63. ITMG - Tag 2

Politik, Technik und der Krieg von Morgen

Politik, Technik und der Krieg von Morgen

Datum:
Ort:
Potsdam
Lesedauer:
5 MIN

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Der zweite Tag der 63. ITMG begann mit der dritten Sektion, die sich unter der Leitung von Cristina Bragea (Bukarest) mit Politik, Technik und dem Krieg von Morgen beschäftigte. Im Mittelpunkt der Vorträge stand die Frage, wie sich politische Faktoren und militärische Technologien gegenseitig beeinflussen – eine Frage, die heute mindestens so relevant ist wie damals.

junge Frau steht an dem Podium

Im Mittelpunkt der Vorträge unter der Leitung von Cristina Bragea stand die Frage, wie sich politische Faktoren und militärische Technologien gegenseitig beeinflussen

Bundeswehr/Andrea Nimpsch

Sektion 3: Politik, Technik und der Krieg von Morgen

älterer Mann mit Brille vor dem Mikrophon

Lutz Budrass (Bochum, Das Scheitern der Genfer Abrüstungskonferenz, die Aufrüstung der Luftwaffe und das Ende von Weimar 1932/33)

Bundeswehr/Andrea Nimpsch

Den Auftakt machte Lutz Budrass (Bochum, Das Scheitern der Genfer Abrüstungskonferenz, die Aufrüstung der Luftwaffe und das Ende von Weimar 1932/33), der den Aufbau der deutschen Luftwaffe nach dem Ersten Weltkrieg skizzierte. Trotz des ausdrücklichen Verbots durch den Versailler Vertrag wurde eine geheime Luftrüstung betrieben, die offiziell als zivile Luftfahrt getarnt war. Diese Tarnung flog spätestens bei der Genfer Abrüstungskonferenz 1932 auf, was den Übergang zu einer offenen militärischen Aufrüstung unter den Nationalsozialisten markierte.

Die Waffe der Zukunft

Anschließend sprach Damien Accoulon (Orléans, New Perspectives on an International Air Forceduring the Interbellum) darüber, wie die Entwicklung des Flugzeugs als neues Kriegsinstrument die Wahrnehmung von Krieg und die militärische Strategie grundlegend veränderte. Aufgrund ihrer technologischen Überlegenheit wurde das Flugzeug als Waffe der Zukunft angesehen – „The bomber will always get through“ (Stanley Baldwin, 1932). So entstanden auch zahlreiche Vorschläge, eine internationale Luftpolizei zu schaffen. Diese sollte weltweite Konflikte eindämmen und den Frieden aufrechterhalten. Doch aufgrund der unterschiedlichen nationalen Interessen scheiterten diese Projekte.

Motorisierung und Mechanisierung der jugoslawischen Armee

Mann mit Uniform vor dem Mikrophon

Dalibor Denda (Belgrad, Motorization and Mechanization in the Royal Yugoslav Army between World Wars)

Bundeswehr/Andrea Nimpsch

Dalibor Denda (Belgrad, Motorization and Mechanization in the Royal Yugoslav Army between World Wars) sprach in seinem Vortrag über die Motorisierung und Mechanisierung der königlichen jugoslawischen Armee zwischen den Weltkriegen. Erste Schritte in Richtung Motorisierung wurden noch vor Ende des Ersten Weltkriegs mit der Beschaffung von Lastwagen als Transportmittel unternommen. Erste Versuche einer Mechanisierung des Militärs durch die Anschaffung von Panzern scheiterten anfangs. Erst 1929 erhielt die königliche jugoslawische Armee ihre ersten eigenen Panzer. Obwohl die Notwendigkeit einer Motorisierung und Mechanisierung des Militärs frühzeitig erkannt wurde, zog sich der Prozess aus verschiedenen Gründen, wie Geld- und Personalmangel, in die Länge und kam letztlich für den Krieg zu spät.

