die Überstunden, die auf See angesammelt werden, von Freitag bis Sonntag in den Liegezeiten im Hafen abzubauen. Die Soldaten befinden sich an durchschnittlich 180 Tagen des Jahres auf See, wodurch es zu einer hohen Anzahl an Überstunden kommt. Innerhalb der Pilotprojektphase können die Soldaten ab Oktober 2023 zuverlässig mit dem freien Freitag planen. Dadurch soll mehr Raum für private Verpflichtungen und Aktivitäten geschaffen werden. In drei Wellen wurden seit 2023 die betroffenen Soldatinnen und Soldaten befragt. Untersucht wurde u.a., inwiefern Overcommitment, als übersteigerte Verausgabungsneigung, neben der situativen Komponente eine mögliche Effort-Reward Imbalance verstärkt. Daneben werden Einstellungen gegenüber der Organisation und dem Team mit unterschiedlichen Facetten des organisationalen Commitment abgefragt. Die Ergebnisse aus den drei Wellen wurden mit der aktuellen Befragung des Sozio-Oekonomischen Panels (SOEP) verglichen. Das Fazit erscheint überwiegend positiv, so wird von den Befragten angegeben, u.a. mehr Zeit für die Familie zu haben und sich besser von der Seefahrt erholen zu können.

Gesellschaftliche Trends und ihre Auswirkungen 

Frau mittleren Alters mit hellem Blazer steht am Pult, im Hintergrund ihre Powerpoint Präsentation.

Dr. Chariklia Rothbart (Berlin) eräuterte Fakten zum Thema „Gesellschaftliche Aspekte des sicherheitspolitischen Umfelds der Zukunft

Bundeswehr/Michael Gutzeit

Im dritten Vortrag der ersten Session thematisierte Dr. Chariklia Rothbart (Berlin) „Gesellschaftliche Aspekte des sicherheitspolitischen Umfelds der Zukunft. Trends, mögliche Entwicklungen und Folgen für die Bundeswehr“. Sie machte deutlich, dass aufgrund der langfristigen Perspektive die Zukunftsanalyse (Foresight) keine Prognosen macht, sondern relevante Faktoren (Schlüsselfaktoren) für das Forschungsfeld untersucht und verschiedene mögliche Entwicklungen dieser Faktoren in die Zukunft durchdenkt (Projektionen). Diese bilden die Grundlage für Beschreibungen über plausible Zukünfte (Szenarien). Das Referat Zukunftsanalyse des Planungsamtes der Bundeswehr denkt Zukünfte voraus, um frühzeitig Erkenntnisse zu gewinnen und Impulse für Innovation, Zielbildung und Weiterentwicklung der Bundeswehr zu setzen. Kernprodukte des Referats sind die Strategische Vorausschau, das Future Operating Environment und diverse Analysen zu unterschiedlichen spezifischen Themenfeldern (Future Study und Future Topic). Auch die Analyse von relevanten Trends, welche das sicherheitspolitische Umfeld und die Bundeswehr beeinflussen, ist ein wichtiger Teil der Arbeit des Referates. Trends sind quantitativ oder qualitativ begründete Richtungsaussagen zu Einflussfaktoren. Für den Analysebereich Gesellschaft wurden verschiedene Trendcluster vorgestellt und ihr möglicher Einfluss auf die Bundeswehr erläutert: Demografische Entwicklungen (z.B. Wachstum der Weltbevölkerung bei gleichzeitigem Bevölkerungsrückgang und Überalterung in Deutschland), neue Lebenswelt(en) und soziale Interaktion (z.B. weitere Digitalisierung der sozialen Lebenswelt), anhaltend unsichere Zeiten (z.B. zunehmende Beschleunigung, Ungleichheit, Unsicherheitsgefühl), zunehmende gesellschaftliche Polarisierung (infolge diverser sozioökonomischer und soziokultureller Faktoren) sowie der Wandel von Arbeit und der Arbeitswelt (z.B. Alterung der Bevölkerung, „Kampf um Talente“, Wandel von (berufsbezogenen) Werten und Bedürfnissen). Diese Trends können zu erheblichen Herausforderungen für das Personalmanagement und damit für die Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr in der Zukunft führen.

