Napoleon: Leinwand vs. Geschichte? Transkript

Napoleon: Leinwand vs. Geschichte? Transkript

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Lesedauer:
28 MIN

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Michael Gutzeit: Sehr geehrte Damen und Herren! Herzlich willkommen zu unserer neuen „Zugehört“ Folge. Ich bin Michael Gutzeit, Mayor und Leiter der Informationsarbeit am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam. Wir haben sächsischen Besuch aus Dresden, Herr Dr. Gerhard Bauer. Er ist derzeit kommissarischer Leiter des Museumsbetriebes im Militär Historischen Museum der Bundeswehr in Dresden und auch Sachgebietsleiter von Uniformen und Feldzeichen. Und ich bin sehr froh, dass wir Sie hier als Gast im Studio haben, weil ich glaube, mit Ihnen über Napoleon zu sprechen als Feldherr und mit Ihnen über Napoleon, den neuen Film von Ridley Scott zu sprechen ist, glaube ich, etwas, was ein Vergnügen für die Hörerinnen und Hörer ist. Ich frage mich: „War es denn ein Vergnügen für Sie als Militärhistoriker, diesen Film zu sehen?“
Dr. Gehard Bauer: Also ich muss zugeben, dass ich etwas traumatisiert aus diesem Film herausgekommen bin. Ich habe vorher schon alle möglichen Trailer gesehen, Kritiken von Kollegen und Freunden und ich habe mir vorgenommen, den Film zu mögen. Es fängt damit an, dass Napoleon der Hinrichtungen von Marie Antoinette beiwohnt. Da war er definitiv nicht dabei. Wenn man den Film auch völlig unbedarft sieht, begreift man gar nicht, was diese Szene mit ihm machen hätte sollen. Die nächste Sequenz, die mich wirklich aufgeregt hat, war die Darstellung der Schlacht von Austerlitz, die auf eine Episode begrenzt worden ist, die zwar stattgefunden hat, aber definitiv nicht in der Form.
Gutzeit: Muss ich mal kurz einhaken. Also auch für unsere Hörerinnen und Hörer. Austerlitz ist sozusagen die sogenannte drei Kaiser Schlacht gewesen, Österreich Russland in Koalition gegen Napoleon, der sich zuvor als Kaiser der Franzosen selbst gekrönt hat. Können Sie was dazu sagen, was denn bei dem Film nicht so gewesen ist und wie es denn wirklich aus Ihrer Sicht als Historiker stattgefunden hat?
Bauer: Also die Szene im Film zählt, als ob Napoleon den Russen und Österreichern eine Falle gestellt hätte, dergestalt, dass er sich mit seinen Truppen in einem Wald versteckt. Und Österreicher und Russen entdecken das Lager der Franzosen, das von diesen verlassen worden ist, und die gesamte österreichisch russische Armee rückt in einem großen Block vor gegen dieses Lager, um dann von den Franzosen aus verdeckten Stellungen beschossen zu werden und attackiert zu werden. Und dann stellen die Österreicher und Russen auch fest, dass sie auf einem zugefrorenen See sich bewegen, der dann von den Franzosen offensichtlich auch geplant mit Artillerie beschossen wird. Und diese Szene, wie gesagt, hat mit der eigentlichen Schlachten Austerlitz überhaupt nichts zu tun. Die Schlacht selber hat nichts mit dem Souchon Weiher zu tun gehabt. Es war nur ein tragisches Ergebnis der Schlacht, dass flüchtende Russen und Österreicher auf diesem Wege dann versucht haben, sich in Sicherheit zu bringen. Und das Eis ist zerbrochen, allerdings ohne französische Einwirkung. Tatsächlich sind französische Soldaten sogar selber dabei gestorben, also versucht haben, den eingebrochenen Gegnern zu helfen und die an Land zu ziehen. Es war also, wie gesagt, eine Episode, die eigentlich mit dem Kampfgeschehen nichts zu tun hatte. Das Bizarrste also, wenn wir jetzt mal von Austerlitz weggehen, ist die Schlacht von Waterloo, 18. Juni 1815. In der eine alliierte Koalition Armee unter dem Herzog von Wellington und letztendlich mit preußische Hilfe unter den Armeekorps der niederen Armee des Generalfeldmarschall von Blücher, Napoleon endgültig besiegt hat. Und diese