Bevölkerungsbefragung 2021

Verteidigungspolitisches Meinungsbild 2021

Verteidigungspolitisches Meinungsbild 2021

Datum:
Ort:
Deutschland
Lesedauer:
5 MIN

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Große Zustimmung in der Bevölkerung zur Landes- und Bündnisverteidigung

Im Sommer 2021 ließ das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr mehr als 2.000 Bürgerinnen und Bürger in persönlichen Interviews zu ihren Einstellungen zur Bundeswehr und zur Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik befragen. Ein zentraler Befund der Umfrage ist die große Zustimmung in der Bevölkerung zur Landes- und Bündnisverteidigung als Aufgabe der Bundeswehr. 86 Prozent sprechen sich für den Einsatz der Bundeswehr zur Abwehr eines militärischen Angriffs auf Deutschland aus. 72 beziehungsweise 70 Prozent befürworten den Einsatz der Bundeswehr, um einem Verbündeten zu helfen, der angegriffen oder bedroht wird. Die Aufgaben der Bundeswehr im Bereich des internationalen Krisenmanagements werden von den Befragten ebenfalls mehrheitlich unterstützt, aber im Durchschnitt weniger stark als die Landes- und Bündnisverteidigung.

enhanced Vigilance Activities Aufbau Patriot

Soldaten der Luftwaffe beziehen mit dem Flugabwehrraketensystem Patriot Stellung im Rahmen der NATO Mission enhanced Vigilance Activities (eVA) in der Slowakei

2022 Bundeswehr/Dominik Fischer

„Russlandbild“ beeinflusst NATO-Bündnissolidarität

Bemerkenswert ist auch folgender Befund: Wer sich (nicht) durch Russland bedroht fühlt, ist eher (nicht) dazu bereit, die östlichen NATO-Partner militärisch gegen Russland zu unterstützen. Das „Russlandbild“ der Bürgerinnen und Bürger spielt also eine wichtige Rolle für deren Einstellungen zur Bündnisverteidigung im Rahmen der NATO. Deshalb ist anzunehmen, dass Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine durch eine Veränderung des Bedrohungsgefühls auch die öffentliche Zustimmung zur Beteiligung der Bundeswehr an den Missionen zur Sicherung der NATO-Ostflanke erhöhen wird. Einen aktuellen Beitrag von Dr. Timo Graf zu dem Thema „Bündnissolidarität“ finden Sie im Online-Dossier des ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr zum Ukraine-Krieg

Akzeptanz von Waffengewalt 

Die Mehrheit (57 bis 84 Prozent) der Bürgerinnen und Bürger ist der Auffassung, dass die Bundeswehr zur Erfüllung ihrer grundlegenden Aufgaben in den Bereichen der Landes- und Bündnisverteidigung sowie des internationalen Krisenmanagements Waffengewalt als äußerstes Mittel einsetzen dürfen sollte – und zwar im gesamten Aufgabenspektrum. Nur ein geringer Teil der deutschen Bevölkerung lehnt den zweckgebundenen Einsatz von Waffengewalt als äußerstes Mittel ab (5 bis 17 Prozent). Dabei ist zu beachten, dass der Einsatz von Waffengewalt in der ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr-Bevölkerungsbefragung explizit als „äußerstes“ Mittel benannt wird. Es ist folglich nicht zulässig, aus diesen Befunden zu schließen, die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger betrachte die Anwendung von Waffengewalt durch die Bundeswehr grundsätzlich als „Mittel der Wahl“ in der Außen- und Sicherheitspolitik. 

Akzeptanz von Waffengewalt

Nicht alle Prozentangaben ergeben in der Summe 100 Prozent, da die Einzelwerte gerundet wurden. Zustimmung: Anteile „Stimme völlig zu“ und „Stimme eher zu“ zusammengefasst; Ablehnung: Anteile „Lehne völlig ab“ und „Lehne eher ab“ zusammengefasst.

ZMSBw 2021

Eingeschränkte Wehrbereitschaft

Angesichts der Bedrohung durch Russland und der damit verbundenen Bedeutung der Landesverteidigung hat die individuelle Verteidigungsbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger an praktischer und gesellschaftlicher Relevanz gewonnen. Im Jahr 2021 wurden die Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmer erstmals nach ihrer Verteidigungsbereitschaft mit der Waffe im Falle eines militärischen Angriffs auf Deutschland gefragt. Diese Frage wurde nur Personen bis zu einem Alter von 50 Jahren gestellt. 33 Prozent bejahten die Frage, ob sie dazu bereit wären, Deutschland im Falle eines militärischen Angriffes mit der Waffe zu verteidigen: 10 Prozent geben an, das Land mit der Waffe verteidigen zu wollen und 23 Prozent tendieren dazu. Im Vergleich dazu ist die große Mehrheit (57 Prozent) eher nicht (23 Prozent) oder überhaupt nicht (34 Prozent) dazu bereit, Deutschland mit der Waffe zu verteidigen. Wie sich der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine auf die Verteidigungsbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger auswirkt, wird die ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr-Bevölkerungsbefragung 2022 zeigen. 

