Mit seinem vierten Reichswehr-Workshop am 09./10. Juli 2025 stellt das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr) das Thema „Beschleunigung und Geschwindigkeit“ als zentrale Elemente des „Zeitgeists„ in der Weimarer Republik in den Mittelpunkt. Besondere Aufmerksamkeit gilt den Zusammenhängen zwischen der Kriegsplanung der Reichswehr einerseits und diesem „Zeitgeist„ in der Weimarer Gesellschaft andererseits.

Ein Kraftfahrzeug mit leichtem Artilleriegeschütz und mehreren Soldaten in Bewegung auf einer Straße

Feuer und Bewegung: Ein Kraftwagengeschütz des Reichsheeres bei einem Manöver 1927. Beweglichkeit der Kriegführung und Geschwindigkeit der Truppenbewegung waren zentrale Merkmale des operativen Denkens der Reichswehr.

BArch, Bild 136-B1386/ Oscar Tellgmann

Die Reichswehr - Die Mutter aller „Blitzkriege“?

Nach den, auch für die Wehrmachtführung überraschenden „Blitzsiegen“ über Polen und Frankreich 1939/40 plante das deutsche Militär den Überfall auf die Sowjetunion operativ von Anfang an als „Blitzkrieg“. Dieser scheiterte nach anfänglichen großen Geländegewinnen vor Moskau. Auf der Suche nach den Hintergründen der Kriegführung der Wehrmacht richtet sich der Blick beinahe zwangsläufig auf die Reichswehr als organisatorische Vorgängerin. Hier stoßen Betrachterinnen und Betrachter heute jedoch auf das Problem, dass die Grundlagenforschung zur Reichswehr bereits in den 1980er Jahren verebbt ist. Selbst im Hinblick auf die Themen Kriegsbild und Operatives Denken, zu denen immerhin einige neuere Arbeiten vorliegen, stellt sich der Forschungsstand recht disparat dar. Hier setzt der geplante Workshop an.

Mehrere Soldaten mit einem Maschinengewehr liegen an einem Erdwall und beobachten das Vorfeld

Abwehrbereit: Infanteristen des Reichsheeres in Verteidigungsstellung bei einem Manöver 1930. Obwohl Militärexperten die Vorbereitung auf einen Angriffskrieg forderten, bereitete sich die Reichswehr auf die beweglich geführte Landesverteidigung vor.

BArch, Bild 146-2009-0097/ Oscar Tellgmann

Reichswehr und Landesverteidigung

In der Militärpublizistik der Weimarer Republik wurden zwar bereits früh Ideen diskutiert, die materielle Überlegenheit des Gegners in einem künftigen bewaffneten Konflikt durch hoch bewegliche Kriegführung und rasche Herbeiführung einer militärischen Entscheidung zu unterlaufen – der Begriff „Blitzkrieg“ selbst findet sich hier bereits 1935. Doch was in der Reichswehr in den 1920er und frühen 1930er Jahren für die Landesverteidigung tatsächlich geplant und in ihren Manövern und Kriegsspielen intensiv geübt wurde, war die Landesverteidigung aus der strategischen Defensive. Realistisch betrachtet war das 100.000 Mann starke Reichsheer und die kleine Reichsmarine auch kaum zu mehr in der Lage.

Soldaten auf Pferden und in Begleitung eines bespannten Wagens reiten auf einer Landstraße vorüber

Hoch zu Ross: Soldaten des Reiter-Regiments 12 bei einem Manöver 1927. Die Kavallerie war die zweitgrößte Truppengattung des Reichsheeres und spielte im operativen Denken der militärischen Führung noch immer eine Rolle.