Schlacht wird so gezeigt, wie ja im Grunde genommen ein großes Rugby Match. Beide Parteien, Briten auf der einen Seite, Franzosen auf der anderen Seite sind aufmarschiert, am Rande eines langen Tales, zumindest ist es im Film so, in festen Stellungen wie im ersten Weltkrieg und im Hintergrund unglaubliche Mengen von Flaggen wie von irgendwelchen. Und dann erfolgt der französische Angriff eigentlich tatsächlich auch so, wie wenn man sich die Schlacht 1916 vorstellt, also Wälle auf Wälle und die werden auch wirklich so genannt. Französische Infanterie bricht aus diesen Stellungen hervor im Frontalangriff auf die englischen Linien zu, und es hat mehr von Gettysburg, wenn man im 19 Jahrhundert bleiben will, als irgendwas mit 1815 zu tun. Die ganze Schlacht wird reduziert auf einen französischen Infanterie Angriff, der nichts mit der Gefechts Taktik von 1815 zu tun hat, einem völlig wirren Kavallerie Angriff mit allerdings, das muss ich zugeben, sehr schöne Quareebildung durch die britische Infanterie und dann einem verzweifelten letzten Ansturm, in dem Napoleon auch mit reitet, der dann im völligen Chaos endet. Wirklich wie ein Rugby Match wo alle aufeinander zu stürmen. Von der Seite kommen dann die Preußen und dann wird schon über geblendet zu Napoleon, der nach Sankt Helena verbannt wird.
Gutzeit: Aber war denn die Darstellung der Feldzeichen, der Uniformen und vielleicht auch die die Waffen, die gezeigt wurden. War das so korrekt von Scott inszeniert?
Bauer: Die Uniformen hat man mit großer Akribie nachgestaltet.  Da kann man wirklich nichts dran mäkeln. Das Seltsame ist allerdings, dass man nicht bei der Darstellung der Gefechtstaktil, eine ähnliche Sorgfalt walten hat lassen.
Gutzeit: Die Rolle Napoleons als Feldherrn. Er ist ja ein junger Offizier gewesen, aus niederem Adel, der vor allem durch die Artillerie seinen Aufstieg in der revolutionären Armee begründet hat. Der Einsatz der Artillerie und Napoleon als Artilleristen im Film, was sagen Sie dazu?
Bauer: Es kommt natürlich sehr, sehr, sehr deutlich raus, dass er durch seine Befähigung zum Offizier erst mal seinen Aufstieg begonnen hat. Es ist auch eine relativ frühe Sequenz im Film Die Eroberung von Fort Mulgrave.
Gutzeit: Das ist die Schlacht von Toulon richtig?
Bauer: Genau, richtig. Da halte ich die Darstellung auch für stark modernisiert. Also dass man da mit Mörsern Mauern stürmt. So viel ich weiß, hat man sich damals gegenseitig beschossen und Napoleons Einsatz der Artillerie war einfach wirkungsvoller als die Gegenwehr der der Briten. Andererseits kommt im Film immer wieder die große Batterie vor, die, die auch eine napoleonische Erfindung war. Also bei Austerlitz eben diese verdeckten Kanonen, die es in der Form bei Austerlitz jetzt nicht gegeben hat. Und bei Waterloo ist auch eine gigantische Artillerie. Ich glaub bei Borodino 1812 auch.
Gutzeit: Können Sie noch mal genau sagen, was Napoleon reformiert hat als Feldherr bei dieser großen oder mit dieser großen Batterie?
Bauer: Also Napoleon hat eigentlich nie wirklich was neu erfunden, aber das, was er quasi aus der alten Armee des Ancien Régime übernommen hat, perfektioniert und der Artillerie Einsatz unter seiner Führung wurde insofern innovativ, als er Artillerie Einsatz mit dem rollenden Gefecht praktizieren hat lassen. Sie hatte natürlich Unterführer, die in der Weise schon erzogen waren. Er hat, anders als manche anderen Armeen der Epoche auch schon massiv auf Reitende bzw. beim Briten heißt Flying Artillerie zurückgegriffen. Und gerade in der Schlacht bei Friedland, die im Film allerdings nicht zu sehen war, war es wirklich so, dass die Artillerie der ganzen Division mit der französischen Front gegen die Russen vorgerückt ist. Also er hat schon sehr, sehr massiv auf die Wirkung dieses Artilleriefeuer gesetzt.