Künstliche Intelligenz in der Personalgewinnung

älterer Herr mit Brille und Anzug spricht am Podium zu dem Publikum

Oberst a.D. i.G.im Generalstabsdienst Dr. Norbert Staudacher (Bonn) trug erste Ergebnisse aus dem Projekt „Einsatz von KIkünstliche Intelligenz-Anwendungen – eine Herausforderung auch für die Personalgewinnung der Bundeswehr?" vor

Bundeswehr/Michael Gutzeit

In Session 2 fasste Dr. Norbert Staudacher (Bonn) am Nachmittag des ersten Konferenztages Ergebnisse aus dem Projekt „Einsatz von KIkünstliche Intelligenz-Anwendungen – eine Herausforderung auch für die Personalgewinnung der Bundeswehr?“ zusammen. Die Frage, wie mit Künstlicher Intelligenz (KIkünstliche Intelligenz) umzugehen sei, hat mittlerweile so ziemlich alle Personalbereiche deutscher Unternehmen und der öffentlichen Verwaltung erreicht. Sich einfach wegducken und zu hoffen, die ganze Thematik möge sich als vorübergehender Hype erweisen, wird bereits kurzfristig nicht mehr funktionieren. Daher war auch der Arbeitgeber Bundeswehr gut beraten, sich zur Erhaltung seiner Wettbewerbsfähigkeit der Herausforderung KIkünstliche Intelligenz möglichst schnell zu stellen. Im Fokus eines Projektes, das seitens des im BMVgBundesministerium der Verteidigung für die Personalgewinnung der Bundeswehr zuständigen Referates P I 4 zusammen mit der hauseigenen Beratungsgesellschaft, der bwConsulting, aufgelegt wurde, stand die Beantwortung der zentralen Frage „Wie kann Künstliche Intelligenz – im Kontext personeller Herausforderungen der Zeitenwende – systematisch in der Personalgewinnung eingesetzt werden?“. Dazu wurden die Möglichkeiten und Herausforderungen zum Einsatz von KIkünstliche Intelligenz-Anwendungen in der Personalgewinnung der Bundeswehr bedarfsorientiert und praxisnah untersucht, konkrete Anwendungsfälle einschließlich möglicher Realisierungsansätze aufgezeigt und der nachweisbare Mehrwert für Bewerbende (Außenwirkung) und Mitarbeitende im Personalsektor (Innenwirkung) herausgearbeitet.

Differenzielle Personalwirtschaft: Vielfalt und Chancengerechtigkeit in der Bundeswehr 

Mann mit schwarzem Anzug schaut vom Podium nacht unten in die Kamera.

Dr. Holger Morick (Mannheim) zu der Thematik „Vielfalt in der Bundeswehr – Chancen einer theoretischen Grundlegung durch die differenzielle Personalwirtschaft“

