"ZUGEHÖRT! Der Podcast des ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr"

Früher war mehr Lametta!

Früher war mehr Lametta!

Datum:
Ort:
Frankfurt am Main
Lesedauer:
2 MIN

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Was hat Loriots Opa Hoppenstedt mit Kaiserkrönungen und Königswahlen im alten Deutschland, also vor 1806, zu tun? Das klärt Folge 29 von „ZUGEHÖRT! Der Podcast des ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr“ auf. Spoileralarm: Der Titel verweist auf Juwelen, Prunk und Gelage bei der Bestimmung künftiger Monarchen im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation, wobei manchmal der alte Kaiser und König noch lebte, während der neue bestimmt wurde. Tasächlich war das alles ein hochpolitischer Aushandlungsprozess mit grßem Zeremoniell, und manchmal war es auch „Kuhhandel“.

In ersten „Weihnachtspodcast“ des ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr erklärt Oberstleutnant Dr. Robert Riemer im Gespräch mit Oberstleutnant Dr. Harald Potempa, wieso Krönungen im Mittelalter an Weihnachten stattfanden, warum es damals in Deutschland keine „natürliche Thronfolge per Geburt“ gab und welchen Aufwand einige wenige zur Krönung vorher betreiben mussten. Dabei wird auch das erste deutsche „Grundgesetz“ erklärt, die Goldene Bulle von 1356, das die Regeln für die Königs- bzw. Kaiserwahl in Deutschland im Mittelalter festlegte.

Ochsenbraterei und Weinbrunnen - statt Weihnachtsgans

Kaiserwahlen und Krönungen wurden dabei im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit ausgiebig gefeiert. Zeitgenössische Holzschnitte zu den Festlichkeiten der 1612 stattfindenden Wahl von Kaiser Matthias, dem Erzherzog von Habsburg, zeigen beispielsweise neben der Ochsenbraterei auch einen Weinbrunnen, an dem sich jedermann bedienen durfte. Beides war mit weiteren „Belustigungen“ durchaus für das gemeine Volk gedacht, das so an den Zeremonien teilnehmen konnten - ohne freilich direkt dabei zu sein.

Frankfurt am Main als Stadt der Wahl und der Krönung der deutschen Könige und Kaiser glich dann wiederholt einem Heerlager, weil zu den gerade einmal 12.000 Bürgern der Stadt Tausende von Schaulustigen hinzu kamen. Die Festivitäten hatten zwangsläufig Folgen, wie das nachfolgende Zitat belegt.

Kampf_um_Ochsen_und_Ochsenküche

Kampf um Ochse und Ochsenküche bei der Krönung von Kaiser Matthias , nach einem Kupferstich eines unbekannten Meisters, im Jahr 1612

Via WikiCommon

Tumulte bei den Feierlichkeiten

Ein Augenzeuge berichtete zum Tumult beim Krönungsfest für Kaiser Franz II. 1792:

„Einige indessen, deren Verstand durch den Wein, den sie glücklicherweise hatten trinken können, aufgeklärt worden war, fingen an, ihre Nachbarn auf eine sehr verständliche Art durchzubläuen. Dies war das Signal zu einer allgemeinen Schlägerei [...]. Jetzt waren auch keine Stadtsoldaten mehr im stande Einhalt zu tun, und es ging alles drunter und drüber [...]. Das laute Heulen der Geprügelten und das unaufhörliche Rufen: Vivat Franz II.! gab eine gar abscheulich schöne Vokalmusik.“
Das Zitat stammt aus: Harriet Rudolph, Die Herrschererhebung als Fest. Krönungsfeste im Vergleich, in: Michael Maurer (Hrsg.), Festkulturen im Vergleich. Inszenierungen des Religiösen und Politischen, Köln 2010, S. 13-42, hier S. 36. Letztlich steht es beispielhaft für die vielfältigen kleinen, und scheinbar unvermeidlichen Skandale und Aufregungen am Rande solcher Feierlichkeiten.

Die Podcastfolge

Kampf_um_Ochsen_und_Ochsenküche

Literatur zum „Alten Reich“ finden Sie hier:

Stefan Weinfurter, Das Reich im Mittelalter. Kleine deutsche Geschichte von 500 bis 1500, München 2008.
Barbara Stollberg-Rilinger, Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Vom Ende des Mittelalters bis 1806, München 2013.
Axel Gotthard, Das Alte Reich 1495-1806, Darmstadt 2003.

Technischer Hinweis

Wegen der fortdauernden Pandemie haben wir OTL Dr. Riemer telefonisch zugeschaltet.

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