BArch, Bild 136-B1384/ Oscar Tellgmann

The Need for Speed“

Als verbindendes Element sowohl im imaginierten und im ab 1939 geführten Angriffskrieg als auch in der von der Reichswehr eingeübten, hoch mobil geführten Verteidigung und im sog. hinhaltenden Gefecht sticht die Beweglichkeit der Kriegführung und die Geschwindigkeit der Truppenbewegungen hervor. Diese hatten ihren festen Platz in der Geschichte des operativen Denkens deutscher Landstreitkräfte spätestens seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. Beschleunigung und Geschwindigkeit waren jedoch Phänomene, die nicht nur die Militärs, sondern die gesamte Gesellschaft der Weimarer Republik umtrieben. Die geschichtswissenschaftliche Forschung hat in diesem Zusammenhang bereits mehrfach auf die große kulturelle und gesellschaftliche Bedeutung von technischer Modernisierung, Beschleunigung und Tempo hingewiesen, die sich etwa in der allgemeinen Technikbegeisterung, vor allem für Raketen, Rennwägen und Flugzeuge sowie in der Heroisierung von Rennfahrern und Piloten äußerte. Gleichzeitig hatten die Kriegsplanungen mit dem Aufbau einer kaum beweglichen Miliz, eines Grenz- und Landesschutzes und im Festungsbau jedoch auch eine statische Komponente, die das Gegenstück zur beweglichen Kriegführung bildete.

Mehrere Automobile fahren ein Autorennen das von zahlreichen Zuschauern verfolgt wird.

Im Rausch der Geschwindigkeit: Aufnahme vom großen internationalen Automobilrennen auf der Berliner AVUS im Mai 1932. Schnelle Autos, Flugzeuge und Raketen übten in den 1920er und 1930er Jahren große Faszination auf die Menschen aus.

BArch, Bild 102-13505/ Georg Pahl

Ziele des Workshops

Ziel des Workshops ist es, den disparaten Forschungsstand zum Kriegsbild und zum operativen Denken in der Reichswehr sowie in der jungen Wehrmacht kritisch zu überprüfen und unter Einbeziehung neuerer, kulturhistorischer Erkenntnisse zur Weimarer Republik zu erweitern. Im Mittelpunkt steht erstens die Frage, wie es der Reichswehr gelang, von der Landesverteidigung ausgehend die Grundlage für die operativen Erfolge der deutschen Land-, See- und Luftstreitkräfte zwischen 1939 und 1941 zu legen. Zweitens soll untersucht werden, welche Einflussfaktoren hier wesentlich waren und wie sich diese zueinander verhielten. Zu denken wäre in diesem Zusammenhang nicht nur an die oft hervorgehobene Tradition des operativen Denkens, die Entwicklung moderner Militärtechnik oder die Herausforderungen bei technischen Modernisierung und die Beharrungskräfte bei der Beibehaltung älterer Militärtechnik (z.B. Kavallerie), sondern auch an die große Bedeutung, die Beschleunigung und Tempo im „Zeitgeist“ der Weimarer Republik zukam. Dabei sollen drittens die Betrachtungen um die internationale Dimension erweitert werden, indem die deutsche Perspektive auf Entwicklungen im Ausland und der zeitgenössische Blick aus dem Ausland auf die Entwicklungen in Deutschland einbezogen werden.

Organisation

Der Workshop findet am 09./10. Juli 2025 am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr) in Potsdam statt. Die Konferenzsprachen sind Deutsch und Englisch. Wir laden Interessierte ein, sich für die Veranstaltung anzumelden und bis zum 17. März 2025 neben einer Übersicht zur eigenen Biographie einen Themenvorschlag in Form eines Kurzexposés (max. 500 Wörter) einzureichen. Im Rahmen des Workshops soll den Teilnehmenden dann die Möglichkeit gegeben werden, ihre Überlegungen in Impulsvorträgen (5-7 Minuten) vorzustellen – der Schwerpunkt soll jedoch auf der Diskussion liegen. Um die Diskussion anzuregen, ist angedacht, dass die Referentinnen und Referenten im Vorfeld Thesenpapiere einreichen, die allen Teilnehmenden des Workshops zusammen mit weiteren Dokumenten zum Thema in Form eines Readers bereitgestellt werden. Die Veranstalter übernehmen Reise- und Übernachtungskosten in Anlehnung an das Bundesreisekostengesetz.

Anmeldung

Um Anmeldung von Gästen wird bis zum 01.07.2025 gebeten:

ZMSBwS3EinladungsMgmt@bundeswehr.org

Medienvertretende melden sich bitte bei:

Major Michael Gutzeit
Telefon: 0331 9714 400

ZMSBwPressestelle@bundeswehr.org

Kontakt und Organisation

Oberstleutnant Dr. Friederike Hartung

Major Dr. Dennis Werberg

 

Bei manchen Mobilgeräten und Browsern funktioniert die Sprachausgabe nicht korrekt, sodass wir Ihnen diese Funktion leider nicht anbieten können.

Veranstaltungsort

Weitere Informationen