Bundeswehr/Michael Gutzeit

Den zweiten Vortrag in Session 2 bestritt Dr. Holger Morick (Mannheim) mit seinen Überlegungen zu „Vielfalt in der Bundeswehr – Chancen einer theoretischen Grundlegung durch die differenzielle Personalwirtschaft“. Die Bundeswehr ist so vielfältig wie die Menschen, die in ihr tätig sind. Jedem individuell gerecht zu werden würde das Personalmanagement überfordern. Alle über einen Kamm zu scheren würde dem Potential der Beschäftigten nicht gerecht. Die Alternative zwischen Individualisierung und Generalisierung heißt Differenzierung. Was aber sind – bei der Vielfalt der Menschen – sinnvolle Differenzierungsmerkmale? Allzu oft fallen uns dazu v. a. Alter, Geschlecht, Gesundheit, Nationalität, Religion, sexuelle Orientierung oder soziale Herkunft ein. Sozio-demografische Merkmale sind jedoch nicht besonders aussagekräftig für das menschliche Leistungsverhalten. Die Gefahr von Vorurteilen und unzulässigen Vereinfachungen ist hoch. Die Differentielle Personalwirtschaft liefert eine theoretische Grundlage für einen differenzierteren Zugang zum menschlichen Leistungsverhalten – denn um dessen Verständnis und Ausgestaltung muss es einem Personalmanagement gehen. Die Organisationskultur wirkt dabei vordifferenzierend, wie Leitplanken für das Leistungsverhalten – was gehört sich, ist gewollt, prägt das Mindset – und die Art der Sozialisation ist v. a. in der Phase der Integration neuer Mitarbeiter erfolgsbestimmend. Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und kognitive Merkmale liefern in diesem Kontext Erklärungen dafür, warum und wie Menschen unterschiedlich zu behandeln sind, um sie gleich zu berechtigen.

Freiwillig in Blaulichtorganisationen

älterer Mann mit Anzug und Krawatte steht am Pult und spricht zu den Zuschauern

Dr. Gregor Richter (Potsdam) stellte zentrale Erkenntnisse aus dem Projekt „Freiwilliges Engagement von Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr in Katastrophenschutz und zivilen Rettungsdiensten“ vor

Bundeswehr/Michael Gutzeit

In Session 3 am zweiten Konferenztag stellte Dr. Gregor Richter (Potsdam) zentrale Erkenntnisse aus dem Projekt „Freiwilliges Engagement von Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr in Katastrophenschutz und zivilen Rettungsdiensten“ vor. Ausgangspunkt für diese Studie zu sogenannten „Blaulichtorganisationen“ ist die Vorgabe des Art. 35 GG, dass alle Behörden des Bundes und der Länder sich gegenseitig Rechts- und Amtshilfe leisten und zur Hilfe bei Naturkatastrophe oder bei besonders schweren Unglücksfällen ein Land Polizeikräfte anderer Länder, Kräfte und Einrichtungen anderer Verwaltungen sowie des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte anfordern kann. Allerdings ist von einem Mehrfachengagement eines Teils des Personals der betroffenen Organisationen auszugehen, das teilweise zu einer Verflechtung von Verpflichtungen und Einplanungen, im Sinne einer Mehrfachassignierung, mündet. So steht bei Großschadensereignissen (Flutkatastrophen, Extremwetter usw.) im Inland das aktive militärische Personal bei Involvierung der Bundeswehr zur Bekämpfung der Folgen der Katastrophenlage den zuständigen zivilen Einrichtungen des Katastrophenschutzes und der zivilen Rettungsdienste nicht zur Verfügung, da dieses dann nicht im Rahmen seiner ehrenamtlichen oder nebentätigen Funktionen eingesetzt werden kann. Umgekehrt können im Fall der Landes- und Bündnisverteidigung (LV/BVLandes- und Bündnisverteidigung) Reservistinnen und Reservisten, für die Unabkömmlichkeit festgestellt wird – was insbesondere für eine Tätigkeit in Einrichtungen des Gesundheitswesens gilt – nicht für den Dienst bei der Bundeswehr herangezogen werden. Im Ergebnis bedeutet dies eine personelle Schwächung der Reserve gerade im Bereich des Sanitätsdienstes. Um den Umfang dieser Verflechtung zu klären, wurden im Jahr 2023 zwei Online-Befragungen durch das ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr durchgeführt, mit einem Rücklauf von 3.172 befragten aktiven Soldatinnen und Soldaten sowie 796 Reserveangehörigen. Es wurde deutlich, dass von den aktiven Soldatinnen und Soldaten 30 Prozent und bei der Reserve 24 Prozent einer Freiwilligentätigkeit im Katastrophenschutz oder in zivilen Rettungsdiensten nachgehen. Die wöchentliche Arbeitsbelastung betrug dabei 5 bis 6 Stunden. Die wichtigsten Motive liegen in Werten und Erfahrungen der freiwillig Tätigen sowie in deren Selbstwert, wobei für aktives militärisches Personal dazu noch Karriereorientierung kommt. Mehrfachassignierung erscheint damit als ein erhebliches Problem für die Personalplanung im Fall von LV/BVLandes- und Bündnisverteidigung und von Katastrophen.

