Dossier "20. Juli"

Der 20. Juli 1944 – Biographie eines Tages. Eine Graphic Novel

Der 20. Juli 1944 – Biographie eines Tages. Eine Graphic Novel

Datum:
Lesedauer:
3 MIN

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Der 20. Juli 1944 und der Attentatsversuch auf Adolf Hitler wurden bereits in zahllosen wissenschaftlichen Publikationen, Ausstellungen, Dokumentationen und Kinofilmen behandelt. Niels Schröder schafft mit der Graphic Novel „Der 20. Juli 1944“ einen völlig anderen Zugang zum Thema.

Coverbild der Graphic Novel "20. Juli 1944"
Niels Schröder

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte«, lautet ein altes Sprichwort, das eine ebenso alte Weisheit ausdrückt. Denn bereits tausende Jahre bevor die Menschen die Schrift entwickelten, vermittelten sie ihre Gedanken über Bilder, etwa die Höhlenmalereien der Steinzeit. Carl Gustav Jung (1875‑1961), Mediziner und berühmter Begründer der Analytischen Psychologie, formulierte, dass „unsere Psyche in Bildern denke“. Vielleicht erklären auch diese Umstände den besonderen Reiz, den Comics seit jeher auf viele Menschen ausüben. Mittlerweile hat sich daneben der Begriff „Graphic Novel“ etabliert – doch was ist eigentlich genau darunter zu verstehen? Den Begriff „Graphic Novel“ prägte der amerikanische Comic- Zeichner Will Eisner (1917‑2005). 1978 schuf er eine Art Comic-Roman mit ernsthaften Bildgeschichten. Die Bezeichnung „Comic“ (engl. für komisch) erschien ihm für sein Werk unpassend und so wählte er den Begriff der Grafischen Erzählung, „Graphic Novel“. Graphic Novels erscheinen oft in Buchform – im Gegensatz zu den klassischen Comic-Heften – und weisen einen größeren Umfang auf. Zudem thematisieren sie häufig autobiografische, aber auch historische und wissenschaftliche Inhalte. 

Die Graphic Novel „Der 20. Juli“

Die Graphic Novel „20. Juli 1944. Biographie eines Tages“ hat einen geschichtlichen Hintergrund. Sie erschien 75 Jahre nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler durch Oberst i.G.im Generalstabsdienst Claus Schenk Graf von Stauffenberg und wurde 2019 am historischen Ort, in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin, der Öffentlichkeit präsentiert. Das Buch zielt darauf, die historischen Ereignisse möglichst detailgetreu und korrekt wiederzugeben. Dies wurde dadurch gewährleistet, dass zwei Historikerinnen der Gedenkstätte den Inhalt und die Gesamtdarstellung überprüften. Die Graphic Novel ist entsprechend dem Tagesablauf des 20. Juli aufgebaut. Es gibt einen einleitenden Prolog sowie einen abschließenden Epilog, welche die Handlung einrahmen.

Stauffenberg erzählt von der Rosenkranz-Basilika
Niels Schröder

Die Erzählweise verdeutlicht ein Beispiel: Am Vorabend des Attentates sind die Brüder Stauffenberg noch in ein Gespräch vertieft. Claus berichtet seinem Bruder Berthold, wie er auf der Rückfahrt von seiner Dienststelle einen kurzen Halt eingelegt hat, um die Rosenkranz-Basilika in Berlin Steglitz aufzusuchen. Dort hatte er zufällig eine Inschrift entdeckt. Diese lautet: „Accipe Sanctum Gladium A Deo“ – „Empfange dieses heilige Schwert von Gott“. Die Szene ist in der Graphic Novel dargestellt, weil sie die psychologische Situation, in der sich Stauffenberg seinerzeit befand, symbolisch erfassen soll. Stauffenberg beging in diesen Wochen – wie er es selbst ausdrückte – „jeden Tag mit voller Kraft Hochverrat“. Er war zugleich aber auch von inneren Zweifeln geplagt und suchte daher förmlich nach äußeren Zeichen der Bestätigung seines Handelns. Das Schwert ist in der Bilderzählung als Einzelbild dargestellt und erhält dadurch eine besondere symbolische Bedeutung. 

Stauffenberg entdeckt die Inschrift "Empfange dieses heilige Schwert von Gott" als Symbol für seinen gerechten Widerstand.
Niels Schröder

Es steht für Gerechtigkeit – und somit, dem Wortstamm entsprechend, auch für das „Richten“, die „Hinrichtung“ des Verbrechers, also auch die „Rache“, die im Strafrecht bis heute ihre Bedeutung und Funktion hat. Vor allem aber ist es – als „Schwert Gottes“ – das Symbol einer höheren Verantwortung, wie sie Stauffenberg für sich klar erkannt hat und nunmehr bereit ist, diese auch zu übernehmen. Somit steht das gezogene Schwert auch für die „Entscheidung“. Es ist das Symbol des Handelns gegen das Böse. 

Stauffenberg erzählt von seinem Entschluss gegen Hitler vorzugehen.
Niels Schröder

Auch an anderen Stellen arbeitet das Buch mit der Verbildlichung von Inhalten, Haltungen und Einstellungen – etwa wenn das illustrierte Gedicht „Der Widerchrist“ von Stefan George die Ansichten Stauffenbergs, aber auch seine Gemütslage repräsentiert, während er sich auf dem Flug in die Wolfsschanze befindet. Die Graphic Novel arbeitet zudem mit Infografiken und Querschnitten, mit Rückblenden und auch mit längeren Textpassagen. Die Graphic Novel zum Attentatsversuch vom 20. Juli 1944 zeigt, dass das Genre durchaus geeignet ist, historische Ereignisse und Persönlichkeiten mit Tiefe zu erfassen und darzustellen. Sie ist zwar etwas anderes als ein Buch mit reinen Texten, stellt in ihren Möglichkeiten aber eine Erweiterung dar – und nicht etwa eine Verflachung. Vielmehr nutzt sie die vielfältigen Ausdrucksmöglichkeiten des Bildes und verbindet diese mit Texten zu etwas gänzlich Neuem.

Diesen Beitrag finden Sie auch in der Ausgabe 2/2024 der Zeitschrift „Militärgeschichte“.

von Niels Schröder

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