ISAFInternational Security Assistance Force - Regionalkommando Nord
ISAFInternational Security Assistance Force - Regionalkommando Nord
- Datum:
- Ort:
- Afghanistan
- Lesedauer:
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Der Schwerpunkt des deutschen Afghanistan-Einsatzes lag seit 2006 eindeutig im Norden des Landes. Deutschland übernahm die Rolle der Lead Nation im ISAFInternational Security Assistance Force Regional Command North (RC North) und betrieb dort die Nachschubbasis Camp Marmal bei Masar-i Scharif für 16 ISAFInternational Security Assistance Force-Nationen.
Deutsche Übernahme regionaler Verantwortung in Nordafghanistan
Im Oktober 2003 begann eine neue Phase des ISAFInternational Security Assistance Force-Einsatzes. Der UNUnited Nations-Sicherheitsrat hatte angesichts kritischer Entwicklungen in einigen Landesteilen begonnen, das ISAFInternational Security Assistance Force-Mandat auf ganz Afghanistan auszuweiten. Deutschland übernahm die vier Nordostprovinzen Kundus, Baghlan, Tachar und Badachschan als Verantwortungsbereich. In Kundus entstand Anfang 2004 das erste deutsch geführte Provincial Reconstruction Team (PRTProvincial Reconstruction Team), gefolgt vom PRTProvincial Reconstruction Team Faisabad in Badachschan. Die PRTs mit ihrem militärischen und zivilen Leiter entstanden aus der Einsicht, dass die Stabilisierung Afghanistans allein mit militärischen Mitteln nicht zu schaffen war. Vielmehr bedurfte es einer vernetzten Zusammenarbeit diplomatischer, militärischer, entwicklungspolitischer und polizeilicher Akteure. Allerdings fehlten dazu genaue strategische Vorgaben. Auch herrschte kein gemeinsames Lagebild vor. Hinzu kamen die sehr unterschiedlichen PRTProvincial Reconstruction Team-Konzepte der ISAFInternational Security Assistance Force-Truppensteller. Mit Aufgaben wie Präsenzpatrouillen, Maßnahmen der zivil-militärischen Kooperation (CIMICCivil Military Co-Operation), Key-Leader-Engagement und Konfliktmanagement wirkten die militärisch schwachen, aber klug eingesetzten ISAFInternational Security Assistance Force-Kräfte dennoch zunächst erfolgreich als Pufferkraft.
Im Sommer 2006 hatte sich der Schwerpunkt des deutschen Afghanistan-Einsatzes eindeutig nach Norden verlagert. Deutschland übernahm die Rolle der Lead Nation im ISAFInternational Security Assistance Force Regional Command North (RC North) und betrieb die Nachschubbasis Camp Marmal bei Masar-i Scharif für 16 ISAFInternational Security Assistance Force-Nationen. Die Aufstellung des ersten Operational Mentoring and Liaison Team (OMLT) der NATO in Kundus im August 2006 markierte die beginnende Professionalisierung der Aufbau- und Ausbildungshilfe für die Afghanische Nationalarmee (ANAAfghan National Army). Eine Ausweitung des militärischen Engagements in die südlichen Landesteile, in denen die NATO-Verbündeten zahlreiche Gefechte mit Aufständischen führten, verweigerte die Bundesregierung hingegen.
Verschärfung der Sicherheitslage
Nach 2006 verschärfte sich die Sicherheitslage auch in Teilen des deutschen Einsatzgebietes sukzessive. Einen Wendepunkt stellte der Selbstmordanschlag vom 19. Mai 2007 in Kundus dar, dem drei Bundeswehrsoldaten und sieben afghanische Zivilisten zum Opfer fielen. Priorität erhielt jetzt der eigene Nahbereichsschutz auf Kosten der Präsenz in der Fläche, in der Aufständische daraufhin zunehmend Fuß fassen konnten. Mitte 2007 standen für die Nordregion, ein Raum von der Größe halb Deutschlands mit schwierigen geografischen und infrastrukturellen Bedingungen, nur knapp 4000 ISAFInternational Security Assistance Force-Soldaten zur Verfügung. Nachrichtengewinnung, Aufklärung und Luftbeweglichkeit erwiesen sich als unzureichend, sodass deren Wirkungsmöglichkeiten begrenzt blieben.
Kriegsähnliche Zustände und Kampfeinsätze
Im Juli 2008 löste die Bundeswehr Norwegen in der Gestellung der Quick Reaction Force im RC North ab. Diese Truppe war eingerichtet worden, um erstmals offensiv gegen Aufständische zu operieren. Im Oktober 2008 teilte der Kommandeur des PRTProvincial Reconstruction Team Kundus den Obleuten des Verteidigungsausschusses jedoch mit, in der Provinz die Initiative verloren zu haben. Als am 29. April 2009 der erste Bundeswehrsoldat bei einem komplexen Hinterhalt im Kampf fiel und danach weitere schwere Gefechte folgten, wurde offenkundig, dass ISAFInternational Security Assistance Force vor allem in den Provinzen Kundus und Baghlan mit einem Guerilla- und Terrorkrieg konfrontiert war. Aus dem Aufbau- und Stabilisierungseinsatz war ein Kampfeinsatz geworden. Zwar lockerte die Bundesregierung die restriktiven Einsatzregeln zur Anwendung militärischer Gewalt. Jedoch vermied sie, offiziell von „Krieg“ zu sprechen. Schließlich aber wurde dieser Umstand nach dem von einem deutschen PRTProvincial Reconstruction Team-Kommandeur befohlenen Luftangriff auf zwei entführte Tanklaster mit zahlreichen getöteten Zivilpersonen am 4. September 2009 bei Kundus unübersehbar.
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DOI: https://doi.org/10.48727/opus4-754
URN: https://nbn-resolving.org/html/urn:nbn:de:kobv:po79-opus4-7541
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