ZMG 1/2025

"Tunnel Rats" und Tora Bora. Kampf unter der Erde

"Tunnel Rats" und Tora Bora. Kampf unter der Erde

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Tunnel und andere unterirdische Hohlräume haben die Dimensionalität von Schlachtfeldern zu allen Zeiten der Kriegsgeschichte vergrößert. Beispiele der militärischen Nutzung des Untergrunds reichen von der Antike bis zur Gegenwart. Die Betrachtung der unterirdischen Kriegführung während der Konflikte in Korea (1950–1953), Vietnam (1955–1975) und Afghanistan (1979–1989) zeigt die große Bedeutung dieses bislang eher wenig beachteten Themenfeldes auf.

Eingang zu einem Tunnelsystem in Korea, der von zwei südkoreanischen Militärpolizisten bewacht wird.

"Aggressionstunnel": Von Südkorea gebauter Zugang zu einem Tunnel, den Nordkorea als Angriffsbasis gegen Südkorea gebaut hatte. Im März 1990 wurde der Tunnel von Südkorea entdeckt. Er wird seither von der südkoreanischen Militärpolizei bewacht.

picture alliance / dpa | Jeon Heon-Kyun

Ähnlich wie bei der Anlage von Schützengräben im Ersten Weltkrieg begann auch der Tunnelbau im Koreakrieg mit der Initiative einzelner Soldaten, die mehr Schutz suchten. Schnell erkannten nordkoreanische und chinesische Kommandeure den Nutzen dieser Bauten zur Stabilisierung der Front und Reduzierung von Verlusten im Angesicht der überlegenen Feuerkraft der Streitkräfte unter Mandat der Vereinten Nationen (VN). Zur Behauptung des 38. Breitengrads begannen sie daher ab 1951 im Norden der Front mit der systematischen Konstruktion von unterirdischen Verteidigungsanlagen. Die Gesamtlänge des Netzwerkes wuchs auf mehr als 1200 Kilometer an und war damit doppelt so lang wie der oberirdische Frontverlauf. Obwohl den Truppen häufig nur einfaches Werkzeug zur Verfügung stand, ermöglichte die Personalstärke der kommunistischen Armeen, dass ganze Berge mit Gängen durchzogen wurden. Nach Einschätzung von chinesischen Befehlshabern trugen Tunnel und Bunker entscheidend dazu bei, die letzte Großoffensive des Südens und der Amerikaner 1953 ohne Gebietsverlust abzuwehren. Das strategische Kalkül der unterirdischen Verteidigungsanlagen war es, Gebietsgewinne für VN-Kräfte so kostspielig zu machen, dass die politische Führung eine Einigung am Verhandlungstisch vorziehen würde. Tatsächlich stieg die USUnited States-amerikanische Bereitschaft zu Verhandlungen an, nachdem der Widerstand an eingegrabenen Positionen nicht gebrochen werden konnte. Die befürchteten Verluste von bis zu 100 000 Soldaten bei einem versuchten Durchbruch durch die unterirdischen Verteidigungslinien wurden als unannehmbar betrachtet. Aus chinesischer Perspektive ermöglichten die Tunnel zudem die Verwirklichung des strategischen Konzeptes der aktiven Verteidigung. Während sie tagsüber Schutz vor Artillerie boten, wurden sie nachts zum Ausgangspunkt für Gegenangriffe. Selbst wenn dabei erzielte Gebietsgewinne nicht gehalten werden konnten, ermöglichten die Tunnel, dass die Truppen auf starke Defensivstellungen zurückfallen konnten.

