Abzug unter Beobachtung
Abzug unter Beobachtung
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Zur Rolle von Bundeswehr und Bundesnachrichtendienst beim Abzug der sowjetischen/russischen Streitkräfte aus Deutschland 1990-1994
Ein Dissertationsprojekt von Sascha Gunold M.A.
Mehr als vier Jahrzehnte lang beobachteten die Streitkräfte und Militärnachrichtendienste der NATO-Staaten die sowjetischen Truppen in der DDRDeutsche Demokratische Republik. Hierfür übernahm in der Bundesrepublik Deutschland der Bundesnachrichtendienst (BNDBundesnachrichtendienst) die militärische Auslandsaufklärung unter Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel und Methoden. Die Bundeswehr betrieb dagegen taktische Fernmelde- und elektronische Aufklärung und hörte vor allem den Funkverkehr der „Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland“ (GSSD) ab. Mit der Aufstellung einer zentralen Dienststelle für das militärische Nachrichtenwesen, dem Amt für Nachrichtenwesen der Bundeswehr, bündelte und erweiterte zugleich das Bundesministerium für Verteidigung in den 1980er Jahren seine analytischen Kapazitäten. Das Monopol des BNDBundesnachrichtendienst in der militärischen Auslandsaufklärung wurde von der Bundeswehr dadurch zunehmend infrage gestellt.
Nach der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 befanden sich immer noch mehr als 300.000 sowjetische Soldaten auf deutschem Territorium. Die 1989 in Westgruppe der Truppen (WGT) umbenannte GSSD sollte – so der Zwei-plus-Vier-Vertrag – bis 1994 vollständig abziehen. Der Vertrag verbot auch den drei Westmächten, in den neuen Bundesländern militärisch tätig zu sein. Die für die Militäraufklärung bis dahin unverzichtbaren Militärverbindungsmissionen der Westmächte mussten ihren Dienst einstellen. Doch was geschah mit diesem „alliierten Erbe“? Wer übernahm auf deutscher Seite die Aufklärung der sowjetischen Truppen und wer kontrollierte den Truppenabzug?
Der Bundesnachrichtendienst und der Abzug
Die Studie untersucht die Rolle von Bundeswehr und BNDBundesnachrichtendienst beim Abzug der WGT zwischen 1990 und 1994 und fragt dabei nach Kooperation und Konkurrenz zwischen Streitkräften und Nachrichtendiensten. Welche militärischen und nachrichtendienstlichen Mittel und Fähigkeiten stellte die Bundesregierung zur Bewältigung des Truppenabzugs zur Verfügung, nachdem die westlichen Militärverbindungsmissionen aufgelöst wurden? Wie veränderten sich die Anforderungen an die militärische Auslandsaufklärung des BNDBundesnachrichtendienst? Inwieweit setzten sich Konkurrenz und Kooperation von Bundeswehr und BNDBundesnachrichtendienst beim Truppenabzug fort? Welche Rolle spielten dabei die einstigen Westmächte? Die Arbeit versteht sich nicht nur als Beitrag zur Militärgeschichte, sondern auch zur deutschen Nachrichtendienstgeschichte.
Diese Dissertation wurde von apl. Prof. Dr. Dieter Krüger, ehm. ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, und Prof. Dr. Sönke Neitzel, Inhaber des Lehrstuhls für Militärgeschichte - Kulturgeschichte der Gewalt an der Universität Potsdam betreut und 2021 abgeschlossen.