Enttäuschte Hoffnungen

Deutschland und die Ukraine im Ersten Weltkrieg

Deutschland und die Ukraine im Ersten Weltkrieg

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Nicht erst im Zweiten Weltkrieg gerieten große Gebiete Osteuropas unter deutsche Herrschaft. Schon im Jahr 1918 war das deutsche Besatzungsgebiet fast so groß wie 25 Jahre später. Eine Tatsache, die heutzutage kaum präsent ist, verweisen doch auch Politik und Medien vornehmlich auf die Jahre von 1939 bis 1945, wenn es um die deutsche historische Verbindung und die daraus abgeleitete Verantwortung gegenüber der Ukraine geht. 

Aufmarsch

Aufmarsch: Deutsche Truppen in den Straßen von Kyjiw, aufgenommen vermutlich im Sommer 1918

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Schon im Jahr 1918 standen Polen, die baltischen Staaten, Belarus und die Ukraine unter deutscher (sowie österreichisch-ungarischer) Kontrolle. Dabei war das Deutsche Reich 1918 gleichsam Pate und wichtige Stütze des jungen ukrainischen Staats, der ohne deutsche Hilfe bereits wenige Monate nach der Unabhängigkeitserklärung im Herbst 1917 sehr schnell wieder zurück an das bolschewikische Moskau gefallen wäre. Stattdessen reichte die erste staatliche Unabhängigkeit bis 1922. (siehe Beitrag Streben nach Selbstbestimmung) Für das kaiserliche Deutschland war die Ukraine ein wichtiger Baustein für die geplante Neuordnung Osteuropas. Trotz einiger Ähnlichkeiten unterschied sich die deutsche Besatzungspolitik im Ersten Weltkrieg grundlegend von jener im Zweiten Weltkrieg. (siehe Beitrag Verheerter Kampfraum)

Ukrainische Unabhängigkeit

Seit 1917 war das ehemalige Vielvölkerreich Russland durch Revolutionswirren in seinen Grundfesten erschüttert. Die einzelnen Nationen strebten nach Unabhängigkeit, so auch die Ukraine, wo sich Mitte 1917 eine eigene Regierung, die sogenannte Rada, bildete. Am 20. November 1917 verkündete sie die »Ukrainische Volksrepublik« und erklärte sie zunächst für autonom, wenig später folgte die Unabhängigkeitserklärung.

Revolution

Revolution: Eine Gruppe von Soldaten und Zivilisten schwört der neuen Regierung in Kyjiw ihre Treue, 1917

United Archives/TopFoto/Süddeutsche Zeitung Photo

Die Rada war ein Sammelsurium von Parteien unterschiedlichster, jedoch meist politisch linker Couleur: Bürgerliche, Sozialisten und Sozialrevolutionäre. Ihre Herrschaft stand von Beginn an auf wackeligen Füßen, denn auch die ukrainischen Bolschewiki reklamierten die Macht in Kyjiw/Kiew für sich. Diese waren für eine Wiedervereinigung der Ukraine mit Moskau und erhielten von dort auch Unterstützung.

Wollte die Rada politisch überleben und die Unabhängigkeit von Moskau sicherstellen, brauchte sie unbedingt Unterstützung von außen. Sie setzte auf die Mittelmächte. Während das Deutsche Reich und Österreich-Ungarn mit dem bolschewikischen Russland in Berestja-Litowsk Friedensgespräche führten, tauchte unerwartet eine Delegation der Ukrainischen Volksrepublik am Verhandlungsort auf und besprach mit den Bevollmächtigten des Deutschen Reiches im Geheimen mögliche Hilfeleistungen.

Schutzmacht Deutschland

Als am 8. Februar 1918 die Bolschewiki die Rada in Kyjiw stürzten und ein brutales Schreckensregime errichteten, sah sich die ukrainische Delegation zum Handeln gezwungen und schloss spontan ein Bündnis mit dem Deutschen Reich: Deutsche Truppen sollten die Bolschewiki vertreiben und die Rada wieder an die Macht bringen. Im Gegenzug versprach die ukrainische Seite umfangreiche Getreidelieferungen von einer Million Tonnen.