Gutzeit: Sie haben gesagt, dass Napoleon mit der großen Batterie sozusagen sehr innovativ auf den europäischen Schlachtfeldern gewesen ist. War es auch so, dass er die Artillerie als Hauptwaffe eingesetzt hat, um seiner Taktik sozusagen zu folgen, wenn es verbündete kolariende Armeen gegeben hat, eine Bresche zu schlagen, dann die Armeen getrennt zu bekämpfen und dann zu besiegen.
Bauer: Also Artillerie oder massierter Artillerieeinsatz war in seinen Schlachten oft vor allem deswegen wichtig, weil er immer vorhatte, zuerst einmal das gegnerische Zentrum zu erschüttern. Und das war mit der Artillerie „weitaus einfacher möglich“ als mit den damaligen Handfeuerwaffen mit den üblichen fürchterlichen Konsequenzen, wenn man da mit Vollkugeln auf dicht getrennte Formationen schießt, ich denk es war auch Hauptanlass. Seine Schlacht Taktik hat sich natürlich immer der jeweiligen Situation angepasst, zumindest in den Zeiten, in denen er wirklich auf der Höhe seines Könnens war. Also Negativbeispiele wären Borodino, wo eben nichts anderes als frontale Angriffe ging gegen gut verschanzte Russen.
Gutzeit: Aber er hat diese Schlacht gewonnen.
Bauer: Mehr oder weniger. Also es war nur so, dass die Russen das Schlachtfeld verlassen haben und die Franzosen zu erschöpft und zu ausgeblutet waren, um hinterher zu kommen. Ja, aber von einem glänzenden Sieg kann man in dem Fall nicht sprechen. Austerlitz war dann ein ganz anderer Fall oder Jena/Auerstedt das im Film nicht vorkommt, 1806 dieser Doppelsieg über zwei preußische Heeresteile, da war es in der Tat so, dass er erfolgreich praktiziert hat, den Gegner zuerst zu zermürben, zu zerschlagen und dann vor allem auch durch massierte Kavallerie Angriffe am Schluss wirklich in die Flucht zu schlagen.
Gutzeit: Also Sie haben den französischen und napoleonischen Frontalangriff als Napoleons Haupttaktik angesprochen. Also ist es auch so gewesen wie im Film Schlacht von Waterloo, also Wellington sozusagen beobachtend Napoleon locken will. Und ich habe mit Originalfassung angesehen und ich glaube, er sagt dort „You can not resist front attack“. Also Napoleon war schon jemand, der nicht in die Flanken gefallen ist, sondern hat die Entscheidung von vorne gesucht.
Bauer: Ich würde schon sagen, er hat alle Möglichkeiten ausgenutzt, die sich ihm angeboten haben. Wenn ein Flanken Angriff, Erfolg versprechender war dann hat er das Versucht. Bei Waterloo war er auch schon krank. Hat nicht immer den Überblick über das Geschehen gehabt und ohne sein Zutun haben sich eigentlich mehrere separate Schlachten ergeben, um zwei Gehöfte, die quasi Ankerpunkte der alliierten Stellungen waren. Die in dem Film gar nicht vorkamen. Und dann gab es noch die berühmten Kavallerieangriffe auf die britischen Linien bzw. Carres dann, die eigentlich den Durchbruch bringen sollten, die tatsächlich dann auch frontale Angriffe waren, aber eben nicht durch Infanterie unterstützt worden sind. Also es wurde bei Waterloo vieles falsch gemacht, was in anderen Schlachten richtig gemacht hatte. Waterloo Feldzug hatte ja eigentlich so begonnen bzw. die 100 Tage von 1815, dass er vorhatte die beiden alliierten Armeen zu trennen.
