MGZ – 82 (2023), Heft 1
MGZ – 82 (2023), Heft 1
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Das aktuelle Heft 1/2023 präsentiert in eindrücklicher Weise die Vielfalt und Konjunkturen moderner Militärgeschichtsschreibung. Während sich der erste Aufsatz mit den Nachrichtendiensten in der dänischen Armee zur Zeit des Deutsch-Dänischen Krieges beschäftigt, nimmt der zweite Großbeitrag »Zeit« als Gegenstand der historischen Gewaltforschung am Beispiel der Belagerung von Leningrad in den Blick. Der dritte Aufsatz beschreibt die Anfänge des Reihenwerkes »Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg« und verbindet Militärgeschichte, Behördenforschung, Wissenschaftsgeschichte und Zeitgeschichte miteinander.
Aufsätze in diesem Heft
Kristian Bruhn, Nachrichtendienste und Spione im Deutsch-Dänischen Krieg von 1864
Während des Deutsch-Dänischen Krieges von 1848–50 hatte die dänische Armee vorübergehend einen Nachrichtendienst eingerichtet, der für Spionage und deren Abwehr zuständig gewesen war. Im Zuge der erneuten Mobilmachung im Dezember 1863 schuf sie eine ähnliche Organisation, die in den kommenden Monaten des Deutsch-Dänischen Krieges von 1864 stetig wuchs. Die spätere Auswertung ergab aber, dass sich diese Organisation unter den chaotischen Bedingungen des Feldzugs in Jütland überhaupt nicht bewährt hatte. Während die historischen Kenntnisse über das militärische Nachrichtenwesen der preußischen und österreichischen Armeen in diesem Konflikt bis heute vage sind, erlaubt es die gute Quellenlage, hier erstmals ein detailliertes Bild vom Nachrichtenwesen auf dänischer Seite zu zeichnen. Für dieses Land bedeutete der Krieg von 1864 nämlich das Ende einer Ära, in der der Nachrichtendienst nur für die Dauer eines Krieges eingerichtet wurde. Seitdem besteht er als dauerhafte Organisation.
Olga Sturkin, Die Belagerung von Leningrad: Dimensionen der Zeitwahrnehmung
Die Rolle der Zeit in Kriegen ist in der historischen Gewaltforschung bislang nur ansatzweise thematisiert worden. Als eine der Grundkategorien, die die Gewalt modellieren, kann die Zeit einen neuen Blick auf die Gewaltunternehmungen bieten, insbesondere auf ihre Planung, Wahrnehmung und Reflexion. Der Beitrag untersucht die Zeitregime und die Zeitwahrnehmung des sowjetischen Oberkommandos und der Zivilbevölkerung in der ersten Phase der Belagerung von Leningrad Herbst 1941–Winter 1941/42. Analysiert werden sowjetische Militärberichte und Niederschriften der Telefonate zwischen dem Hauptquartier des Kommandos des Obersten Befehlshabers in Moskau, dem Leningrader Kriegsrat und der Führung der Leningrader und der Volchov-Front sowie Tagebuchaufzeichnungen und Erinnerungen der Leningrader Stadtbevölkerung. Ziel ist, die Bedeutung von Zeit in der Kriegführung des 20. Jahrhunderts an einem konkreten Beispiel zu verdeutlichen.
Markus Pöhlmann, »Geringe Produktivität auf teilweise recht uninteressanten Randgebieten«? Die Anfänge des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes und die Entscheidung für ein amtliches Reihenwerk zur Geschichte des Zweiten Weltkrieges, 1957–1972
Zwischen 1979 bis 2008 gab das Militärgeschichtliche Forschungsamt der Bundeswehr (MGFAMilitärgeschichtliches Forschungsamt) das zehnbändige Reihenwerk »Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg« heraus. Dieses Werk stellt einen frühen und bedeutenden Versuch dar, in der Bundesrepublik militärische Zeitgeschichte zu schreiben. Der Aufsatz untersucht die Konzeption des Reihenwerkes in den Aufbaujahren des MGFAMilitärgeschichtliches Forschungsamt zwischen 1957 und 1972. Ziel ist es, über die Entstehungsgeschichte des Forschungsprodukts weitergehende Erkenntnisse zur Organisation, zum Personalkörper und zum wissenschaftlichen Selbstverständnis des MGFAMilitärgeschichtliches Forschungsamt gewinnen. Damit soll auch ein Beitrag zur Geschichte der Ressortforschung im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung während einer wichtigen Phase des gesellschaftlichen Wandels in der Bundesrepublik geleistet werden.
Die MGZ
Die Militärgeschichtliche Zeitschrift (MGZ) ist eine der führenden deutschsprachigen wissenschaftlichen Publikationen im Bereich der Militärgeschichte und bietet in jeder Ausgabe Aufsätze und Beiträge zur aktuellen Forschung sowie Rezensionen zur Literatur aus der Militärgeschichte und aus anderen relevanten Forschungsbereichen. Die MGZ wird vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr) in Potsdam herausgegeben und erscheint halbjährlich bei De Gruyter Oldenbourg.
Das Inhaltsverzeichnis dieser wie auch aller bisherigen Ausgaben der MGZ finden Sie auf der Website des Verlages De Gruyter.