Flexibel, modern, innovativ: Neue Ansätze in der Personalgewinnung 

Mann mittleren Alters mit grauem Anzug und weißem Hemd während des Vortrages

Ansätze und Verfahren zur „Personalgewinnung der Bundeswehr – flexibel, modern, innovativ“ aus Sicht des Bundesamts für Personalmanagement der Bundeswehr (BAPersBwBundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr), darüber sprach Thorsten Roth (Köln)

Bundeswehr/Michael Gutzeit

Thorsten Roth (Köln) sprach aktuelle Ansätze und Verfahren zur „Personalgewinnung der Bundeswehr – flexibel, modern, innovativ“ aus Sicht des Bundesamts für Personalmanagement der Bundeswehr (BAPersBwBundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr) an. Das BAPersBwBundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr verantwortet u.a. die operative Personalgewinnung für die gesamte Bundeswehr. Für den direkten Kontakt mit Interessierten und Bewerberinnen/Bewerbern sind in der Fläche 99 Karriereberatungsbüros, 14 Karrierecenter (teilweise mit Assessmentcentern) sowie das Assessmentcenter für Führungskräfte in Köln zuständig. In der Abteilung II des BAPersBwBundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr mit seinen Beratungs- und Assessmenteinrichtungen im Rahmen der Personalgewinnung sind über 1.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig. Der Weg in die Bundeswehr ist für die Bewerbenden ein modularer und damit individueller. Als Phasen lassen sich Akquise/Ansprache (im Zivilen und in der Truppe), Beratung (einschließlich Events und Praktika), Assessment (mit den Aspekten Fachlichkeit, Zuverlässigkeit und Gesundheit), Einplanung (monatlich und regional) und Einstellung (die No-Show-/Ghosting-Rate beträgt dabei nur 1,7 Prozent) voneinander unterscheiden. In allen Phasen sind im Vergleich zum Vorjahr Steigerungen zwischen 7 und 18 Prozent zu verzeichnen. Trotz der weiter bestehenden Herausforderungen im Arbeitsmarkt und bei der Rekrutierung von Soldatinnen und Soldaten zeichnen sich hier positive Trends ab, die auch in den letzten beiden Jahren schon zu einer deutlichen Verbesserung im Bereich des Recruiting geführt haben.

Ist die Bundeswehr (k)ein attraktiver Arbeitgeber?

ältere Frau im schwarzen Hosenanzug am Pult

Prof‘in. Dr. Ute Schäffer-Külz (Mannheim) fasste die Projektergebnisse aus Befragungen von Messebesuchenden 2023 unter dem Titel „Ist die Bundeswehr (k)ein attraktiver Arbeitgeber?“ zusammen.

