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Die Schlacht von Leuthen

Die Schlacht von Leuthen

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Die Schlacht von Leuthen am 5. Dezember 1757 war der Höhepunkt und der Anfang vom Ende absolutistischer Manöverstrategie und Lineartaktik. Preußens König Friedrich II. setzte alles auf eine Karte. 

Darstellung der Kampfhandlungen durch rote Linien für die Österreicher und blaue Linien für die Preußen

Die Schlacht von Leuthen während des Siebenjährigen Krieges am 5. Dezember 1757.

Bundeswehr/Frank Schemmerling

Am Morgen des 5. Dezember 1757 war es kalt in Leuthen. Der Boden war gefroren und Schneegriesel setzte ein. Unmittelbar westlich des Ortes befanden sich 65 000 österreichische Soldaten, die in einer von Nord nach Süd verlaufenden Linie zu drei Gliedern Aufstellung genommen hatten, das Gros nördlich der Ortschaft. Einige hundert Schritt hinter diesem ersten Treffen stand ein Zweites, nicht ganz so dicht wie das erste. So aufgestellt erwartete der österreichische Befehlshaber Karl von Lothringen gemeinsam mit seinem Stellvertreter Feldmarschall Leopold Joseph von Daun den Angriff eines preußischen Heeres von 35 000 Soldaten unter der Führung des preußischen Königs Friedrich II. Die Ausgangslage schien günstig. Lothringen und Daun hatten ihre Aufstellung mit einer Gesamtlänge von unglaublichen acht Kilometern derart breit gemacht, dass eine Überflügelung durch Friedrich II. zu lange dauern würde und zudem rasch aufgeklärt wäre. Ein Frontalangriff war für die fast im Verhältnis 2:1 unterlegenen Preußen unmöglich. Das fahle Dezemberlicht bot bis höchstens 17 Uhr genügend „Büchsenlicht“. Und so glaubten die Öster-reicher die Schlacht schon gewonnen. Tatsächlich stellte das Ausmanövrieren des Gegners schon vor der Schlacht einen wesentlichen Teil der damaligen Kriegführung dar. Hatte man sich geschickt und damit überlegen aufgestellt, war es durchaus üblich, dass der Gegner die Schlacht verweigerte und der eigene Sieg gelang, ohne dass auch nur ein Schuss gefallen war. 

Doch Lothringen und Daun irrten sich. Friedrich II. handelte rasch und entschlossen. Tatsächlich war seine Lage alternativlos. Nach seinem Sieg über die Franzosen bei Roßbach am 5. November 1757 war er in Richtung Breslau geeilt, um das österreichische Hauptheer noch vor dem Winter zu stellen, zu schlagen und aus Schlesien zu vertreiben. Strategisch war der Besitz der reichen Provinz sowohl hinsichtlich ihrer Ressourcen für Staat und Truppe als auch als Basis der folgenden Operationen im Frühjahr unumgänglich. Als König und Feldherr in Personalunion konnte Friedrich II. sehr rasch agieren. Anders verhielt es sich bei der österreichischen Doppelspitze Lothringen/Daun.

Ein gelungenes Täuschungsmanöver

Was sich dann ab dem Morgen des 5. Dezember 1757 entwickelte, kann gemessen am Machbaren des Zeitalters der Lineartaktik als die perfekte Schlacht gelten, stellte jedoch gleichzeitig den Höhepunkt und den Anfang vom Ende dieser Entwicklung dar. Gegen 8 Uhr schlug Friedrichs Vorhut unter dem Reitergeneral Hans Joachim von Zieten die sächsische Kavallerie bei Borne (Źródła). Anschließend begannen sich die Preußen, wie von den Österreichern erwartet, in einem flügelweisen Aufmarsch rechts und links der Straße nach Breslau zu entfalten und schienen, wie vermutet, den rechten Flügel der österreichischen Aufstellung angreifen zu wollen. Viel zu früh ließ Karl daraufhin seinen rechten Flügel verstärken. Die Täuschung war gelungen und bis spätestens 11 Uhr schwenkten die preußischen Bataillone stattdessen nach Süden in einen treffenweisen Aufmarsch gedeckt durch den Sophienberg ab. Zwar blieb diese Bewegung den Österreichern nicht gänzlich verborgen, doch vermuteten sie den Abzug ihres Gegners. 

