Studie „Armee in der Demokratie“
Das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr) untersuchte erstmals in einer umfassenden Studie die politischen Einstellungen von Soldatinnen und Soldaten sowie zivilen Bundeswehrangehörigen. Die Studienergebnisse des Projekts „Armee in der Demokratie. Ausmaß, Ursachen und Wirkungen von politischem Extremismus in der Bundeswehr“ liegen nun vor.

Die Studie „Armee in der Demokratie“ (AID) wurde im Auftrag des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVgBundesministerium der Verteidigung) als Teil des Maßnahmenkatalogs (Nr. 52) der Arbeitsgruppe Kommando Spezialkräfte (KSKKommando Spezialkräfte) durchgeführt. Drei zentrale Fragestellungen werden beantwortet: Wie hoch ist das Ausmaß und was sind die Ursachen extremistischer Einstellungen unter den Angehörigen der Bundeswehr? Wie wird mit politischem Extremismus in der Bundeswehr umgegangen? Wie ist das Verhältnis der Angehörigen der Bundeswehr zu Politik und Gesellschaft und welche Bedeutung hat Politik für das soldatische Selbstverständnis?
Wissenschaftliche Methode
Politische Einstellungen in der Bundeswehr sind bislang nur ansatzweise empirisch erforscht. Zur Beantwortung der zentralen Forschungsfragen hat das ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr drei Studienmodule eingesetzt:
- Schriftliche Befragung von zivilen und militärischen Angehörigen der Bundeswehr (Papier und Online) im November und Dezember 2022. Daran haben über 4.300 zivile und militärische Angehörige der Bundeswehr teilgenommen. Die Daten sind für alle Soldatinnen und Soldaten und Zivilbeschäftigten der Bundeswehr repräsentativ, aussagekräftig und belastbar.
- Eine repräsentative computergestützte persönliche Bevölkerungsbefragung im Jahr 2022 zu Vergleichszwecken. Das Markt- und Meinungsforschungsinstitut IPSOS befragte über 4.600 Personen. Die Erhebungsinstrumente in den Fragebögen der bundeswehrinternen Befragung und der Bevölkerungsbefragung waren soweit wie möglich identisch.
- Gruppendiskussionen mit Soldatinnen und Soldaten von 2021 bis 2022. Das ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr führte insgesamt 18 Gruppendiskussionen mit jeweils drei bis acht Soldatinnen und Soldaten an acht Standorten der Bundeswehr durch. Die Diskussionsrunden wurden nach dem Ansatz der dokumentarischen Methode ausgewertet.
Inhaltlicher Schwerpunkt
In der bundeswehrinternen Befragung und der Bevölkerungsbefragung wurden rechtsextremistische Einstellungen untersucht. Das Forschungsteam stützte sich dabei auf die Leipziger Extremismus- bzw. Autoritarismus-Studien und die Mitte-Studien der Friedrich-Ebert-Stiftung mit Fragen aus den Unterdimensionen: Rechtsgerichtete Diktatur, Chauvinismus, NSNationalsozialismus-Verharmlosung, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Sozialdarwinismus. Zudem erhoben die Fragebögen Haltungen zu Politikzielen der Neuen Rechten, zu Verschwörungstheorien und zu Thesen der Reichsbürger, zu religiösem Fundamentalismus und zu Linksextremismus. Die Auswertungen im Forschungsbericht konzentrieren sich auf das Politikverständnis und rechtsextremistische Einstellungen unter Soldatinnen und Soldaten. Die Haltungen der zivilen Beschäftigten der Bundeswehr und der Bevölkerung werden zum Vergleich betrachtet.
Die Bundeswehr schaut genau darauf, wer in die Streitkräfte will, muss aber weiter sehr aufmerksam sein.
Anforderung und Haltung
Eine große absolute Mehrheit der Soldatinnen und Soldaten und der zivilen Beschäftigten der Bundeswehr wird den Anforderungen an eine Armee (in) der Demokratie vollkommen gerecht. Weniger als ein Prozent der Angehörigen der Bundeswehr weisen konsistent rechtsextremistische Haltungen auf. Der Anteil von Personen mit konsistent rechtsextremen Einstellungen ist in der Bevölkerung mit über 5 Prozent deutlich höher. Auch wenn man eine erhöhte Tendenz zu sozial erwünschten Antworten bei Bundeswehrangehörigen unterstellt, ist davon auszugehen, dass rechtsextreme Haltungen in der Gesamtbevölkerung deutlich verbreiteter sind als in der Bundeswehr. Bei einem kleineren Teil der Soldatinnen und Soldaten sind allerdings chauvinistische (6,4 Prozent) und fremdenfeindliche (3,5 Prozent) Haltungen zu finden. Zudem zeigt die Studie „Armee in der Demokratie“, dass Personen mit rechtsextremistischen Einstellungen ein erhöhtes Interesse an einer Tätigkeit in der Bundeswehr zeigen.