Gutzeit: Da muss ich auch noch mal kurz einhaken. Nur zur Erläuterung: Also wir hatten ja schon über Sachen gesprochen, die nicht gezeigt worden sind. Sie haben Jena Auerstedt gesagt, eine Schlacht, die nicht gezeigt worden ist, war die Völkerschlacht bei Leipzig 1813. Und dann war es ja so Leipzig wurde verloren. Dann kam es zur Schlacht bei Paris auch verloren. Napoleon wird verbannt auf die Insel Elba. Er tut sich aber nicht damit ab, kehrt nach Frankreich zurück, beginnt seine Herrschaft der 100 Tage, wird dann aber endgültig in Waterloo von den Alliierten besiegt. Nur als kurzer Einschub.
Bauer: Die Ursprungsidee oder seinen Feldzugplan von 1815 war, sich zwischen die Preußen und die Anglo Niederländer unter Wellington zu drängen. Plan ging zuerst scheinbar auf die Preußen wurde am 16 Juni 18 15 von Ligny geschlagen, aber nicht vernichtet, konnten sich zurückziehen und deswegen hat Wellington an Blücher melden lassen. Er würde versuchen, seine Stellung, die er dann bei Waterloo eingenommen hat, so lange zu halten, bis die Preußen ihm zu Hilfe kommen könnten, was letztendlich dann auch funktioniert hat. Deswegen auch diese zunehmend verzweifelt werdenden Angriffe der französischen Armee auf die britischen und alliierten Stellungen.
Gutzeit: Er soll ja auch sehr viel Wert gelegt haben auf Pressearbeit, hat Soldaten Zeitschriften gegründet, verlegt und so weiter und so fort. Hat sich auch immer als ein Kaiser der Franzosen, aber eben auch als ein Feldherr des einfachen Mannes dargestellt. Inszeniert ist das im Film gelungen?
Bauer: Also ich, ich hätte mir da ehrlich gesagt mehr Eindeutigkeit gewünscht. Also Ridley Scott springt ja immer wieder hin und her zwischen dem Egomanen einerseits, dem rettungslos in Josephine Verliebten, und dann andererseits kommen so kurze Sequenzen, wo dann schon das durchschimmert, was er als Offizier bzw. als Feldherr auch war. Diese eine Szene haben wir in der Tat, muss ich bekennen, auch gefallen als er da im Russlandfeldzug seinen Soldaten was zu essen gibt. Und solche Vorfälle sind durchaus vielfach belegt und es stimmt, dass er das erste Mal als Armeeoberkommandierender in Italien 1736 planmäßig begonnen hat, sein eigenes Image zu entwickeln. Mit dieser Zeitschrift der Moniteur, der dann auch im ganzen Kaiserreich verkauft wurde, quasi als Staatsorgan, wie man im 20. Jahrhundert gesagt hätte. Und diese Geschichten, wie er meinetwegen von seinen Soldaten schon im Italien Feldzug zum kleinen Korporal ehrenhalber ernannt worden ist. Wie er dann mit seinen Soldaten das Essen geteilt hat, das ob, ob das wirklich in der Form, wie es dann später überliefert worden ist, stattgefunden hat. Das kann man natürlich nicht mehr überprüfen, aber er hat definitiv Wert darauf gelegt, quasi ein Primus inter Pares zu sein. Ich glaube, da war er auch ziemlich ehrlich, weil er ist eigentlich immer Soldat geblieben. Das merkt man auch seiner Politik an. Er hat zwar große Konzepte gehabt, ein hochintelligenter Mensch. Aber er hat trotzdem in letzter Konsequenz immer als Feldherr gedacht.
Gutzeit: Herr Dr. Bauer, wie müssen wir uns eigentlich die Grande Armée auf dem Russlandfeldzug vorstellen? War das eine geschlossene Streitmacht?
Bauer:
Also nur die Hauptarmee unter Napoleon selbst mit der Garde und einer ganzen Reihe von Armeekorps, zu denen auch alliierte Truppen gehörten, ist tatsächlich bis nach Moskau marschiert. Und da gab es nur zwei Flanken Armeen, die aus in erster Linie aus Alliierten bestanden haben, die nie bis Moskau gekommen sind. Gerade dass die Armee, in der der sächsische Anteil war, die als mehr oder weniger immer im Kreis marschiert, zwar einen sehr großen Kreis, aber der, der war nie permanent in der Offensive. Es war nur die Hauptarmee, die den ganzen Weg nach Moskau hin und zurück bewältigt hat. Und diese Aufteilung der Kräfte in Folge der großen Armee in Russland oder gegen Russland müssen wir von ungefähr 600000 Mann ausgehen. Diese Aufteilung der Kräfte war typisch für die napoleonische Kriegsführung. Er hat beispielsweise 1806 im Krieg gegen Preußen seine Armee in mehrere Korps aufgeteilt und ein Armeekorps napoleonischer Prägung war im Grunde genommen eine kleine Armee, die autark operieren konnte. Im schlimmsten Fall war jetzt nicht der Idealfall, aber durch diese Aufteilung hatte man natürlich die Möglichkeit, von links oder rechts auf ein Armeekorps ausschließen zu können, um die Kräfte dann konzentrieren zu können.