Um 13 Uhr hatten die preußischen Truppen ihren Aufmarsch abgeschlossen und in einem 45 Grad Winkel südlich der Österreicher in schiefer Schlachtordnung südwestlich von Leuthen Aufstellung bezogen. Dabei befand sich der äußerst rechte Infanterieflügel südlich der österreichischen Aufstellung bei Sagschütz (Zakrzyce), unmittelbar davor ein Vortreffen von drei Bataillonen. Rechts davon sicherten Zietens Kavallerie und sechs Infanteriebataillone der Brigade Bevern die rechte Flanke der preußischen Aufstellung. Die linke Flanke wurde von der Kavallerie Georg Wilhelm von Driesens geschützt, der gedeckt durch den Sophienberg Aufstellung bezogen hatte. Die schiefe Schlachtordnung entzog zwar das Gros der Soldaten dem feindlichen Feuer, würde jedoch zum Angriff noch weitere 45 Grad einschwenken müssen. Dieses Vorgehen erfolgte „en échelon“, also bataillonsweise. Dazu schwenkte jedes Bataillon nochmals um 45 Grad nach rechts und marschierte einzeln mit 50 Schritt Abstand zum Folgebataillon los. Sobald der Gegner in Schussentfernung kam, begann dann ein bataillonsweises Feuern bei gleichzeitigem weiterem Avancieren. Auf diese Weise zog sich die Front wie eine Ziehharmonika auseinander und verschob sich dabei nach rechts. Den Abschluss des Manövers bildete ein bataillonsweiser Linksschwenk von 45 Grad. Die gesamte preußische Aufstellung befand sich nun im rechten Winkel zu den Österreichern und konnte damit beginnen, die feindlichen Linien an der Flanke mit massiver Feuerüberlegenheit aufzurollen.

Mit der Präzision eines Uhrwerks – Der preußische Angriff

Die eigentliche Schlacht begann um 13 Uhr. Das war insofern riskant, als noch höchstens vier Stunden Büchsenlicht zur Verfügung standen. Dem Fahnenträger des mittleren der drei Wedel’schen Bataillone des Vortreffens befahl Friedrich, genau auf einen Verhack bei Sagschütz zuzumarschieren. Als die schweren preußischen Geschütze der sogenannten Brummer-Batterie vom Butterberg aus zu feuern anfingen, begann die Schlacht. General Franz Leopold von Nádasdy, der das selbständige Korps am südlichen Flügel der österreichischen Aufstellung befehligte, hatte vergeblich um Verstärkung gebeten. Als die Preußen ihren Angriff begannen, ließ er die sächsische Kavallerie unter General Georg Ludwig Reichsgraf von Nostitz den Gegner in der linken Flanke angreifen. Doch das dichte Feuer der Bataillone der Brigade Bevern wehrte den Angriff ab. Inzwischen musste Nádasdy unter Feinddruck umgruppieren. Dabei kam es zu Stauungen. Diesen Moment der Schwäche ausnutzend, griff Zieten seinerseits die linke österreichische Flanke an. Das zwang Nádasdy zum Ausweichen. Sein Korps war besiegt. 

In der zweiten Phase der Schlacht rückten die Preußen in breiter Front auf den südlichen Ortsrand von Leuthen vor. Erst zu diesem späten Zeitpunkt reagierte die österreichische Führung mit der Verlegung ihrer Reservedivisionen von ihrer nördlichen Flanke in Richtung Süden. Erst jetzt, so scheint es, begriffen Lothringen und Daun das ganze Ausmaß dessen, was sich an ihrer linken Flanke abspielte. Geschützt durch die am südlichen Ortsrand von Leuthen in Aufstellung begriffene Reserve, schwenkte der gesamte österreichische Truppenkörper nun rückwärts ein. Doch die kilometerbreiten Aufstellungen waren nicht dafür gemacht. In der Folge kam es in manchen Abschnitten der österreichischen Aufstellung zu bis zu 100 Glieder tiefen Stauungen. In der Zwischenzeit griffen die Preußen die Ortschaft Leuthen an. Gerade der mit Mauern umgebene Friedhof wurde derart hartnäckig verteidigt, dass die inzwischen erschöpften und dezimierten Preußen in einigen Abschnitten die Kräfte ihres zweiten Treffens einführen mussten. Dieser hartnäckig geführte Kampf um die Ortschaft verschaffte den Österreichern die zur Umgruppierung notwendige Zeit. 