Tunnelstrategie

Obwohl die Strategie der unterirdischen Kriegführung viele Vorteile bot, konnte sie hohe Verluste des Nordens und der Chinesen bei der Verteidigung der Tunnel nicht verhindern. Deren Soldaten mussten oft tagelang unterirdisch in mit Leichen und Verletzten gefüllten Gängen bei kaum vorhandener Nahrung und Wasser vegetieren. Mehr als 40 000 Soldaten lebten und kämpften unter diesen Umständen unterirdisch. Neben dem Schutz, den die Tunnel den Kombattanten boten, konnten sie als Nachschublager, Versorgungslinien und Geschützstellungen genutzt werden. Weiter im Landesinneren wurden strategische Industrien sowie Luftwaffenhangars unterirdisch verlegt. Nach dem Krieg errichtete die nordkoreanische Armee gut ausgerüstete Bunkeranlagen mit Artillerie im ganzen Norden, um künftige Invasionen zu verhindern. Das nordkoreanische Militär setzte auch nach dem Waffenstillstand 1953 weiter auf die unterirdische Kriegführung. Nun wurden Tunnel unter der demilitarisierten Zone gegraben, um Südkorea von hier aus angreifen zu können. Diese erstmals in den 1970er-Jahren durch Zufall vom Süden entdeckten Tunnel ermöglichten den Transport von bis zu 10 000 Soldaten pro Stunde bis an die Stadtgrenze der Hauptstadt Seoul. Mit ihnen plante das nordkoreanische Militär, alle Frontdivisionen innerhalb eines Tages tief nach Südkorea hinein zu verlegen. Obwohl bisher bloß vier dieser Tunnel gefunden wurden, gehen Vermutungen des südkoreanischen Verteidigungsministeriums von bis zu 16 weiteren aus. Diese von südkoreanischer Seite als „Aggressionstunnel“ bezeichneten unentdeckten Wege werden bis heute als existenzielle Bedrohung wahrgenommen. Im Rückblick kann die Untergrundkriegführung im Koreakrieg als effektiv bewertet werden. Sie führte zu hohen Verlusten auf Seiten der VN-Kräfte und ermöglichte die Verteidigung von Stellungen gegen technologisch überlegene Angreifer. USUnited States-General Mark Clark zufolge waren die Verteidigungsanlagen der Kommunisten in Nordkorea effektiver als die der Deutschen im Zweiten Weltkrieg. Die Erfahrungen führten in Nordkorea und China in den folgenden 60 Jahren zum Bau von defensiven Untergrundanlagen.

Wege des Vietcong

Auch in Vietnam spielte die unterirdische Kriegführung eine große Rolle. Die Vietnamesen setzten bereits im Zweiten Weltkrieg gegen die Japaner und im anschließenden Kolonialkrieg gegen Frankreich auf Tunnel. Die Viet Minh nutzten sie beispielsweise dazu, um französische Stellungen zu infiltrieren oder Artillerie unter Bergen hindurch zu transportieren. Ihren Höhepunkt erreichte die unterirdische Kriegführung schließlich im Vietnamkrieg gegen die USUnited States-Amerikaner. Die unterirdischen Netzwerke des Vietcong (die Amerikaner sprachen kurz von VC) waren teilweise hunderte Kilometer lang und beherbergten Hospitäler, Kommandozentralen und Munitionsmanufakturen. 

Graphik eines Untergrundsystems in Vietnam mit zahlreichen Gängen und mehreren Etagen

Komplexe Untergrundsysteme: Die unterirdischen Netzwerke des Vietcong waren zum Teil hunderte Kilometer lang und verfügten über Wassersperren, Abflusskanäle, Hospitäler und Kommandozentralen.

akg-images / Science Photo Library / jose antonio penas

Sie lagen zwischen 1,5 und 20 Meter tief und verfügten oft über mehrere „Etagen“. In regelmäßigen Abständen gesetzte Wassersperren dienten als Schleusen gegen eingelassenes Gas, Abflusskanäle verhinderten die Flutung der Gänge. In Höhe und Breite waren die vietnamesischen Tunnel kleiner als die koreanischen, dafür konnten sie aber von Hand gegraben werden. Durch den hohen Eisenanteil der vietnamesischen Böden widerstanden die Tunnel auch massiven Flächenbombardements. Neben bodenkundlichen Faktoren spielten aber auch militärstrategische Überlegungen eine zentrale Rolle bei ihrer Positionierung. Das größte Netzwerk im Distrikt Cu Chi verband Saigon mit den Versorgungslinien am Ho-Chi-Minh-Pfad. Die Lebensbedingungen im Untergrund waren auch in Vietnam zum Teil katastrophal, Parasiten ein häufiges Problem. Die in den Tunneln verbreitete Malaria-Krankheit war die zweithäufigste Todesursache im Krieg. Trotz dieser widrigen Umstände lebten tausende Vietnamesen teilweise jahrelang unter der Erde.