Kleine Armeen in der Zwischenkriegszeit

Der letzte Vortrag der dritten Sektion lenkte die Aufmerksamkeit auf ein bereits während der Tagung sichtbar gewordenes Problem: den überwiegenden Fokus der Forschung auf großen Armeen. Doch wie entwickelten sich kleinere Armeen und wie passten sie sich an neue Herausforderungen, wie der Panzerkriegsführung, an. Auf diese Fragen ging Mathias André (Namur, The Belgian Army and the Development of Armoured Warfare) am Beispiel Belgiens ein. Die belgische Armee verfolgte trotz begrenzter Ressourcen die Entwicklungen in anderen Ländern und versuchte sich diesen weitestgehend anzupassen. Doch die unvollständige Modernisierung und das Versäumnis, die entscheidende Rolle der Luftwaffe zu erkennen, trugen zu den militärischen Problemen Belgiens im Jahr 1940 bei.

  • im Vordergrund zwei Männer bei einer Diskussion

    Der Wissenschaftliche Angestellte und Mitarbeiter im Forschungsbereich Einsatz, Linus Birrel, erläutert die Inhalte der Austellung.

    Bundeswehr/Andrea Nimpsch
  • Ein Mann blickt auf die Posterausstellung

    Die Posterausstellung des wissenschaftlichen Nachwuchses stieß auf viel Interesse.

    Bundeswehr/Andrea Nimpsch
  • drei Männer betrachten die Poster

    Zu jeder Zeit war die Plakataustellung gut besucht

    Bundeswehr/Andrea Nimpsch

Sektion 4: Irreguläre und der Staat

Die Zwischenkriegszeit war in vielen Ländern Europas keine friedliche Epoche, sondern eine Zeit, in der irreguläre Kräfte eine bedeutende Rolle spielten. Die vierte Sektion, geleitet von Christin Pschichholz (ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr), konzentrierte sich daher auf die Verflechtung zwischen irregulären Akteuren und dem Staat. 

Eskalation der Gewalt bis zum Zweiten Weltkrieg

junge Frau mit langen Haaren und schwarzer Kleidung bei Ihrem Vortrag

Franziska Anna Zaugg (Bern, Lokale, transnationale und internationale Gewaltakteure in »Neuserbien« 1919-1941)

Bundeswehr/Andrea Nimpsch

Franziska Anna Zaugg (Bern, Lokale, transnationale und internationale Gewaltakteure in „Neuserbien“ 1919-1941) beleuchtete das Gebiet Neuserbien, das zwischen 1919 und 1941 von zahlreichen lokalen, transnationalen und internationalen Gewaltakteuren geprägt war. Sie zeigte, wie reguläre Armeen und paramilitärische Gruppen im Sandžak und im Kosovo agierten, was zu einer Eskalation der Gewalt führte, die die Region bis zum Zweiten Weltkrieg prägte.

Entwicklung der sowjetischen Guerillakriegführung

Mann mit Brille während seines Vortrages. Im Hintergrund eine Präsentation auf der Leinwand.

Yaacov Falkov (Tel Aviv, Regular Irregulars: The Development of Soviet Guerrilla Warfare as a Derivative of The Deep Operation Theory and Doctrine, 1925-1941)

Bundeswehr/Andrea Nimpsch

Anschließend sprach Yaacov Falkov (Tel Aviv, Regular Irregulars: The Development of Soviet Guerrilla Warfare as a Derivative of The Deep Operation Theory and Doctrine, 1925-1941) über die sowjetische Guerillakriegsführung zwischen 1925 und 1941 im Rahmen der sogenannten „Deep Operation“. Die Soldaten an der Front sollten durch Operationen tief im feindlichen Gebiet, durchgeführt von Luftlandetruppen und Partisanen, unterstützt werden. Der Spanische Bürgerkrieg diente als Versuchsfeld, doch weitere Fortschritte wurden durch Stalins Säuberungen verhindert, da viele Ideenträger und ihr Wissen über die Guerillakriegführung vernichtet wurden.

Eine Art paralleler Staat

Der letzte Vortrag der vierten Sektion, gehalten von Markus Wien (Sofia, Die »Innere Mazedonische Revolutionäre Organisation« – Teil eines „Tiefen Staates“ in Bulgarien?) handelte von der Inneren Mazedonischen Revolutionären Organisation (IMRO), die seit 1893 als militante Bewegung für den Anschluss Mazedoniens an Bulgarien kämpfte. Die IMRO führte gewaltsame Aktionen durch, während sie als eine Art paralleler Staat operierte. Trotz ihrer Unabhängigkeit von der bulgarischen Regierung spielte sie eine bedeutende Rolle für die Politik des Landes, bevor sie sich in den 1920er Jahren spaltete und schließlich 1934 verboten wurde.