Die dritte und letzte Phase der Schlacht begann um etwa 16 Uhr und erneut war die Ausgangslage für Österreich eine deutlich bessere. Lothringen und Daun war es gelungen, unmittelbar nördlich von Leuthen eine mehrere Kilometer breite, von West nach Ost verlaufende Linie aufzubauen. Im Gegensatz zu den ausgeruhten österreichischen Truppen verfügten die abgekämpften Preußen kaum noch über Munition und der Tag neigte sich dem Ende zu, kaum eine Stunde Büchsenlicht stand noch zur Verfügung. Auf eine solche Gelegenheit hatte die ursprünglich zum Schutz der rechten Flanke eingesetzte österreichische Kavallerie unter dem Kommando von Joseph Graf Luchesi d’Averna gewartet. Mit seinen 70 Schwadronen griff er nun die nur schwach von einigen Schwadronen des Prinzen Friedrich Eugen von Württemberg geschützte Flanke der Preußen an. Doch abermals rächte sich die Vernachlässigung der Aufklärung, denn in diesem Moment preschten die 50 Schwadronen Driesens hinter dem Sophienberg hervor. Driesen gelang es, unterstützt vom Prinzen von Württemberg die österreichische Kavallerie nun seinerseits in deren linker Flanke zu fassen. In der Folge wurden 120 Schwadronen Kavallerie, insgesamt mehr als 10 000 Pferde, in die rechte Flanke der österreichischen Aufstellung gedrückt. Das folgende Chaos ausnutzend, stürmte die preußische Linie daraufhin mit gefälltem Bajonett die gegnerische Aufstellung. Unter diesem Angriff brach die österreichische Linie endgültig zusammen. Nur der Weitsicht Nádasdys war es zu verdanken, dass sich das Gros über die von ihm vorbereiteten Übergänge über die Weistritz retten konnte. Zwar setzte die preußische Kavallerie dem Gegner nach, doch zwang sie die einbrechende Dunkelheit, ihr Vorhaben abzubrechen.

Insgesamt kostete der preußische Sieg 3000 Österreicher oder Verbündete ihr Leben, 7000 waren verwundet und 12 000 gefangen worden. Auf preußischer Seite waren 1175 Gefallene und 5200 Verwundete zu beklagen. Besonders nachhaltig sollte sich der Verlust von 59 erfahrenen Berufsoffizieren auswirken, so dass auch Preußen im späteren Verlauf des Krieges zu solch komplizierten Operationen nicht mehr fähig sein sollte. Dennoch, Friedrich II. hatte sein Ziel vorerst erreicht. Am 20. Dezember 1757 kapitulierte die Festung Breslau und 17 000 Österreicher gingen in Gefangenschaft. Daraufhin verließ Daun am 22. Dezember 1757 mit 20 000 demoralisierten Soldaten Schlesien. 

Keine Entscheidungsschlacht

Eine Entscheidungsschlacht war Leuthen, wie oft zu lesen ist, jedoch nicht. Friedrich II. hatte Schlesien als Winterquartier und wichtige Versorgungs- wie Operationsbasis gewonnen. Aber der Krieg war damit noch lange nicht beendet. Sechs weitere zermürbende Jahre sollten noch folgen. Mit dem Sieg bei Leuthen hatte Preußen vorerst eine Niederlage abwenden können, die vermutlich seine Aufteilung unter den Großmächten und Degradierung zur Mittelmacht zur Folge gehabt hätte.   

Die Karte und weitere Informationen finden Sie in: Wie Friedrich »der Große« wurde. Eine kleine Geschichte des Siebenjährigen Krieges 1756 bis 1763. Herausgegeben von Eberhard Birk, Thorsten Loch und Peter Popp, Freiburg, Rombach Verlag 2012

Text und Karte zum Herunterladen: 

DOI: https://doi.org/10.48727/opus4-603

von Hans-Peter Kriemann

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