Gutzeit: Kann man das schon Auftragstaktik nennen, so wie es die preußischen Heeresreformer dann auch angewendet haben.
Bauer: So im Grunde genommen ja. Bloß bei Napoleon muss man immer mal berücksichtigen, es zählte letztendlich immer nur sein Wille. Also viele seiner Untergebenen waren eigentlich nicht in der Lage dann selbst eine Armee zu führen. Es passierte immer wieder, dass sie mit solchen Aufgaben betraut worden sind, das heißt über viele seine Marschälle, dass sie eigentlich nur befähigt waren, Divisionen zu Kommandieren. Aber es ergab sich halt immer wieder, dass sie dann selber auch eine Armee führen mussten. Aber andererseits war die Grundidee natürlich schon, dass jemand einen bestimmten Auftrag bekam und den auch selbstständig ausführen sollte. Das ist tatsächlich auch 1806 erfolgreich passiert. Napoleon selbst stieß mit seiner Hauptarmee ja nicht auf die preußische Hauptarmee, sondern nur an ein Teil, während der Führer des dritten Armeekorps Marschall Davout bei Auerstedt, dann auf das Gro der preußischen Armee mit dem Herzog von Braunschweig und dem König gestoßen ist, und zwar in der Minderzahl war, sich da aber behaupten konnte und letztendlich auch dort einen Sieg erringen konnte. Das war im Grunde genommen der Idealfall, den Napoleon oder überhaupt der in seiner Operationsplan vorgesehen war.
Gutzeit: Eine gewisse Autarkie unter dem Willen der übergeordneten Führung unter Napoleon, dann aber auch von Napoleon nicht mit einer geschlossenen Hauptarmee sozusagen zu marschieren, sondern die aufzuteilen, wie jetzt in Russland in drei Armeen. Und das ist ja auch wiederum das, was die Gegner von ihnen übernehmen. Oder? Weil in Leipzig nach dem Russlandfeldzug ist es ja so, dass die Alliierten auch nicht mit einer Armee anrücken, sondern mit dreien. Mit der Nord Armee, der Böhmischen Armee und der Schlesischen Armee. Ist das auch wiederum eine Kopie des Genies von Napoleon gewesen?
Bauer: Also es hat natürlich keiner der Alliierten zugegeben, aber mit Sicherheit resultierte das aus den Erfahrungen der vorhergehenden Feldzüge. Wer das auch sehr erfolgreich dann letztendlich auf der iberischen Halbinsel praktiziert hat, das war der Herzog oder spätere Herzog von Wellington, der seinen Untergebenen allerdings viel mehr Freiheiten zugestanden hat als Napoleon seinen Marshällen. Also da war es ja auch so durch das Terrain die einzelnen britischen Korps oder Divisionen relativ selbstständig agieren mussten. Und er hatte Unterführer, die wirklich dann so versiert waren, dass er teilweise alleine Schlachten schlagen konnte gegen ganze französische Armeen oder Armeekorps. Das hat er dann letztendlich ja bei Waterloo, sofern die Kommandeure noch lebten, auch praktizieren können.