Guerillakriegführung

Die Gründe für den Rückzug ins Erdreich liegen auf der Hand. Die Tunnel reduzierten die Anfälligkeit gegenüber Artillerie, Luftschlägen und chemischen Kampfstoffen. Durch die Tunnel konnte zudem ein strategisches Konzept verwirklicht werden, welches darauf abzielte, durch Nähe zum Feind diesen davon abzuhalten, seine massive Feuerkraft einzusetzen. Die Tunnel ermöglichten, „den Gegner am Gürtel zu fassen“, da sie es erlaubten, sich unbemerkt anzunähern und lange Zeit unerkannt in der Nähe zum Feind zu verweilen. Der Erfolg der Strategie zeigte sich unter anderem, als das USUnited States-Militär einen Stützpunkt direkt über dem Tunnelnetzwerk von Cu Chi errichtete. Die Tunnel dienten auch als Ausgangspunkt für nächtliche Überraschungsangriffe. Scharfschützen konnten die getarnten Tunnelausgänge effektiv nutzen. Die Untergrundanlagen fügten sich damit in die asymmetrische Guerrillakriegführung der Vietnamesen, die Konfrontationen auf offenem Feld weitestgehend vermieden. Die USUnited States-Führung setzte zur Bekämpfung der Untergrundaktivitäten anfangs auf Luftangriffe und chemische Kampfstoffe: Cu Chi wurde während des Vietnamkrieges das am stärksten bombadierte und begaste Gebiet der Kriegsgeschichte. Allerdings war die USUnited States-Luftwaffe nicht in der Lage, das Gebiet nachhaltig feindfrei zu kämpfen. Hinzu kam, dass der VC Untergrundanlagen in der Nähe von Zivilbehausungen errichtete, was zu propagandistisch instrumentalisierbaren Kollateralschäden führte. Das USUnited States-Militär entschied sich daraufhin erstmals dafür, feindliche Untergrundanlagen mithilfe von speziellen Einheiten zu infiltrieren. Die sogenannten Tunnel Rats waren gewöhnliche Soldaten, die sich trotz des Fehlens von Spezialausrüstung und -ausbildung freiwillig für diese Aufgabe meldeten. Ausgewählt wurden sie auch nach Körpergröße, da die Tunnel für die durchschnittlich kleineren Vietnamesen angelegt waren.

Bild einer Kippfalle mit spitzen Nägeln, wie sie in den Tunneln des Vietcong vorkam

Mit allen Mitteln: Der Vietcong baute in die Tunnelsysteme Fallen ein, um seine Gegner aufzuhalten, Aufnahme aus dem Museum Cu Chi bei Ho-Chi-Minh-Stadt.

akg-images / Pictures From History

Aufgrund der hohen Belastung der Aufgaben kam es zu vielen Fällen von Klaustrophobie und posttraumatischen Belastungsstörungen. Auch Atemwegserkrankungen durch den Kontakt mit Reizgas waren nicht unüblich. Aufgespürt wurden die Tunnel mit Magnetometern, Seismographen und Spürhunden. Auch Flammenwerfer und Planierraupen kamen zum Einsatz, um Tunneleingänge aufzudecken, indem man die Vegetationsdecke rodete. Anschließend wurde der die Landschaft Vietnams prägende umliegende Urwald häufig entlaubt, die Bevölkerung umgesiedelt und das Gebiet zu Free-Fire-Zonen erklärt. Oft wurden dann Tunnel Rats kopfüber in den Tunneleingang abgelassen, um potenziell dort wartende Gegner sofort sehen zu können. Nach der Räumung einer Untergrundanlage bemühten sich Pioniere mithilfe vielfältiger Mittel (unter anderem entzündliches Gas, Flüssigsprengstoff) um deren Zerstörung. Da die Sprengungen aber oft nur die Eingänge verschütteten, wurden viele Tunnelanlagen bald wieder bezogen. Im historischen Rückblick war die größte Neuerung der unterirdischen Kriegführung im Vietnamkrieg die Wiedereinführung von darauf spezialisierten Einheiten in der USUnited States-Armee. Auch wenn sich keine formelle Doktrin aus den Felderfahrungen entwickelte, finden sich Lehren aus dem unterirdischen Kampf auch heute noch in Handbüchern der USUnited States-Armee.