Depesche Brest-Litowsk

Brotfrieden: Deutsche Sonderdepesche zum Abschluss des Friedens von Brest-Litowsk, Februar 1918

Lübeckische Anzeigen - Extrablatt Nr. 139

Das Angebot kam für das Deutsche Reich überraschend. In den vorausgegangenen Jahren hatten verschiedene Interessengruppen, wie Vertreter der Großindustrie oder des chauvinistischen Alldeutschen Verbands, immer wieder ohne Erfolg die Ukraine als deutschen Vasallenstaat in die deutsche Kriegszieldiskussion eingebracht. Das waren aber insgesamt Einzelstimmen. Auch wenn es ein erklärtes Ziel der deutschen Politik war, die »Randstaaten« vom Russischen Reich zu lösen: Die Ukraine geriet dabei nie wirklich in den Fokus und war nicht Teil der Kriegszielpolitik.

Für die Deutschen schien sich nun aber durch den Beistandsvertrag mit der Ukraine ein echtes window of opportunity zu öffnen: Zum einen verbanden sie große Hoffnungen mit den Getreidelieferungen aus der einstigen »Kornkammer« des Zarenreichs. Die britische Seeblockade hatte seit 1914 zu einer katastrophalen Versorgungslage in der Heimat geführt, der zehntausende Zivilisten allein im Winter 1917/18 zum Opfer fielen. Zum anderen glaubte die deutsche Regierung mit der Herauslösung der Ukraine aus dem russischen Staatsverband die bislang renitenten Bolschewiki in Moskau zur Unterzeichnung des Friedensvertrags von Brest-Litowsk zwingen zu können.

Zumindest in diesem Punkt erfüllte sich das deutsche Kalkül. Ab dem 18. Februar 1918 marschierten Truppen der Heeresgruppen (Alexander von) Linsingen und (Hermann von) Eichhorn offiziell zum Schutz der Rada in die Ukraine (und auch Belarus sowie Estland) ein.

In einem »Eisenbahnfeldzug« drangen sie schnell in das Innere des Landes vor und vertrieben die schlecht organisierten regulären und irregulären Truppen der ukrainischen Bolschewiki. Auch Österreich-Ungarn schloss sich einige Tage später diesem »Eisenbahnfeldzug« an, wollte es sich doch auch einen Teil der scheinbar leichten Beute sichern. Moskau lenkte schließlich ein und unterzeichnete am 3. März 1918 unter Protest den Friedensvertrag von Brest-Litowsk.

In der deutschen Forschung wird dieser Vertrag häufig als »Diktatfrieden« bezeichnet, in der Sowjetunion galt er als »Raubfrieden«. Diese negative Wertung blendet aus, dass Brest-Litowsk für die jungen Staaten des einstigen Zarenreichs eine Verbesserung ihrer Situation bedeutete. Die Ukraine, die baltischen Staaten und Finnland waren fortan unabhängig, wenngleich sie vorerst von der Entente nicht anerkannt wurden.

Die Mittelmächte beendeten nach dem Friedensschluss mit Russland ihren Vormarsch in der Ukraine jedoch nicht; der Feldzug war das klassische Beispiel eines mission creep. Mit der Einnahme von Kyjiw am 3. März und der Wiedereinsetzung der Rada als Regierung allein war es nicht getan, denn die Bolschewiki kontrollierten nach wie vor den Ostteil des Landes. Um die Ukraine wirtschaftlich auf ein scheinbar gesundes Fundament zu heben, mussten auch die Kohlegebiete des Donbas/Donbass gesichert werden, und um die Bedrohung von Süden her auszuschalten, drangen deutsche Truppen auch auf die Krym/Krim vor. Erst Ende Mai 1918 befahl Kaiser Wilhelm II., den Feldzug offiziell zu beenden, da dies sonst den Frieden mit Moskau bedrohen könnte.

Deutsche Besatzung und innere Lage der Ukraine

Obgleich offiziell keine Besatzungsmächte, teilten das Deutsche Reich und Österreich-Ungarn die Ukraine in Besatzungszonen auf. Während die nördlichen und östlichen Gebiete sowie die Krym unter deutsche Kontrolle fielen, wurde Österreich-Ungarn ein breiter Besatzungsstreifen in der Südukraine zugestanden. Der Truppe wurde immer wieder eingeschärft, dass sie sich nicht in einem feindlichen, sondern einem befreundeten Staat befinde.