Gutzeit: Hat er nicht aber auch durch sein Genie, diese alte Schlachten Taktik sozusagen reformiert, so wie es früher im Ancien Regime gewesen ist, während des Kabinettskriegen, wo es diese Linien Taktik gab, und er hat diese Linien nicht nur durch seine Artillerie aufgebrochen, sondern auch durch die Marsch Formation, die Marsch Geschwindigkeit seiner Grande Armée. Die Marsch Geschwindigkeit, das Tempo, mit der die napoleonischen Armeen operiert haben, hatte weniger mit dem Schlachtgeschehen zu tun als mit der Verlegung von Truppen von einem Standort zum nächsten. Also meinetwegen die Österreicher 1805 völlig überrascht, als die große Armee, die 1803 im Lager von Bologna am Ärmelkanal gegründet worden ist. Als diese Armee dann nach Süddeutschland verlegt worden ist, war sie so schnell, dass die Österreicher sich zum Beispiel bei Ulm einschließen lassen haben. Die konnten gar nicht begreifen, dass eine Armee mit den damaligen Transportmöglichkeiten so schnell vom Ärmelkanal über den Rhein bis nach Schwaben gelangen konnte. Also das war definitiv ein Vorteil seiner Gefechtsführung, der allerdings auch wie vieles was er praktiziert hat aus den Revolutionskriegen eigentlich entwickelt worden ist bzw. auch übernommen worden ist. Also vieles was als typisch napoleonische gilt, ist eigentlich auf die Revolutionskriege zurückzuführen und auf die Kodifizierungen, die er dann geschaffen hat. Also schlicht und einfach auch die Gefechtsführung. Kombinationen von Kolonne, Plänklertaktik und so weiter, hat alles vorher existiert, aber er hat es dann eben wirklich in eine bestimmte Form gebracht. Hat das auch seine Truppen so drillen lassen, dass sie meinetwegen und das hat auch den Rheinbundalliierten teilweise Probleme bereitet, dass sie sehr schnell von eine Formation in die andere wechseln konnten, dass alle Truppen Gattungen der Infanteriegattung, meinetwegen alle Manöver beherrscht haben. Also auch die Grenadiere konnten im Zweifelsfall eine Plänklerlinie bilden.
Gutzeit: Was ist eine Plänklerlinie?
Bauer: Das sind ein Paare von selbstständig agierenden Schützen, die als Schwarm selbstständig vor der eigenen Hauptmacht agieren, die quasi vor den anmarschierenden Kolonnen, die teilweise bis zu 2000 Mann stark sein konnten, sich in so einem schützen Schleier vor dieser Hauptmacht her bewegen und den Feind schon beunruhigen, bevor es überhaupt zum Zusammenstoß der Haupttruppen kommt.
Gutzeit: Also man sieht die Grande Armée, die ja nicht nur aus Franzosen besteht, sondern auch aus Abgeordneten oder Armeen des Rheinbundes, was ich sage mal dem heutigen Deutschland ganz gut entspricht. Und da sind ja zum Beispiel auch Preußen mitgezogen. Aber während diese riesengroße Streitmacht von 450000 Soldaten oder mehr, es gibt da in der Geschichte unterschiedliche Darstellung, durch Russland Richtung Moskau zieht, wo diese Streitkraft russischer Truppen von kleinen versprengten Trupps attackiert. Da gab es so eine Szene, zum Beispiel von Russen, ich glaube Kosaken auch mit so hohen Pelzmützen, die sich sozusagen auch aus dem Gelände annähern, dann wie aus dem Hinterhalt mit ihren Mörser Trupps, die diese ziehende Grande Armée angreift. Ist diese Darstellung so mit der Geschichtsschreibung vereinbar?
Bauer: Ich glaube Scott hat da ein bisschen was vermengt, also das so was passiert ist. dieser Guerillakrieg, Ich glaube das fing 1808 mit dem spanischen Aufstand gegen die napoleonische Machtübernahme in Spanien an, Joseph..
Gutzeit: Muss ich auch noch mal einhaken. Wie kommt Napoleon nach Spanien? Ich glaube, er möchte nach Portugal ziehen, bekommt dann die Erlaubnis des spanischen Königshauses dafür, geht nach Spanien, aber in Spanien kommt es dazu, dass der sogenannte kleine Krieg, die nationalistische spanische Guerilla Napoleon seiner Armee dermaßen zusetzt, dass es für ihn nicht so ein schneller Erfolg gewesen ist wie bei anderen Schlachten.
