
Fragestellungen und Hintergrund
Kombination quantitativer und qualitativer Ansätze
Das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr) untersuchte erstmals in einer umfassenden Studie die politischen Einstellungen von Soldatinnen und Soldaten sowie zivilen Bundeswehrangehörigen. Die Studienergebnisse des Projekts „Armee in der Demokratie. Ausmaß, Ursachen und Wirkungen von politischem Extremismus in der Bundeswehr“ liegen nun vor.
Die Studie „Armee in der Demokratie“ (AID) wurde im Auftrag des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVgBundesministerium der Verteidigung) als Teil des Maßnahmenkatalogs (Nr. 52) der Arbeitsgruppe Kommando Spezialkräfte (KSKKommando Spezialkräfte) durchgeführt. Drei zentrale Fragestellungen werden beantwortet: Wie hoch ist das Ausmaß und was sind die Ursachen extremistischer Einstellungen unter den Angehörigen der Bundeswehr? Wie wird mit politischem Extremismus in der Bundeswehr umgegangen? Wie ist das Verhältnis der Angehörigen der Bundeswehr zu Politik und Gesellschaft und welche Bedeutung hat Politik für das soldatische Selbstverständnis?
Politische Einstellungen in der Bundeswehr sind bislang nur ansatzweise empirisch erforscht. Zur Beantwortung der zentralen Forschungsfragen hat das ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr drei Studienmodule eingesetzt:
Kombination quantitativer und qualitativer Ansätze
In der bundeswehrinternen Befragung und der Bevölkerungsbefragung wurden rechtsextremistische Einstellungen untersucht. Das Forschungsteam stützte sich dabei auf die Leipziger Extremismus- bzw. Autoritarismus-Studien und die Mitte-Studien der Friedrich-Ebert-Stiftung mit Fragen aus den Unterdimensionen: Rechtsgerichtete Diktatur, Chauvinismus, NSNationalsozialismus-Verharmlosung, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Sozialdarwinismus. Zudem erhoben die Fragebögen Haltungen zu Politikzielen der Neuen Rechten, zu Verschwörungstheorien und zu Thesen der Reichsbürger, zu religiösem Fundamentalismus und zu Linksextremismus. Die Auswertungen im Forschungsbericht konzentrieren sich auf das Politikverständnis und rechtsextremistische Einstellungen unter Soldatinnen und Soldaten. Die Haltungen der zivilen Beschäftigten der Bundeswehr und der Bevölkerung werden zum Vergleich betrachtet.
Die Bundeswehr schaut genau darauf, wer in die Streitkräfte will, muss aber weiter sehr aufmerksam sein.
Eine große absolute Mehrheit der Soldatinnen und Soldaten und der zivilen Beschäftigten der Bundeswehr wird den Anforderungen an eine Armee (in) der Demokratie vollkommen gerecht. Weniger als ein Prozent der Angehörigen der Bundeswehr weisen konsistent rechtsextremistische Haltungen auf. Der Anteil von Personen mit konsistent rechtsextremen Einstellungen ist in der Bevölkerung mit über 5 Prozent deutlich höher. Auch wenn man eine erhöhte Tendenz zu sozial erwünschten Antworten bei Bundeswehrangehörigen unterstellt, ist davon auszugehen, dass rechtsextreme Haltungen in der Gesamtbevölkerung deutlich verbreiteter sind als in der Bundeswehr. Bei einem kleineren Teil der Soldatinnen und Soldaten sind allerdings chauvinistische (6,4 Prozent) und fremdenfeindliche (3,5 Prozent) Haltungen zu finden. Zudem zeigt die Studie „Armee in der Demokratie“, dass Personen mit rechtsextremistischen Einstellungen ein erhöhtes Interesse an einer Tätigkeit in der Bundeswehr zeigen.
Ausmaß, Erklärungsfaktoren und Bewertung
Zwei Interviews mit Dr. Heiko Biehl, PDPrivatdozent Dr. Nina Leonhard und Dr. Markus Steinbrecher, dem Forschungsteam hinter der Studie, bieten weiterführende Informationen zu „Armee in der Demokratie“. Im ersten Interview geht es um die zentralen Ergebnisse zu den politischen Haltungen von Bundeswehrangehörigen, wie extremistische Einstellungen zu erklären sind und wie in der Bundeswehr mit Politik und politischem Extremismus umgegangen wird. Die methodischen Herausforderungen der Studie stehen im zweiten Interview im Vordergrund. Dabei werden Themen wie sozial erwünschtes Antwortverhalten, Teilnahmeverweigerung, Rücklaufquoten und Nichtbeantwortung von Fragen diskutiert und wie man diese Themen vor dem Hintergrund eines anspruchsvollen Studiendesigns in den Griff bekommt.
Auf dieser Seite finden Sie zahlreiche weiterführende Informationen zur Studie „Armee in der Demokratie“. Dazu gehören der Forschungsbericht, der die Ergebnisse der Untersuchung umfassend präsentiert und diskutiert, sowie die Kurzzusammenfassung zur Studie mit den wesentlichen Ergebnissen (in deutscher und englischer Sprache). Außerdem stehen zur Verfügung: die Fragebögen der bundeswehrinternen Befragung und der Bevölkerungsbefragung, der Leitfaden für die Gruppendiskussionen, der Methodenbericht zur Bevölkerungsbefragung und weitere Materialien und Dokumente zum Projekt.
Die AID-Studie liefert Hinweise für den Umgang mit (rechts-)extremistischen Einstellungen in der Bundeswehr, denn politischer Extremismus ist mit dem normativen Gerüst der Bundeswehr unvereinbar. Die innere Verfasstheit der Bundeswehr soll der freiheitlich demokratischen Staats- und Gesellschaftsordnung Deutschlands entsprechen. Von Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr verlangt das Soldatengesetz ein aktives Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung. Zur Abwehr extremistischer Tendenzen ist es daher wesentlich, dass Personen mit einer Affinität zu rechtsextremistischen Einstellungen von vorneherein nicht in die Bundeswehr gelangen. Die Studienergebnisse zeigen aber auch, dass Präventionsmaßnahmen, wie die Soldateneinstellungsüberprüfung oder die historische und politische Bildung, gegen Rechtsextremismus wirkungsvoll und erfolgreich sind.
Wissenschaftlicher Direktor Dr. Markus Steinbrecher
Leitender Wissenschaftlicher Direktor Dr. Heiko Biehl
Wissenschaftliche Direktorin PD Dr. Nina Leonhard
Presseanfragen: Major Michael Gutzeit