Sektion 5: Organisierte Beobachtungen

Frau mit Brille bei Ihrem Vortrag

Kristiane Janeke (ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr) moderierte die fünfte Sektion

Bundeswehr/Andrea Nimpsch

In der fünften und gleichzeitig letzten Sektion des zweiten Tages, moderiert von Kristiane Janeke (ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr), wurde die Rolle und Bedeutung internationaler Militärkontakte und -berichte verschiedener Nationen in der Zwischenkriegszeit thematisiert. 

Deutsche und sowjetische Militärattachés

junge Frau Sitz auf einem Sessel auf dem Podium und lächelt in die Kamera

Maria Timofeeva (Bonn, Deutsche und sowjetische Militärattachés 1933-1941: Eine vergleichende Perspektive)

Bundeswehr/Andrea Nimpsch

Im ersten Vortrag verglich Maria Timofeeva (Bonn, Deutsche und sowjetische Militärattachés 1933-1941: Eine vergleichende Perspektive) die Rolle deutscher und sowjetischer Militärattachés zwischen 1933 und 1941. Während in Deutschland eine klare Trennung zwischen legaler militärischer Aufklärung und Spionage bestand, verschwommen diese Grenzen in der Sowjetunion weitgehend. Trotz dieser Unterschiede hatten beide Gruppen jedoch eine Gemeinsamkeit: Zwar nahmen sowohl die deutschen als auch die sowjetischen Militärattachés eine wichtige repräsentative Rolle ein, doch verloren sie im Laufe der Zeit ihren politischen Einfluss, da ihre Berichte, wenn sie nicht mit den Ansichten der Führung übereinstimmten, oft ignoriert wurden.

Bewunderung und Abwertung 

Takuma Melber (Heidelberg, Japans Streitkräfte im Spiegel deutscher Militärberichte) sprach im Anschluss über die Sicht auf die japanische Streitkräfte in deutschen Militärberichten während der Zwischenkriegszeit. Diese Berichte übten teils scharfe Kritik an nahezu allen Bereichen des japanischen Heeres. Zwar gab es nach den Erfolgen Japans im Japanisch-Chinesischen Krieg gelegentlich bewundernde Kommentare, dennoch blieb das Bild der militärischen Leistung Japans aus deutscher Sicht abwertend.

zwei Männer auf dem Podium während der Diskussion

Takuma Melber (Heidelberg, Japans Streitkräfte im Spiegel deutscher Militärberichte) und Michael Olsansky (Zürich, Chancen und Grenzen internationaler Militärkontakte für die Streitmächte Österreichs und der Schweiz in der Zwischenkriegszeit)

Bundeswehr/Andrea Nimpsch

Umfassendes Lagebild durch Neutralität

Zum Abschluss des Tages verdeutlichte Michael Olsansky (Zürich, Chancen und Grenzen internationaler Militärkontakte für die Streitmächte Österreichs und der Schweiz in der Zwischenkriegszeit) anhand der beiden Länder Österreich und Schweiz, dass es in der Zwischenkriegszeit kein einheitliches Paradigma gab, das alle Armeen gleichermaßen beeinflusste. Zwar setzten beide Länder ab den 1930er Jahren auf Aufrüstung, doch konzentrierten sie sich auf unterschiedliche Schwerpunkte. Zudem konnte die Schweiz aufgrund ihrer Neutralität zahlreiche internationale Kontakte knüpfen, viele Besuche empfangen und Erfahrungsberichte sammeln, wodurch sie ein umfassendes Lagebild dieser Zeit entwickelte.

von Daniel Constantin Felouzis

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63. ITMG - Streitkräfte zwischen den Weltkriegen

Welche Lehren zogen Streitkräfte zwischen 1918 und 1939 aus dem Ersten Weltkrieg? Welches Bild eines Krieges der Zukunft zeichneten sie?