Heeresübungen im Kalten Krieg
Heeresübungen im Kalten Krieg
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Die Großübungen der Bundeswehr als Erweiterung politischer Handlungsmöglichkeiten im Kalten Krieg (AT)
Ein Dissertationsprojekt von Andreas Eichner
„Panthersprung hat im Morgengrauen begonnen“, titelte die in Kassel erscheinende Hessische Allgemeine am ersten Übungstag der multinationalen Korpsgefechtsübung der Bundeswehr, am 16. Januar 1967. Fünf Tage lang übten rund 50 000 Soldaten, unter anderem der USUnited States Armee sowie der belgischen und der französischen Armee verschiedene Kampfszenarien. Der Kommandierende General des III. Korps und spätere Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Albert Schnez, bilanzierte: „Das deutsche Heer ist zehn Jahre nach seinem Wiedererstehen in der Lage, einen Abwehrkampf taktisch und operativ zu führen.“
Manöver als Mittel der Abschreckung
Dass der Kalte Krieg nie heiß wurde, lag auch in der glaubhaften Abschreckung auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland begründet – an deren Grenze sich die Streitkräfte der NATO und der Warschauer Vertragsorganisation (WVO) jahrzehntelang hochgerüstet gegenüberstanden.
Einen wesentlichen Faktor nahmen dabei mit kernigen Namen versehene, öffentlichkeitswirksame und später als Heeresübung bezeichnete Korpsgefechtsübungen wie „Panthersprung“ ein. Sie wurden jährlich wechselnd von den drei westdeutschen Korps unter Teilnahme der laut GDP (General Defense Plan) im jeweiligen Korpsbereich vorgesehenen NATO-Verbündeten organisiert – vor allem der USUnited States Army Europe (USAREUR), aber auch den Forces Françaises en Allemagne (FFA) sowie der British Army of the Rhine (BAOR) –, um die interoperable Koalitionskriegführung zu trainieren.
Die Bundeswehr im Bündnis – eingebunden und proaktiv
Die Aufstellung einer zum konventionellen Kampf befähigten Bundeswehr und die Einbindung ihrer Soldaten in die integrierten NATO-Strukturen im Bereich Allied Forces Central Europe (AFCENT) sowie im nachgeordneten Kommando Land Forces Central (LANDCENT) hatte dazu geführt, der Bundesrepublik Mitsprache hinsichtlich der operativen Planungen bei der Bündnisverteidigung in Mitteleuropa zu sichern – vor allem bezüglich der Vorneverteidigung.
Das bedeutet, dass die bündnisintegrierte Wiederbewaffnung die junge Bundesrepublik zuerst zum militärischen Subjekt hatte werden lassen und der Bundesrepublik dadurch dazu verholfen hatte, zu einem bedeutenden politischen Machtfaktor innerhalb des NATO-Militärbündnisses und folglich der westlichen Welt zu werden. Auch Manöver erfüllten keinen Selbstzweck, sondern konnten über die operativ-taktische Komponente hinaus militärpolitische Intentionen aufweisen.
Großübungen als politisches Mittel?
An dieser Metaebene – das Politische im Militärischen – orientiert sich die Studie, die dazu beitragen soll, das Forschungs-Desiderat in Bezug auf die Heeresübungen der Bundeswehr zu schließen.
Das Ziel der Studie ist die Klärung der den Heeresübungen übergeordneten politischen Fragen:
- Eröffnete das regelmäßig-interalliierte Projizieren militärischen Kräftepotentials der Bonner Republik politische Handlungsmöglichkeiten?
- Inwiefern wurde mit den Manövern gegenüber der WVO, den Bündnispartnern und der eigenen Bevölkerung strategische Kommunikation betrieben?
- Zeigten sich durch die jeweils abgebildete Koalitionskriegführung Bruchflächen in der Allianz?
- Lagen den Manöverkonzeptionen operativ-taktische Erfordernisse zu Grunde oder waren es politisch-strategische Vorgaben, denen die Bundeswehr vielmehr entsprach?
Die Studie untersucht den Kontext der Heeresübungen mittels einer umfassenden Quellenrecherche in deutschen wie auch ausländischen Archiven und greift zudem auf Zeitzeugenbefragungen zurück.