Bunkerersatz

In Afghanistan wurden seit der Antike Tunnel, Höhlen und auch unterirdische Bewässerungskanäle zum Schutz vor Invasoren genutzt. Im ab 1979 geführten sowjetisch-afghanischen Krieg zogen sich die Mujaheddin ebenfalls ins Unterirdische zurück. Die größeren Untergrundanlagen wie Tora Bora umfassten dutzende Tunnel und wurden in die Seite von Bergmassiven gegraben, um größtmöglichen Schutz vor Luftangriffen zu gewährleisten. Die widerstandsfähigen Kalksteinhöhlen erfüllten damit ergleichbare Funktionen wie milliardenteure, strategische Untergrundanlagen anderer Staaten. Viele Höhlenkomplexe waren so positioniert, dass sie Versorgungsrouten in den Grenzregionen des Landes schützten und Kämpfern den Rückzug ins mit den Mujaheddin verbündete Pakistan ermöglichten. Allein die Route entlang des Gebirges Zhawar-Kili versorgte die Mujaheddin mit 20 Prozent ihres Nachschubs. Außerdem mussten sowjetische Piloten den pakistanischen Luftraum verletzen, um die Eingänge der Höhlen anzugreifen. Viele der unterirdischen Komplexe waren gut ausgebaut, verfügten über Strom, Funk- und Kommandozentralen, Werkstätten, Krankenstationen und Moscheen. Möglich war dies auch, da die USAUnited States of America die Mujaheddin über die CIA beim Bau der Tunnel berieten und diesen (mit-)finanzierten. Die Hauptaufgabe der 500 Mann starken Besatzung des Zhawar-Kili-Höhlenkomplexes war, neben der Verteidigung, die logistische Versorgung der mobilen Kampfeinheiten in der Region. Dazu war in den Höhlen ein großes Arsenal an verschiedensten Waffen, Munition und Gerät gelagert, unter anderem Artillerie, erbeutete Panzer und Mehrfachraketenwerfer.

Trumpf in der Defensive

Die Untergrundanlagen waren oft in großer Höhe errichtet. Ein breites Repertoire an neuen Taktiken zeugte von der Innovationsfähigkeit der sowjetischen Streitkräfte in der unterirdischen Kriegführung: Granaten und Flammenwerfer wurden an Seilen in Schächte herabgelassen, Sonnenlicht mit Spiegeln in die Tunnelsysteme geleitet und Druckwellen mit Hilfe zeitlich aufeinander abgestimmter Explosionen erzeugt. Auch chemische Kampfstoffe kamen zum Einsatz. Um Eingänge zu verschütten, versuchten die Sowjets, mit besonderen „Vakuum-Bomben“ Bergstürze auszulösen. 

Afghanischer Kämpfer hockt mit einem aufgestellten Gewehr vor einem Höhleneingang.

Zentraler Rückzugsort: Sowohl im Krieg gegen die Sowjetunion ab 1979 als auch nach 2001 dienten unterirdische Anlagen wie Tora Bora auch in Afghanistan als Verteidigungs- und Versorgungsanlagen, 19. Dezember 2001.

picture alliance / dpa / Romeo_Gacad

Analog zu den Tunnel Rats gab es auch sowjetische Spezialeinheiten für die Tunnelräumung. Zu größeren Gefechten kam es bei Angriffen sowjetischer und afghanischer Streitkräfte auf die Bergfeste Zhawar-Kili. Der erste Versuch scheiterte nach mehr als 40 Tagen und signifikanten sowjetischen Verlusten an gepanzerten Fahrzeugen und Hubschraubern. In einem zweiten Angriff wurden mehr als 50 Bataillone der nationalafghanischen Armee und Teile der sowjetischen Luftwaffe eingesetzt. Nach einmonatigem Bombardement und anschließendem intensiven Nahkampf gelang es, die Höhlen einzunehmen. Allerdings  konnte Zhawar nur einige Stunden gehalten werden. Versuche, die Höhlen zu sprengen, führten letztlich zu ihrer Vergrößerung und obwohl das Gebiet vermint wurde, konnte die Rückkehr der Mujaheddin nicht verhindert werden. Nach einigen Monaten war die Anlage wieder vollständig aufgebaut. Allein hier beliefen sich die Verluste der sowjetischen Seite auf mehrere Dutzend Flugzeuge und mehr als 500 Fallschirmjäger. Die Gefechte um Zhawar-Kili demonstrieren die große Effektivität der unterirdischen Kriegführung in Afghanistan, insbesondere in der Defensive. Die Höhlen trugen dazu bei, dass irreguläre Guerillakräfte einem hochtechnologisierten Gegner widerstehen konnten. Wenig überraschend setzten daher auch die Taliban im Zuge der westlichen Intervention ab 2001 teilweise auf dieselben unterirdischen Stellungen. Die drei hier betrachteten Konflikte demonstrieren, dass sowohl reguläre als auch irreguläre Akteure während des Kalten Krieges in der Lage waren, effektive militärische Untergrundanlagen zu errichten und zu betreiben. Die zum Bau verwendeten Methoden reichten von Blechdosen in der Hand in Vietnam bis zur Technologie des industriellen Bergbaus in Afghanistan. Die Wahl der Tunnelstandorte war in vielen Fällen von strategischen Faktoren abhängig: In Vietnam verbanden die größten Tunnelnetzwerke das strategische Ziel Saigon mit dem Ho-Chi-Minh-Pfad, in Korea befanden sie sich entlang des Frontverlaufes und die afghanischen Höhlenkomplexe waren in der Nähe von Rückzugsorten und Versorgungslinien angelegt.