Bundeswehr/Michael Gutzeit

Zum Abschluss von Session 3 fasste Prof‘in. Dr. Ute Schäffer-Külz (Mannheim) die Projektergebnisse aus Befragungen von Messebesuchenden 2023 unter dem Titel „Ist die Bundeswehr (k)ein attraktiver Arbeitgeber?“ zusammen. Es wurde untersucht, aus welchen Gründen sich junge Menschen nicht für eine Beschäftigung beim Arbeitgeber Bundeswehr interessieren bzw. sich vielleicht sogar bewusst dagegen entscheiden. Die Datenerhebung erfolgte mittels kurzer Leitfadeninterviews unter Besucherinnen und Besucher klassischer Berufsorientierungs- und Karrieremessen sowie Verbrauchermessen und weiteren Veranstaltungen. Insgesamt wurden 584 Interviews geführt. Knapp 40 Prozent der Befragten sind weiblich (231 Personen) und knapp 60 Prozent männlich (343 Personen), das durchschnittliche Alter beträgt knapp 23 Jahre. Mittels qualitativer Inhaltsanalyse wurde aus den erhobenen Daten ein strukturierendes Kategoriensystem zu den Gründen entwickelt, die gegen die Bundeswehr als Arbeitgeber sprechen. Die quantitative Auszählung ergab, dass die häufigsten Nennungen auf die folgenden Kategorien entfallen: Aktuelle berufliche Situation (14,3 Prozent), generelle Ablehnung der Bundeswehr (10,9 Prozent), keine passenden Berufsfelder (8,8 Prozent), negatives Image der Bundeswehr (7,6 Prozent), Verpflichtungszeiten (5,3 Prozent), Krieg (5,1 Prozent) sowie fehlende Informationen (4,8 Prozent). Eine differenzierte Auswertung zum Zusammenhang zwischen dem Geschlecht und der Häufigkeit der Nennung verschiedener Gründe zeigt kaum signifikante Unterschiede. Die Auswertung nach Art der Veranstaltung (Berufsorientierungsmessen vs. restlichen Veranstaltungen) ergibt einige wenige signifikante Unterschiede.

Bestenauslese unter rechtlichen und praktischen Gesichtspunkten 

Mann mittleren Alters mit Brille und Anzug während seines Vortrages am Pult

Prof. Dr. Michael Kawik (Mannheim) eröffnete mit seinem Vortrag „Herausforderungen der Personalauswahl im öffentlichen Dienst“ die vierte Session.

Bundeswehr/Michael Gutzeit

Session 4 am Mittag des zweiten Konferenztages wurde von Prof. Dr. Michael Kawik (Mannheim) mit seinem Vortrag „Herausforderungen der Personalauswahl im öffentlichen Dienst“ eröffnet. Er machte deutlich, dass die erfolgreiche Verwaltung eines komplexen Staatswesens voraussetzt, dass die dort Beschäftigten ihre Aufgaben bestmöglich wahrnehmen. Dazu ist es erforderlich, dass es sich um hervorragend ausgebildete und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter handelt. Vor diesem Hintergrund ist der Grundsatz der Bestenauslese des Grundgesetzes zu verstehen. Art. 33 Abs. 2 GG dient dabei zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung des öffentlichen Dienstes. Zum anderen trägt Art. 33 Abs. 2 GG dem berechtigten Interesse der Beamtinnen und Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen Rechnung. Diese grundgesetzliche Bestimmung begründet ein grundrechtsgleiches Recht auf eine ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl. All dies führt dazu, dass die Personalauswahl mit zahlreichen rechtlichen Herausforderungen verbunden ist. Dies gilt insbesondere für die Dienstpostenbesetzungsverfahren der Beamtinnen und Beamten. Die Rechtsverhältnisse der Beamtenschaft sind umfassend gesetzlich geregelt und grundgesetzlich verankert. Zahlreiche rechtliche Auseinandersetzungen verdeutlichen die Schwierigkeiten der Praxis in der Umsetzung des Art. 33 Abs. 2 GG. Schließlich sind solche Stellenbesetzungsverfahren gelegentlich auch politischer Einflussnahme ausgesetzt. Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass sich sogar das Bundesverfassungsgericht mit entsprechenden Fragen beschäftigen muss. Die Auseinandersetzung mit den Grundsätzen der Personalauswahl ist insoweit von grundlegender Bedeutung. Das Ringen um die bestmögliche Dienstpostenbesetzung ist vor diesem Hintergrund immer wieder kritisch zu betrachten.

