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Hybride Kriegführung - Erklärstück

Hybride Kriegführung - Erklärstück

Datum:
Lesedauer:
3 MIN

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Hybride Kriegführung ist eine spezifische Form der Kriegführung, die das Gefechtsfeld horizontal entgrenzt und eine Entscheidung primär auf nicht-militärischen Handlungsfeldern anstrebt, die insbesondere in den Grauzonen von Schnittstellen operiert und damit strategische Ambiguität erzeugt und die den Gegner durch unorthodoxe Mittel- und Methodenkombinationen herausfordert.

graphische Darstellung der verschiedenen Kriegführung

Vergleich: Militärisch-zentrierte Kriegführung (links) und hybride Kriegführung (rechts)

Bundeswehr/J. Schmid

Militärisch-zentrierte Kriegführung (linke Grafik) – als gedankliches Gegenstück zu hybrider Kriegführung – strebt primär nach einer Entscheidung mit militärischen Mitteln und Methoden auf einem militärischen Gefechtsfeld. Andere Domänen werden in den Dienst einer militärischen Entscheidung gestellt, von der wiederum der politische Gesamterfolg erwartet wird. Im Gegensatz dazu kombiniert und integriert hybride Kriegführung (rechte Grafik) unterschiedliche Domänen und Dimensionen als eigenständige Gefechtsfelder auf dynamische und flexible Art und Weise. Eine Entscheidung wird primär auf nicht-militärischen Gravitationsfeldern angestrebt. Die Streitkräfte können so zum unterstützenden Element einer Gesamtentscheidung auf nicht-militärischen Handlungsfeldern werden. Im Gegensatz zur hierarchischen Struktur militärisch-zentrierter Kriegführung weisen die inneren Zusammenhänge im Rahmen hybrider Kriegführung eine flexible nicht-hierarchische Struktur mit wechselnden und multiplen Gravitationszentren der Entscheidung auf. 

Unendliche Kombinationsmöglichkeiten

Hybride Kriegführung ist so alt wie die Geschichte von Krieg und Konflikt. Ihre empirischen Erscheinungsformen sind jedoch immer wieder neu und in besonderem Maße kreativ gestaltbar: Die horizontale Entgrenzung des Gefechtsfeldes, die Nutzung und Verbindung unterschiedlicher Domänen und Dimensionen zum Zweck des Krieges, das Operieren in den Grauzonen diverser Schnittstellen wie auch die unorthodoxe Kombination unterschiedlichster Mittel, Methoden, Taktiken und Strategien eröffnen nahezu unendliche Kombinationsmöglichkeiten. Hybride Kriegführung als spezifische Form der Kriegführung läßt sich anhand von drei zentralen Charaktermerkmalen und deren Interaktion beschreiben. Diese beziehen sich auf den Entscheidungsraum, die Operationsführung und den Mittel-/Methodeneinsatz. Je nach Ausprägung dieser Merkmale lassen sich darauf basierend Art und Grad der Hybridität einer Auseinandersetzung bestimmen.

Entscheidungsraum

Hybride Kriegführung erweitert und entgrenzt das Gefechtsfeld horizontal durch die Kombination unterschiedlicher Domänen und Dimensionen als eigenständige Handlungs-/Gefechtsfelder. Dies schließt Domänen wie Politik, Diplomatie, Information, Wirtschaft, Finanzen, Infrastruktur, Technologie, Militär, Gesellschaft und Kultur ein. Auch weiche Dimensionen wie Legitimität und Moral kommen hierbei zum Tragen. Wichtig ist, dass die Gesamtentscheidung im Rahmen hybrider Kriegführung primär auf nicht-militärischen Gravitationsfeldern – d.h. Schwerpunkten des zielgerichteten und entscheidungssuchenden Handelns – angestrebt wird.  Die Verbindung wird durch Domänen-übergreifendes und multidimensionales Agieren hergestellt. In dieser Hinsicht ließe sich auch von multidimensionaler oder von Mosaikkriegführung sprechen. Hybride Kriegführung ist damit weit mehr als der rein militärische Kampf. Streitkräfte können hierbei zum unterstützenden Element einer Gesamtentscheidung auf nicht-militärischen Domänen werden.

Operationsführung

Hybride Kriegführung kennzeichnet sich durch das Operieren in Grauzonen von Schnittstellen. Diese bilden sich insbesondere in den schwer zu fassenden Bereichen zwischen Krieg und Frieden, Freund und Feind, innerer und äußerer Sicherheit, zivilen und militärischen Verantwortungsbereichen, Wahrheit und Lüge, legalen und illegalen Methoden des Vorgehens sowie staatlichen und nicht-staatlichen Akteurskategorien. Durch das Operieren an Schnittstellen löst hybride Kriegführung gezielt traditionelle Ordnungskategorien und Verantwortungsbereiche auf und schafft so bewusst Ambiguität und Unsicherheit. Attribuierung von Handeln wird erschwert und plausible Abstreitbarkeit eigenen Handelns zur gelebten Norm. Lagefeststellung und Entscheidungsfindung des Gegners sollen dadurch paralysiert und seine Reaktionsmöglichkeiten begrenzt oder gelähmt werden. Vor diesem Hintergrund könnte hybride Kriegführung auch als Schattenkriegführung oder Grauzonenkriegführung bezeichnet werden.

Mittel-/Methodeneinsatz

Hybride Kriegführung kombiniert unterschiedlichste, u.a. zivile und militärische, reguläre und irreguläre, symmetrische und asymmetrische sowie offene und verdeckte Mittel, Methoden, Taktiken und Strategien auf kreative wie unorthodoxe Art und Weise. Hybride Kriegführung verbindet so Elemente, die ansonsten eher getrennt voneinander zu sehen sind. Dabei entstehen immer wieder neue hybride Mischformen, bei denen Vorgehensweisen und Konzepte, auch hierarchie- und ebenenübergreifend, unorthodox miteinander verbunden werden. Mittel und Methoden der Diplomatie, der Desinformation, der Propaganda, des Wirtschaftskrieges, der militärischen Konfrontation oder auch des gesellschaftlichen Kulturkampfes können dabei miteinander orchestriert werden. Vor diesem Hintergrund ließe sich hybride Kriegführung auch als Multivektorkriegführung bezeichnen. Im militärischen Bereich kann dies z.B. die Kombination von konventioneller Kriegführung, nuklearer Drohung und asymmetrischem Guerillakampf bedeuten.

Begrifflichkeit

Nicht jede Auseinandersetzung hybrider Art erreicht die Eskalationsstufe zum Krieg. Dieser gehen im Rahmen hybrider Kriegführung oftmals lange Vorbereitungsphasen unterhalb der Schwelle kriegerischer Gewaltanwendung voraus oder folgen auf eine solche. In diesen Fällen bietet es sich an, je nach Ausprägung, von hybriden Bedrohungen, Konfliktlagen oder Kampagnen zu sprechen. Der konzeptionelle Ansatz bleibt identisch. Hybride Kriegführung bietet sich als inklusive, alle - horizontalen wie vertikalen - Eskalationsstufen einschließende übergeordnete Gesamtkonzeption an.

Text und Karte zum Herunterladen: 

DOI: https://doi.org/10.48727/opus4-604

von Johann Schmid

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