Das Ende der Schreckensherrschaft der Bolschewiki bedeutete aber nicht, dass die Ukraine zur Ruhe kam. Die Macht der Rada war schwach, ihre Politiker meist jung und unerfahren. Der Chef des Stabes der deutschen Heeresgruppe Eichhorn, Generalleutnant Wilhelm Groener, verstand sich zwar persönlich gut mit den meisten Vertretern der Rada, beschimpfte sie aber gleichzeitig als »Konventikel von unreifen Studenten und sonstigen jugendlichen Phantasten und üblen Elementen«. Auch in der eigenen Bevölkerung fand die Rada kaum Rückhalt, da sie die drängende Frage nach einer Aufteilung des Großgrundbesitzes nicht lösen konnte und sich dadurch die sozialen Spannungen auf dem Land weiter verschärften. Zudem war ein eigenes ukrainisches Nationalgefühl nur schwach entwickelt. Einzig in dem vergleichsweise kleinen Bürgertum der Großstädte fand es Anklang, während die alten Eliten aus Militär und Verwaltung weiterhin meist großrussisch dachten. Auf dem Land hatte bereits in der Zarenzeit der staatliche Arm nicht bis in das Dorf gereicht. Auch jetzt befasste sich die Bauernschaft nicht mit der Frage eines unabhängigen ukrainischen Staats; ihr politischer Horizont blieb weiterhin ausschließlich auf die unmittelbare Umgebung des eigenen Dorfes fixiert. Warlords, anarchistische Bewegungen und Gewalt charakterisierten dort vielfach das alltägliche Leben.

Aufgrund der ungelösten Landaufteilung bestellten die Bauern ihre Felder nicht, da sie befürchteten, ihren Ertrag später wieder abliefern zu müssen. Dadurch konnte die Ukraine ihre Versprechen auf umfangreiche Getreidelieferungen gegenüber dem Deutschen Reich nicht erfüllen. Diese schwere Hypothek belastete das deutsch-ukrainische Verhältnis; Spannungen zwischen dem deutschen Militär und der ukrainischen Regierung waren die Folge.

Groener, in all den Monaten der eigentliche »Herrscher« der Ukraine, glaubte nun handeln zu müssen und unterstützte daher den Sturz der Rada. Ende April kam es zum Staatsstreich, der ehemalige zarische General Pavlo Skoropadskyj übernahm die Macht. Er ließ sich zum Hetman der Ukraine ausrufen und zog damit seine Legitimation aus dem Hetmanat, dem Herrschaftsgebiet der Kosaken zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert in der Ukraine. Obgleich Skoropadskyj eigentlich großrussisch dachte, betrieb er im Land eine Ukrainisierungspolitik und legte damit die Grundlagen für einen eigenständigen Staat. Er baute einen neuen Beamtenapparat auf, ließ die ukrainische Sprache in den Grundschulen einführen und forcierte eine eigene ukrainische Hochschulpolitik. Vieles blieb aber Stückwerk, die Folgen von drei Jahren Weltkrieg und mehreren Monaten Bürgerkrieg waren nicht so schnell zu beseitigen. Das Land war politisch wie sozial tief gespalten.

Kaiser Wilhelm II und Pavlo Skoropadskiy

Kaiser Wilhelm II. empfängt den Hetman der Ukraine, Pavlo Skoropadskiy

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Seine Herrschaft musste Skoropadskyj weitgehend auf die Besatzer stützen, was ihm von seinen Feinden den – überzogenen – Vorwurf einbrachte, lediglich eine Marionette der Deutschen zu sein. Im eigenen Land blieb der Rückhalt auf die Großgrundbesitzer und Teile des Bürgertums beschränkt. Auf dem Land kam es im Sommer 1918 aufgrund der nach wie vor ausbleibenden Landverteilung zu mehreren Bauernaufständen, die teils von bolschewikischen und anarchistischen Ideen geleitet waren. Die Besatzungstruppen gingen anfangs mit harten Mitteln dagegen vor, schlugen aber sehr bald einen moderaten Weg ein, um eine nachhaltige Pazifizierung des Landes zu erreichen. Spätestens Ende Juli hatten die Deutschen die staatliche Autorität wiederhergestellt. Die Situation schien sich zu verbessern, wenngleich die Macht der ukrainischen Regierung auf dem Land nur so weit wie die deutschen Bajonette reichte.

