75 Jahre NATO
75 Jahre NATO
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Zur Abwehr einer expansionistischen Sowjetunion 1949 gegründet, wird das westliche Verteidigungsbündnis auch in Zukunft eine Schlüsselrolle für Frieden und Freiheit spielen. Seine Bedeutung in der Vergangenheit ist Thema der historischen NATO-Forschung, insbesondere am ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr.
Nordatlantikvertrag
Am 4. April 2024 kann das westliche Verteidigungsbündnis auf sein 75-jähriges Bestehen zurückblicken. In Washington, D.C, unterzeichneten die Außenminister der USAUnited States of America, Kanadas und zehn europäischer Staaten am 4. April 1949 den Nordatlantikvertrag, dem die NATO (engl. North Atlantic Treaty Organisation) ihren Namen verdankt. Gemeinsam mit Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Island, Italien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen und Portugal gab die Gründung der Militärallianz nach Ende des Zweiten Weltkrieges eine Antwort auf die Bedrohung von Frieden und Freiheit in Mitteleuropa durch die Sowjetunion. Die Bundesrepublik Deutschland trat dem Bündnis, das sich auch als Wertegemeinschaft begreift, am 6. Mai 1955 bei.
Kollektive Sicherheit
Das wesentliche Ziel lautet bis heute: Frieden und Sicherheit der Mitgliedstaaten mit politischen und, wenn es sein muss, auch militärischen Mitteln zu bewahren. Artikel 5 des Nordatlantikvertrages legt für alle Parteien fest, „dass ein bewaffneter Angriff gegen eine oder mehrere von ihnen in Europa oder Nordamerika als ein Angriff gegen sie alle angesehen wird“. Die Beistandsverpflichtung erfolgt in Übereinstimmung mit der Charta der Vereinten Nationen, die das Recht der individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung festschreibt. Erstmals wurde der „Bündnisfall“ nach den Attacken der islamistischen Terrororganisation Al-Qaida vom 11. September 2001 ausgerufen.
Abschreckung im Kalten Krieg
In den Jahrzehnten des Ost-West-Konflikts setzte die NATO gegenüber der östlichen Militärallianz, dem Warschauer Pakt, auf atomare Abschreckung. Drei strategische Konzepte lassen sich unterscheiden. Um den Nordatlantikraum zu sichern, bereiteten sich die Mitgliedstaaten ab 1952 darauf vor, einen sowjetischen Angriff so früh wie möglich zu stoppen („Vorneverteidigung“). Ab 1957 gab die Strategie der „Massiven Vergeltung“ die Richtung vor: Indem die NATO einen sofortigen nuklearen Gegenschlag androhte, suchte sie einen Angriff im Keim zu ersticken. Ab 1968 behielt sich die NATO im Rahmen der Nuklearstrategie „Flexible Erwiderung“ einen unvorhersehbaren militärischen Gegenschlag vor. Nukleare Abschreckung und Entspannungspolitik waren fortan zwei Seiten einer Medaille.
75 Jahre nach Gründung der NATO stehen Abschreckung und Bündnisverteidigung angesichts der aggressiven Machtpolitik Russlands wieder im Zentrum der gemeinsamen Anstrengung der nunmehr 32 Mitgliedstaaten.
Historische NATO-Forschung
Das MGFAMilitärgeschichtliches Forschungsamt wurde zum Zentrum der historischen NATO-Forschung. Ein eigener Forschungsbereich unter Leitung von Norbert Wiggershaus nahm das Bündnis als eine multinationale Organisation und Akteur der internationalen Politik in den Blick. Die internationale Tagung, die sich zum 50. Jahrestag 1999 der Rolle der Bundesrepublik Deutschland im Spannungsfeld von NATO und europäischer Integration widmete, spiegelte diese Erweiterung in Richtung einer europäischen, internationalen Militärgeschichte nach 1945 wider. „Anfänge westdeutscher Sicherheitspolitik“: Der Titel eines neuen Großprojekts und des gleichnamigen Reihenwerks signalisierte den Anspruch, die Gründungsphase bis 1956 aufzuarbeiten. Der Startschuss für die eigene Reihe „Entstehung und Probleme des Atlantischen Bündnisses“ fiel 1998. Das Dutzend Bände, das bis 2021 erschienen ist, spiegelt nicht nur die Internationalität, sondern auch den Methodenpluralismus wider: von der Geschichte der Internationalen Beziehungen über organisations- und wirtschaftshistorische bis hin zu operations- und mentalitätsgeschichtlichen Ansätzen.
Aktuell: die NATO im Fokus
Über seine „NATO-Reihe“ hinaus behält das ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr die internationale Militärgeschichte im Blick – auch auf Englisch. Als Bände 8 und 9 der neuen, von Professor Jörg Echternkamp (ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr) mit herausgegebenen Reihe „De Gruyter Studies in Military History“ sind 2023/24 umfangreiche Studien über den NATO-Kommandobereich der Ostseezugänge sowie den Vertrag über Konventionelle Streitkräfte in Europa (KSEKonventionelle Streitkräfte in Europa) erschienen. Ein aktualisierter Sammelband, der die europäischen Dimensionen der Militärgeschichte ausleuchtet – darunter die Europäische Union, die NATO und der laufende Konflikt mit Russland –, erscheint auf Deutsch und Englisch. Die NATO-Luftverteidigung war jüngst das Thema der Dissertation von Dr. Friederike Hartung (ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr).
Zudem führt das ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr mit Berliner Partner-Organisationen vom 10. bis 12. Juli 2024 eine internationale Konferenz durch, die sich dem Abzug der Alliierten aus Berlin vor dreißig Jahren widmen wird. Schon jetzt stellt die Bibliothek des ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr zum Thema NATO eine Auswahl an Fachliteratur zusammen – nicht zuletzt aus dem eigenen Haus. Ansprechpartner im ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr für den Bereich „Bündnisse“, dem auch die Geschichte der NATO thematisch zugeordnet ist, ist der Leiter des Projektbereichs Internationale Militärgeschichte nach 1945 im Forschungsbereich Militärgeschichte nach 1945, Prof. Dr. Jörg Echternkamp.
NATO-Reihe
Die Buchreihe des ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr zur Geschichte der NATO