Historisches Dokument

Vorneverteidigung 1981: Ressourcen und Kriegsbild

Vorneverteidigung 1981: Ressourcen und Kriegsbild

Datum:
Ort:
Potsdam
Lesedauer:
2 MIN

Bei manchen Mobilgeräten und Browsern funktioniert die Sprachausgabe nicht korrekt, sodass wir Ihnen diese Funktion leider nicht anbieten können.

Die Vorneverteidigung wurde bereits in der Himmeroder Denkschrift von 1950 als Grundsatz der bundesdeutschen Streitkräfteplanung festgeschrieben. Der Begriff beschreibt die Absicht, im Fall eines Angriffs durch den Warschauer Pakt die Verteidigung so weit wie möglich im Osten der Bundesrepublik aufzunehmen.

Dokument als Teaser
Bundeswehr/Andrea Nimpsch

„Deutsches Gebiet wird nicht kampflos preisgegeben“

Das Weißbuch von 1979 definierte Vorneverteidigung als „grenznahe, zusammenhängende Verteidigung mit dem Ziel, möglichst wenig Gebiet zu verlieren und Schäden möglichst zu begrenzen“. 

Das vorliegende Schreiben dokumentiert die internen Überlegungen, die in den frühen 1980er Jahren im Führungsstab des Heeres zur weiteren Ausgestaltung der Vorneverteidigung angestellt wurden. 

Dokument mit Stempeln und Notizen

Vorneverteidigung mit Freigabestempel

Bundesarchiv, Abteilung Militärarchiv

Eine wesentliche Krux bestand darin, dass der in den ursprünglichen Planungen vorgesehene Kräfteansatz für die Führung der Vorneverteidigung nie erreicht wurde. In den 1950er Jahren hatte die NATO dafür in West- und Mitteleuropa 53 Divisionen veranschlagt. Tatsächlich waren in dieser Region Mitte der 1980er Jahre lediglich 23 Divisionen disloziert. 

Modernere Waffensysteme = elastische Vorneverteidigung?

Das vorliegende Schreiben des Führungsstabes des Heeres spricht daher zutreffend von abnehmenden Ressourcen. Zudem ging man davon aus, dass sich Beeinträchtigungen der Zivilbevölkerung im Verteidigungsfall durch die gesteigerte Präzision der Waffenwirkung leichter als in früheren Jahrzehnten minimieren ließen. Beides begünstigte die Überlegung, die Verteidigung nicht durchgehend in großer Nähe zur innerdeutschen bzw. zur tschechoslowakischen Grenze aufzunehmen. 

In den folgenden Jahren schienen weitere Untersuchungen diese Überlegung zu stützen. So hob etwa das Amt für Studien und Übungen der Bundeswehr in einer Untersuchung von 1985 ebenfalls den Aspekt der moderneren Waffensysteme sowie die Beweglichkeit der Verteidigung hervor. 

Möglichst große Grenznähe schien nicht mehr zwingend erforderlich, wenn, wie das Amt schrieb, die Verteidigung „von Landstreitkräften mit Kampfhubschraubern, moderner Artillerie und Sperren…nach kurzer Vorbereitung aktiv, hochbeweglich, wirksamer als mit mechanisierten Kampftruppen und ohne direkte Unterstützung durch Luftstreitkräfte so geführt werden [kann], daß starke Teile des Angreifers frühzeitig zerschlagen [werden]“. 

Raumtiefe bleibt entscheidend

Bestimmend blieb diesen Aspekten zum Trotz die Berücksichtigung der mangelnden Tiefe des Raumes in der Bundesrepublik. Auf der Kommandeurtagung des Heeres 1987 betonte der Inspekteur des Heeres, General von Sandrart: „Das elastische Zurückweichen starker, grenznah eingesetzter Kräfte ist in der Bundesrepublik nicht möglich, weil dadurch etwa 30% der Bevölkerung und 30% des Industriepotentials aufgegeben würden“. 

Wenig später machte das unverhoffte Ende der Blockkonfrontation alle Erwägungen über Vorneverteidigung obsolet.

Text und Dokument zum herunterladen: 

DOI: https://doi.org/10.48727/opus4-737

von Dr. Christoph Kuhl

Bei manchen Mobilgeräten und Browsern funktioniert die Sprachausgabe nicht korrekt, sodass wir Ihnen diese Funktion leider nicht anbieten können.

Historisches Dokument - Originale aus dem Archiv

Die abgebildeten historischen Dokumente sind Kopien von Originalen aus dem Bundesarchiv-Militärarchiv.