Schwarzmarkt und Gewalt

Die vereinbarten Getreidelieferungen konnte die Ukraine nach wie vor nicht erfüllen. Daran hatte auch der deutsche Feldbestellungsbefehl vom April 1918 nichts geändert, der ein massives Eingreifen in die ukrainische Staatlichkeit bedeutete. Statt der in Berestja-Litowsk versprochenen 1 Million Tonnen Getreide lieferte die Ukraine bis zum Ende der Besatzung nur gut 130 000 Tonnen an die Mittelmächte. Dem Hunger konnte damit weder in Berlin noch in Wien begegnet werden. Ein besonders vom Reichswirtschaftsamt erwarteter Handel zwischen dem Deutschen Reich und der Ukraine kam nie wirklich in Gang. Dafür blühte der Schwarzhandel auf dem Land und die österreichisch-ungarischen Besatzungstruppen versuchten mit Gewalt, Nahrungsmittel und Getreide aus der Ukraine herauszupressen.

Die schlechte wirtschaftliche Lage sorgte für weitere Spannungen zwischen den Ukrainern und den Deutschen. Der Vertreter des deutschen Reichswirtschaftsamts in Kyjiw kam daher zu dem Urteil: »Alle wirtschaftlichen Missstände werden uns mehr oder minder zur Last gelegt. Greifen wir ein, so schreit der benachteiligte Teil, mögen es Großgrundbesitzer, Unternehmer oder Arbeiter sein, über das deutsche Eingreifen. Halten wir uns fern, so ist es noch schlimmer und der Vorwurf lautet, dass die Deutschen alles absichtlich zu Grunde gehen lassen.«

Häufig ist in der wissenschaftlichen Literatur von einer »Ausplünderung« der Ukraine durch die deutschen Besatzer die Rede. Dieses Urteil ist allerdings falsch. Tatsächlich steckte das Deutsche Reich viel mehr Geld und Ressourcen in den wirtschaftlichen Aufbau des Landes, als dass es Lieferungen an Getreide und anderen Naturalien erhielt.

Wilhelm Groener in einem Lagebericht der Heeresgruppe Eichhorn, Mitte Mai 1918

Wenn es richtig ist, dass die Grundmauern eines gesunden Staatswesens eine tüchtige Armee und gute Finanzen sind, so hat der ukrainische Staat derzeit keine Grundmauern.

Angesichts der unklaren wirtschaftlichen sowie politischen Entwicklung führten die Diskussionen unter den deutschen Eliten in völlig unterschiedliche Richtungen, wie die Zukunft des jungen ukrainischen Staats und damit die deutsche Ukrainepolitik aussehen sollte. Vor allem die Vertreter des Auswärtigen Amts, des Reichswirtschaftsamts und auch der höchste Militär vor Ort, Generalfeldmarschall Hermann von Eichhorn, glaubten an die Zukunft eines unabhängigen ukrainischen Staates, der mit deutscher Hilfe wirtschaftlich und politisch prosperieren und somit ein Gegengewicht zu den Bolschewiki in Moskau bilden konnte. Andere zweifelten jedoch daran.

General Erich Ludendorff gab sich sogar kurzeitigen Hirngespinsten einer deutschen Besiedlung auf der Krym hin und sah sich damit in der Tradition der Krimgoten, die dort zwischen dem 3. und 6. Jahrhundert gelebt hatten. Allerdings blieben derlei utopische Pläne einzig in den Köpfen und hatten keinerlei Auswirkungen auf die reale Ukrainepolitik.