Attraktivität des Subterranen

Die primäre Funktion der Tunnel war meist die Schutzwirkung vor gegnerischer Artillerie und Luftangriffen und damit eine defensive. Der chinesische und nordkoreanische Tunnelbau sollte das Durchbrechen des Gegners am Frontverlauf verhindern. So war die Untergrundkriegführung hier eine Variante des Stellungs- und Grabenkriegs. In Afghanistan war den Sowjets sogar der präzise Standort der Höhlenkomplexe bekannt. Deren primärer Vorteil lag daher auch in der physischen Schutzwirkung des Gesteinsmassivs vor der feindlichen Feuerkraft. In Vietnam deutet die besondere Tarnung der Tunnel darauf hin, dass sich vor dem Feind zu verbergen ähnlich bedeutsam war wie der ballistische Schutz. 

Ein Touristenführer steckt den Kopf aus einem winzigen Eingang zu einem unterirdischen Tunnelsystem.

Kaum auszumachen: Ein Touristenführer demonstriert in Cu Chi, wie schmal und gut getarnt die Eingänge zu den vietnamesischen Tunnelsystemen teilweise waren.

akg-images / Pictures From History

Die Eigenschaft des Erdreichs, die sich der VC zusätzlich zunutze gemacht hat, ist seine Undurchsichtigkeit, die es ihm ermöglichte, sich effektiv vor dem Feind zu verstecken. Die Nutzung von Untergrundanlagen für Überraschungsangriffe und in Korea im Rahmen der „aktiven Verteidigung“ und der „Aggressionstunnel“ zeigt indes, dass auch offensive Aspekte im Rahmen der unterirdischen Kriegführung eine Rolle spielen. Gegenmaßnahmen zur Bekämpfung von unterirdischen Aktivitäten entwickelten sich im Laufe der drei Konflikte deutlich weiter. Während es im Koreakrieg noch kaum spezielle Methoden gab, wurden im Vietnamkrieg Spezialeinheiten aufgestellt und Waffensysteme entwickelt für die subterrane Kriegführung. Große Innovationsfähigkeit zeigten dann insbesondere die sowjetischen Streitkräfte. Alle drei Kriege zeichnen sich durch ein gravierendes technologisches Ungleichgewicht zwischen den Konfliktparteien aus. Dieses nötigte die weniger entwickelte Seite, die unterirdische Domäne dazu zu nutzen, den Vorsprung der anderen Seite in Feuerkraft und Fernaufklärung auszugleichen. Ähnlich wie Maschinengewehre im Ersten Weltkrieg die Bereitschaft zu Aufmärschen auf offenem Feld vermindert hatten und zum Grabenkrieg führten, begünstigten im Kalten Krieg Satellitenaufklärung, Lenkflugkörper und chemische Kampfstoffe die Untergrundkriegführung. Die Fallbeispiele demonstrieren, dass selbst Supermächte trotz hoher Investitionen nicht in der Lage waren, ihre Gegner nachhaltig aus dem Untergrund zu vertreiben. Deren Bekämpfung war aufwändig, langwierig und kostenintensiv und setzte eine massive Präsenz am Boden voraus. Vor allem für westliche Staaten, die bestrebt sind Verluste zu vermeiden, trug dies zur Anschauung bei, dass sich eine Konfliktfortführung aufgrund der hohen Verluste an Menschenleben, von Zeit und Material nicht lohne. Die anhaltende militärische Attraktivität des Subterranen im Kalten Krieg erklärt sich daher vor allem damit, dass Konflikte asymmetrisch zwischen technologisch ungleichen Parteien ausgetragen wurden.

Literaturtipps

Daphné Richemond-Barak, Underground Warfare, New York 2018.
Gordon L. Rottman, Viet Cong and NVANationale Volksarmee Tunnels and Fortifications of the Vietnam War, Oxford 2012.

von Hamza Deniz Kobus

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