Übungen westlicher Partner im Kalten Krieg
Übungen westlicher Partner im Kalten Krieg
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Die NATO setzte bis 1990 gegenüber dem Warschauer Pakt auf die Strategie der Abschreckung. Eine wesentliche Voraussetzung einer glaubhaften Abschreckung war die Aufrechterhaltung der Gefechtsbereitschaft der Truppen durch regelmäßigen Übungs- und Manöverbetrieb.
Neben der Bundeswehr betraf dies in der Bundesrepublik auch die auf deren Territorium stationierten Streitkräfte der NATO-Partner. Die USAUnited States of America, Großbritannien, Frankreich, Belgien, die Niederlande und Kanada unterhielten in der Bundesrepublik militärische Verbände. Deren Rechtsstellung war im NATO-Truppenstatut sowie in einem zwischen der Bundesrepublik und den genannten Partnerländern geschlossenen, 1963 in Kraft getretenen Zusatzabkommen zum Truppenstatut geregelt.
Umfassendes Bekenntnis der Partner zur Bündnisverpflichtung
Der sicherheitspolitische Nutzen, den die Bundesrepublik als Frontstaat im Kalten Krieg aus der Bereitschaft ihrer Verbündeten zur Stationierung von Truppen auf ihrem Territorium zog, lag auf der Hand. Schon der Umfang der alliierten Stationierung – allein das Kontingent der USUnited States-Armee umfasste über 200.000 Mann – unterstrich deutlich, dass die NATO einen Angriff auf die Bundesrepublik als Bündnisfall betrachten würde.
Nicht anders als der der Bundeswehr war jedoch der Übungs- und Manöverbetrieb der verbündeten Streitkräfte stetiger Kritik ausgesetzt, da seine konsequente Durchführung unvermeidlich Einschränkungen für die Bevölkerung und mitunter auch fahrlässig verursachte Sachschäden mit sich brachte.
Übungs- und Manöverbetrieb verbündeter Streitkräfte
Häufiger Gegenstand entsprechender Klagen war in den 1980er Jahren die Übungstätigkeit der britischen Rheinarmee, die rund 50.000 Mann umfasste. So bat etwa die Bayerische Staatskanzlei im April 1984 darum, die für Mai/Juni geplante Übung „Sheppard’s Pie 84“ abzusagen. Man argumentierte, das Übungsgebiet sei erst kürzlich durch ein Manöver der niederländischen Streitkräfte beansprucht worden, und Überbeanspruchung wirke sich besonders in dieser Jahreszeit für die Landwirtschaft sehr ungünstig aus. Tatsächlich zeigten sich die Briten daraufhin bereit, die Übung zu verschieben.
Solches Entgegenkommen war nicht die Regel. Der Gemeinderat der westfälischen 12.000-Einwohner-Gemeinde Hövelhof monierte im August 1985 die geplante Vollsperrung eines zehn Kilometer langen Autobahnteilstücks, auf dem Start- und Landeübungen britischer Harrier-Flugzeuge stattfinden sollten. Mit dem Argument, es gebe abseits der Autobahn andere für diesen Zweck geeignete Flächen, da die Harrier als Senkrechtstarter keine Start- und Landebahn benötige, drang man nicht durch. Die Rheinarmee bestand darauf, dass die Nutzung der Autobahn erforderlich sei.
Kommunale Stellen oder Privatpersonen, die im Zusammenhang mit Manövern Beschwerde führen wollten, wandten sich in der Regel ans BMVgBundesministerium der Verteidigung, das dann seinerseits Kontakt zu den verbündeten Streitkräften aufnahm. Im vorliegenden Dokument von 1986 wandte sich BMVgBundesministerium der Verteidigung an die Joint Services Liason Organisation (JSLO) in Bonn, die Ansprechstelle der Rheinarmee für deutsche Behörden.
Gegenstand der Anfrage war die Ausweitung der britischen Übungshandlungen auf Baden-Württemberg, ein Bundesland, in dem die von Schleswig-Holstein bis Nordrhein-Westfalen dislozierte Rheinarmee sich bis dato nicht betätigt hatte. Die britische Reaktion war wenig entgegenkommend. Man verwies darauf, dass insbesondere Aufklärungs- und Luftabwehreinheiten der Möglichkeit bedürften, ihre Fähigkeiten in unbekanntem Gelände zu erproben.
Deutsch-Britische Kommission
Da das Beschwerdeaufkommen über die britischen Streitkräfte offenbar verhältnismäßig hoch war, beabsichtigte BMVgBundesministerium der Verteidigung die Einsetzung einer deutsch-britischen Kommission, wie aus einem hausinternen Dokument vom April 1986 hervorgeht. In ihr sollten „Lösungsmöglichkeiten…in einem Fachausschuss für Manöverfragen mit den zuständigen Vertretern der BAOR [British Army of the Rhine] erörtert werden“.
Die Beratungen derartiger Kommissionen gestalten sich in der Regel langwierig. Die Arbeit dieser Kommission wurde von der Weltgeschichte überholt. Infolge der Zeitenwende 1989/90 ergaben sich eine deutliche Reduzierung der in Deutschland stationierten verbündeten Streitkräfte und ein drastischer Rückgang der Übungs- und Manövertätigkeit.
Text und Dokumente zum Herunterladen:
DOI: https://doi.org/10.48727/opus4-770
URN: https://nbn-resolving.org/html/urn:nbn:de:kobv:po79-opus4-7704
Historisches Dokument - Originale aus dem Archiv
Die abgebildeten historischen Dokumente sind Kopien von Originalen aus dem Bundesarchiv-Militärarchiv.