Zwei Interviews mit Dr. Heiko Biehl, PDPrivatdozent Dr. Nina Leonhard und Dr. Markus Steinbrecher, dem Forschungsteam hinter der Studie, bieten weiterführende Informationen zu „Armee in der Demokratie“. Im ersten Interview geht es um die zentralen Ergebnisse zu den politischen Haltungen von Bundeswehrangehörigen, wie extremistische Einstellungen zu erklären sind und wie in der Bundeswehr mit Politik und politischem Extremismus umgegangen wird. Die methodischen Herausforderungen der Studie stehen im zweiten Interview im Vordergrund. Dabei werden Themen wie sozial erwünschtes Antwortverhalten, Teilnahmeverweigerung, Rücklaufquoten und Nichtbeantwortung von Fragen diskutiert und wie man diese Themen vor dem Hintergrund eines anspruchsvollen Studiendesigns in den Griff bekommt.
Studienergebnisse zum Download
Auf dieser Seite finden Sie zahlreiche weiterführende Informationen zur Studie „Armee in der Demokratie“. Dazu gehören der Forschungsbericht, der die Ergebnisse der Untersuchung umfassend präsentiert und diskutiert, sowie die Kurzzusammenfassung zur Studie mit den wesentlichen Ergebnissen (in deutscher und englischer Sprache). Außerdem stehen zur Verfügung: die Fragebögen der bundeswehrinternen Befragung und der Bevölkerungsbefragung, der Leitfaden für die Gruppendiskussionen, der Methodenbericht zur Bevölkerungsbefragung und weitere Materialien und Dokumente zum Projekt.
- Zusammenfassung Ergebnisse (DE) (PDF, barrierefrei, 213 KB)
- Summary (ENEuropäische Norm) (PDF, barrierefrei, 214 KB)
- Modul 1 Anschreiben mit Merkblatt (PDF, barrierefrei, 130 KB)
- Modul 1 Fragebogen (militärische Bundeswehrangehörige) (PDF, nicht barrierefrei, 565 KB)
- Modul 1 Fragebogen (zivile Bundeswehrangehörige) (PDF, nicht barrierefrei, 527 KB)
- Modul 2 Fragebogen (Bevölkerungsbefragung) (PDF, nicht barrierefrei, 671 KB)
- Modul 2 Methodenbericht (Bevölkerungsbefragung, Ipsos) (PDF, nicht barrierefrei, 1,2 MB)
- Modul 3 Leitfaden Gruppendiskussionen (PDF, nicht barrierefrei, 163 KB)
Praktische Relevanz
Die AID-Studie liefert Hinweise für den Umgang mit (rechts-)extremistischen Einstellungen in der Bundeswehr, denn politischer Extremismus ist mit dem normativen Gerüst der Bundeswehr unvereinbar. Die innere Verfasstheit der Bundeswehr soll der freiheitlich demokratischen Staats- und Gesellschaftsordnung Deutschlands entsprechen. Von Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr verlangt das Soldatengesetz ein aktives Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung. Zur Abwehr extremistischer Tendenzen ist es daher wesentlich, dass Personen mit einer Affinität zu rechtsextremistischen Einstellungen von vorneherein nicht in die Bundeswehr gelangen. Die Studienergebnisse zeigen aber auch, dass Präventionsmaßnahmen, wie die Soldateneinstellungsüberprüfung oder die historische und politische Bildung, gegen Rechtsextremismus wirkungsvoll und erfolgreich sind.
Ansprechpartner
-
Bundeswehr/Michael Gutzeit
Wissenschaftlicher Direktor Dr. Markus Steinbrecher
-
Bundeswehr/Michael Gutzeit
Leitender Wissenschaftlicher Direktor Dr. Heiko Biehl
-
Bundeswehr/Michael Gutzeit
Wissenschaftliche Direktorin PD Dr. Nina Leonhard
-
Bundeswehr/Annette Besser
Presseanfragen: Major Michael Gutzeit