Rückverlegung aus Afghanistan

Soldaten steigen während der Rückverlegung zum Ende der Mission Resolute Support in das Transportflugzeug A400M

Bundeswehr/Torsten Kraatz

Differenzierte Bewertung des Einsatzes in Afghanistan

Vor dem Hintergrund des Abzugs der Bundeswehr aus Afghanistan im Jahr 2021 wurden die Befragten gebeten, die vielfältigen Auswirkungen des Einsatzes zu beurteilen. Zur Einordnung der nachfolgenden Ergebnisse ist zu beachten, dass die ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr-Bevölkerungsbefragung zwei Wochen vor der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan (15.8.2021) abgeschlossen wurde. Die Ergebnisse belegen: In der Bevölkerung besteht ein durchaus differenziertes Bewusstsein für die unterschiedlichen Auswirkungen des Afghanistaneinsatzes. So sind beispielsweise 40 Prozent der Auffassung, dass der Einsatz eine positive Auswirkung auf das Ansehen der Bundeswehr in Deutschland hatte (34 Prozent „keine Auswirkung“; 17 Prozent „negativ“), was der These einer einsatzbedingten Entfremdung zwischen Bevölkerung und „Einsatzarmee“ zuwiderläuft. Etwas mehr als ein Drittel (37 Prozent) der Bürgerinnen und Bürger attestiert dem Einsatz eine positive Auswirkung auf den Kampf gegen den internationalen Terrorismus (33 Prozent „keine Auswirkung“; 20 Prozent „negativ“). Ein Drittel der Befragten (34 Prozent) ist der Ansicht, dass sich der Bundeswehreinsatz in Afghanistan positiv auf die Stabilität in der Gesamtregion ausgewirkt hat (30 Prozent „keine Auswirkung“; 26 Prozent „negativ“). Kritischer beurteilt werden die Auswirkungen auf die Chancen Afghanistans, sich zu einem freien, sicheren und wohlhabenden Land zu entwickeln (27 Prozent „positiv“; 31 Prozent „keine Auswirkung“; 32 Prozent „negativ“). 

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Nicht alle Prozentangaben ergeben in der Summe 100 Prozent, da die Einzelwerte gerundet wurden. Positiv: Anteile „Sehr positiv“ und „Eher positiv“ zusammengefasst; Negativ: Anteile „Sehr negativ“ und „Eher negativ“ zusammengefasst.

ZMSBw 2021

Positive Wahrnehmung der Bundeswehr

Im Vergleich zum Vorjahr wird die Bundeswehr 2021 von den Befragten häufiger in den Medien wahrgenommen. Der persönliche Eindruck von der Bundeswehr ist dabei deutlich positiver als im Jahr zuvor. Dies gilt insbesondere für den wahr­ge­nommenen Tenor der Berichterstattung in den klassischen Massenmedien. Die Amtshilfe der Bundeswehr im Kampf gegen das Coronavirus und die von der Bundeswehr im Befragungszeitraum geleistete Hochwasserhilfe dürften hierfür verantwortlich sein. Obwohl nur ein geringer Teil der Bevölkerung die Bundeswehr bei Übungen und Hilfeleistungen wahrgenommen hat, war der persönliche Eindruck bei diesen Gelegenheiten insgesamt am positivsten (88 Prozent).

Öffentliche Wahrnehmung der Bundeswehr

Angaben in Prozent. Vgl. 2020: Differenz zwischen 2021 und 2020. *Keine Vergleichbarkeit zum Vorjahr.

ZMSBw 2021

Hintergründe zur ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr-Bevölkerungsbefragung

Die ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr-Bevölkerungsbefragung 2021 wurde vom 26. Juni bis zum 1. August 2021 von einem professionellen Befragungsinstitut durchgeführt. Die mehrstufige Zufallsstichprobe ist repräsentativ für die in Privathaushalten lebende und deutschsprachige Bevölkerung ab 16 Jahren. 2.037 Personen wurden in persönlichen Gesprächen zu einem breiten Themenspektrum befragt: Von Bedrohungswahrnehmungen, Einstellungen zur Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik bis hin zu den Aufgaben und Auslandseinsätzen der Bundeswehr und vieles mehr. Veröffentlicht werden nun ein umfassender Bericht mit deskriptiven Statistiken, Zeitvergleichen und Analysen von Zusammenhängen (Forschungsbericht 131) sowie eine Übersicht der zentralen Befunde der Datenauswertung (Forschungsbericht 132 (PDF, 548,2 KB)). Ein Interview mit Dr. Timo Graf zur Einordnung der Befunde der ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr-Bevölkerungsbefragungen vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs finden Sie hier. Weiterführende Hintergrundinformationen zu den Bevölkerungsbefragungen des ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr finden Sie hier.

Download

Deskriptive Statistiken, Zeitreihen und Analysen von Zusammenhängen finden Sie in Forschungsbericht 131 (PDF, 2,1 MB)

Eine Übersicht der zentralen Befunde finden Sie in Forschungsbericht 132 (PDF, 548,2 KB)

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