Bewerberpotenzial im Wandel: Bundeswehr als Arbeitgeber 

Mann mittleren Alters im Anzug spricht am Pult zu den Zuschauern

Dr. Timo Graf (Potsdam) beendete die Session mit dem Thema „Das Bewerberpotenzial im Zeitverlauf – Ergebnisse der Bevölkerungsbefragungen des ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr

Bundeswehr/Michael Gutzeit

Last but not least, stellte Dr. Timo Graf (Potsdam) „Das Bewerberpotenzial im Zeitverlauf – Ergebnisse der Bevölkerungsbefragungen des ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr“ vor. Die Bevölkerungsbefragungen des ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr ist ein Gradmesser für die gesellschaftliche Legitimation, Relevanz und Integration der Bundeswehr seit 1996. Mittels computerunterstützter persönlicher Interviews werden jeweils ca. 2.000 Personen befragt, die die bundesrepublikanische Bevölkerung über 16 Jahre repräsentativ abbildet. Es werden Fragen zur Sicherheitspolitik (Sicherheits- und Bedrohungsempfinden sowie Einstellungen und Einschätzungen zu EU, NATO sowie einzelnen Ländern), zur Bundeswehr als Organisation (Einstellungen, Einschätzungen, Wahrnehmung) und zum Auftrag der Bundeswehr (Aufgaben der Bundeswehr im In- und Ausland, Einsätze und Missionen, Einstellungen zu militärischer Gewaltanwendung) gestellt, wobei ca. 330 Variablen erhoben werden, einige schon seit mehr als 20 Jahren. Hieraus lassen sich Entwicklungen im Zeitvergleich ableiten, z.B. auch hinsichtlich der Arbeitgeberattraktivität der Bundeswehr. Auf die Frage „Wie attraktiv ist Ihrer Meinung nach der Arbeitgeber Bundeswehr für junge Menschen?“, die allen Befragten gestellt wurde, stieg die positive Einschätzung in den 2010er Jahren bis zu einem Höchstwert von 69 Prozent im Jahr 2018 an und fiel seitdem wieder auf 56 Prozent im Jahr 2023 – dementsprechend stieg im selben Zeitraum die Einschätzung, dass die Bundeswehr als Arbeitgeber unattraktiv sei von 24 Prozent (2017) auf 37 Prozent (2023). Hierbei schätzen Männer die Arbeitgeberattraktivität der Bundeswehr deutlich höher ein als Frauen (62 zu 51 Prozent positive Bewertung). Ähnlich ist die Tendenz bei den 16- bis 29-Jährigen, allerdings auf einem niedrigeren Niveau: Hier sehen nur 56 Prozent der Männer die Bundeswehr als attraktiven Arbeitgeber und bei den jungen Frauen sind es nur 36 Prozent. Es könnten sich mehr Befragte vorstellen, als Zivilist/Zivilistin bei der Bundeswehr zu arbeiten, denn als Soldat/Soldatin.

Insgesamt wurden mit den Beiträgen ein breites Feld an Themen des Personalmanagements und der Personalforschung in der Bundeswehr erörtert und aktuelle Probleme analysiert. In allen Sessions gab es am Ende jeweils Fragen an und Diskussionen mit den Referentinnen und Referenten, die in den Pausen weitergeführt wurden. Die Veranstalter danken allen Beteiligten für ihre Beiträge und die engagierten Diskussionen. Das Prinzip der maximalen Differenz in der Zusammenstellung der Sessions hat sich bewährt. Auf Grundlage der Tagung wird wieder ein Sammelband in der AMS-Reihe „Militär und Sozialwissenschaften/Social Research and the Military“ im Springer Verlag veröffentlicht werden.

von Prof. Dr. Martin Elbe

Bei manchen Mobilgeräten und Browsern funktioniert die Sprachausgabe nicht korrekt, sodass wir Ihnen diese Funktion leider nicht anbieten können.

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