Der Fall Gelb
Der Fall Gelb
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Nachdem Frankreich gemeinsam mit Großbritannien am 3. September 1939 wegen Hitlers Überfall auf Polen Deutschland den Krieg erklärt hatte, tat sich im Westen zunächst militärisch nicht viel. Die Westmächte nutzten ihre materielle und personelle Überlegenheit nicht für eine Offensive gegen Deutschland, sondern verharrten in ihren Stellungsräumen und Festungen im so genannten Sitzkrieg.
Erst rund acht Monate später wich die angespannte Ruhe einer Offensive der Wehrmacht, die am 10. Mai 1940 unter dem Decknamen „Fall Gelb“ begann. Sie entfaltete sich sehr dynamisch, wobei der Panzerwaffe eine entscheidende Rolle zukam.
Kampfpanzer bringen die Entscheidung
Panzer hatte die Wehrmacht bislang nur zur taktischen Unterstützung auf Divisionsebene genutzt. Jetzt wurden sie erstmals zu Panzerkorps zusammengefasst und als eigenständiger Faktor auf operativer Ebene eingesetzt. Es gelang, durch das dicht bewaldete Mittelgebirge der Ardennen durchzubrechen und mit großer Geschwindigkeit nach Norden zum Ärmelkanal vorzustoßen. Die nach Belgien eingerückten französischen und britischen Truppen waren damit abgeschnitten und eingekesselt, der Feldzug für die Westmächte verloren. Das französische Oberkommando hatte eine solche Entwicklung für unmöglich gehalten. Seine am Szenario vom August 1914 orientierte Operationsplanung wurde schlagartig wertlos.
Die hier gezeigte historische Quelle ist ein Auszug aus dem Erfahrungsbericht, den die 7. Panzerdivision nach Ende des Feldzugs erstellte. Sie stand unter dem Kommando des später zum Generalfeldmarschall aufgestiegenen Generalmajors Erwin Rommel. Er führte dabei in jeder Hinsicht „von vorn“ und als militärisches Vorbild, was im Erfahrungsbericht positiv hervorgehoben wird.
Rommel enteilt Freund und Feind
Zeitweilig wurde damals das hohe Tempo des Vormarschs der 7. Panzerdivision zum Problem – nicht nur für den Gegner. Anders als der Name suggeriert, umfasste eine Panzerdivision auch nichtmotorisierte Verbände, insbesondere zwei Infanterieregimenter. Mehr als einmal riss die Verbindung der vorpreschenden Panzerverbände sowohl zu den nichtmotorisierten Einheiten der eigenen Division als auch zur übergeordneten Führung ab. Im Bericht heißt es dazu, die Verbindung sei „nur an wenigen Tagen […] zeitweise unterbrochen gewesen“. Ein besser aufgestellter Gegner hätte aus diesem Umstand leicht Nutzen ziehen können. Nur die Tatsache, dass die französische Armee infolge dieser Überraschung im großen Maßstab weitgehend handlungsunfähig war, verhinderte, dass aus dieser Entwicklung Rückschläge für die deutsche Seite entstanden.
Somit glich der Überraschungseffekt die verschiedenen Schwierigkeiten des deutschen Vormarsches mehr als aus. Insofern bietet der „Fall Gelb“ bis heute Anschauungsmaterial für das Potential des Führens mit Auftrag. Truppenführer wie Rommel warteten keine detaillierte Befehlsgebung von oben ab, sondern handelten vor Ort im Sinne des Auftrags und der Absicht der übergeordneten Führung und konnten dabei die beim Gegner erkannten Schwächen unmittelbar ausnutzen.
Um dies zu erreichen, mussten alle Einheiten und Verbände ganz bestimmte Informationen erhalten: „Besonders bewährt hat sich die Unterrichtung aller Führer über Lage, Auftrag und Absichten auf lange Sicht“, heißt es in der Quelle. Diese Erkenntnis dürfte über politische Systembrüche und technische Neuerungen hinweg immer noch von Wert sein. Dass Rommel nicht nur ein herausragender militärischer Führer war, sondern schließlich auch seine Sicht auf den Nationalsozialismus und Hitler hinterfragte, zeigte sich später. Nach dem Staatsstreichversuch vom 20. Juli 1944 geriet Rommel in den Fokus der Ermittlungen und wurde schließlich zum Selbstmord genötigt, auch um seine Familie vor Verfolgung und Sippenhaft bewahren zu können.
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Historisches Dokument - Originale aus dem Archiv
Die abgebildeten historischen Dokumente sind Kopien von Originalen aus dem Bundesarchiv-Militärarchiv.