»Ukrainisierung«

Erst ab der zweiten Oktoberhälfte 1918 rang sich das Deutsche Reich zu einer grundlegend neuen Ukrainepolitik durch. »Ukrainisierung« war nun das neue Schlagwort. Der Regierungswechsel im Reich und die drohende militärische Niederlage an der Westfront forcierten diesen Schritt; Österreich-Ungarn war zu diesem Zeitpunkt zu einer eigenständigen Ukrainepolitik gar nicht mehr fähig. Lange hatten die Mittelmächte den Aufbau einer ukrainischen Armee argwöhnisch beobachtet. Nun sollten mit allen Mitteln sechzehn Infanterie- und vier Kavalleriedivisionen mit deutscher Hilfe aus dem Boden gestampft werden. Die Ukraine sollte ein eigenständiges Bollwerk gegen das befürchtete Vordringen der Bolschewiki nach Mitteleuropa bilden.

Allein, es war zu spät. Zwischen Ende Oktober 1918 und Januar 1919 zogen die deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen ab. Schnell zeigte sich, dass die Herrschaft des Hetman auf tönernen Füßen gebaut war. Skoropadskyj musste ins deutsche Exil fliehen und verstarb dort 1945. Die Ukraine blieb zwar vorerst ein unabhängiger Staat, in dem aber fortan ein blutiger Bürgerkrieg tobte, der Teil des sogenannten Russischen Bürgerkriegs war. Als Hauptkontrahenten bekämpften sich Nationalisten unter Symon Petljura (Ukrainische Volksrepublik) und Bolschewiki (Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik). Am Ende stand der Sieg der Bolschewiki und die Integration der Ukraine in die neu gegründete Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken am 30. Dezember 1922. (siehe Beitrag Streben nach Selbstbestimmung)

Übergabe ukrainische Division

Besetzung der Ukraine durch deutsche Truppen: Am Ende des Krieges werden Truppen der neu gegründeten und von den Mittelmächten anerkannten ukrainischen Volksrepublik ausgebildet

Scherl/Süddeutsche Zeitung Photo

Scheitern der deutschen Ukrainepolitik

Zweifellos, die deutsche Ukrainepolitik von 1918 war gescheitert. Die Rahmenbedingungen nach über drei Jahren Weltkrieg sowie die verworrenen politischen und sozialen Verhältnisse in der Ukraine ließen es nicht zu, mitten im Krieg einen stabilen unabhängigen Staat aufzubauen, der – in welcher Form auch immer – angelehnt an das Deutsche Reich existieren sollte. Es war klar, dass die Bolschewiki in Moskau diesen ukrainischen Staat niemals akzeptieren würden. Weder auf ukrainischer noch auf deutscher Seite erfüllten sich daher die politischen und wirtschaftlichen Hoffnungen. Symbolisch steht dafür die gescheiterte Lieferung von einer Million Tonnen Getreide, die von der ukrainischen Delegation in Berestja-Litowsk den Mittelmächten versprochen worden war. Einzig auf dem Feld der inneren Sicherheit brachte die deutsche Besatzung einen Erfolg. Für mehrere Monate war der Ukraine eine Verschnaufpause vergönnt, bevor das Land vollends in einen chaotischen Bürgerkrieg versank.

Das Scheitern der Ukrainepolitik im Ersten Weltkrieg sollte gut zwanzig Jahre später furchtbare Konsequenzen haben. Hitler und die Nationalsozialisten zogen ihre eigenen Lehren daraus, denn die Politik einer indirekten Herrschaft durfte sich keinesfalls wiederholen. Stattdessen war diesmal das Ziel eine brutale Unterdrückungsherrschaft, verbunden mit dem Völkermord an der jüdischen Bevölkerung. (siehe Beitrag Verheerter Kampfraum)

Literaturtipps

Winfried Baumgart, Deutsche Ostpolitik 1918. Von Brest-Litowsk bis zum Ende des Ersten Weltkrieges, Wien, München 1966.
Frank Golczewski, Deutsche und Ukrainer 1914–1939, Paderborn 2010.
Wolfram Dornik, Georgiy Kasianov, Peter Lieb u.a., Die Ukraine zwischen Selbstbestimmung und Fremdherrschaft 1917–1922, Graz 2011.


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DOI: https://doi.org/10.48727/opus4-593


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