Bauer: Genau, also es entwickelt sich dann der ganz klassische kleine Krieg, Guerilla eben. Der wird mit unglaublicher Grausamkeit auch geführt. Also im Grunde genommen ist es auch so, was man heutzutage ja auch immer wieder von Terrorgruppen erlebt, dass ganz bewusst gefangene Feinde gefoltert werden und dann fürchterlich verstümmelt ausgestellt werden. Das ist zuerst in Spanien passiert. Im Russlandfeldzug wird von solchen Fällen berichtet. Auf dem Vormarsch, wie sie in dem Film gezeigt wird. Es war mit Sicherheit so, dass es gelegentlich mal Angriffe von Kosakenschwärmen gegeben hat. Allerdings ist es wirklich erst für die Franzosen zum Problem geworden, als sie immer näher auf Moskau zugekommen sind bzw. dann vor allem während des Rückzugs. Das hat dann viele Französische oder überhaupt Teilnehmer des Russlandfeldzug regelrecht traumatisiert hatten. Also Kosaken sind zum Schreckensbild geworden. Das ging dann so weit, dass die Franzosen 1814, als die Alliierten dann in Frankreich auch einmarschiert sind, selber Kosaken Truppen aus französischen Freiwilligen aufgestellt haben, die vermutlich nicht ganz so effizient wie die echten waren. De facto war es aber so, dass während des napoleonischen Rückzugs aus Russland viele Greuel Taten passiert sind. Es ist auch belegt wohl, dass es unter französischen Soldaten oder Soldaten der großen Armee zu Fällen von Kannibalismus gekommen ist. Dass wir da im Film auch kurz angedeutet. Also es war eine extrem fürchterliche Erfahrung, wobei es nicht so war wie in dem Film, das dann sehr verkürzt dargestellt ist, dass der Russlandfeldzug verloren gegangen ist und dann kapituliert oder Dankt Napoleon unter dem Druck seine Marschälle sofort ab. Also da liegt noch der ganze Feldzug in Deutschland 1813 dazwischen.
Gutzeit: Ich finde es mal interessant, dass Napoleon auf der einen Seite sehr innovativ ist als ein Genie erscheint, dann aber auch oft, ob gewollt oder nicht, durch die Sachen, die ihm erfolgreich und dienlich waren, Opfer des Gleichen wird. Napoleon wurde ja auch Opfer der verbrannten Erde. Also Russland zieht seine Truppen sozusagen zurück, hinterlässt den Franzosen nichts um sich zu ernähren, nicht von den Feldern, auch nicht von der Bevölkerung. Es kommt eben auch zu diesen großen Hungerfällen von Kannibalismus. Auch Transportpferde usw. werden verzehrt. Moskau wird wohl von russischer Seite angezündet, verbrannt um den Franzosen nichts zu hinterlassen und zum Rückzug zu zwingen. War das eigentlich Innovation, die Taktik der verbrannten Erde anzuwenden von russischer Seite? Oder ist das auch etwas in der Geschichte des Krieges immer schon angewendet worden ist?
Bauer: Also es hat es vorher schon mehrfach gegeben. Wenn mich nicht alles täuscht, aber da lasse ich mich gern korrigieren, haben das die die Russen unter Peter dem Großen schon gegenüber den Schweden praktiziert? Im 19. Jahrhundert erschien das allerdings dann als absolute Barbarei. Es gibt ja auch diese Szene, wo Napoleon selber gar nicht glauben kann, dass die Russen ihre alte Hauptstadt selber angezündet haben. Die Taktik der verbrannten Erde im Krieg von 1812 entsprach allerdings einer Notlösung. Sie war in Russland überhaupt nicht populär, und sie ist nur deswegen angewendet worden, weil dem damaligen russischen Kriegsminister und Kommandeur der ersten russischen Armee, General Barclay de Tolly, klar war, dass er mit dem im Sommer 1812 verfügbaren Stand der russischen Armee, die Franzosen und die große Armee nicht aufhalten hätte können an den Grenzen. Und deswegen hat er, das wurde ja eigentlich dann immer seinem Nachfolger Kutusow zugeschrieben, verfügt das sich die Armee oder die Armeen es kommen ja noch eine zweite dazu langsam und kämpfend zurückziehen, was die Franzosen natürlich auch schon schwer dezimiert hat, bevor sie überhaupt eine erste große Feldschlacht mit den Russen schlagen konnten. Das war Teil des russischen Konzepts, aber wie gesagt, es war eine Notlösung. Dem genannten. Barclay de Tolly wurde dann zum Stolperstein, dass er auch Smolensk den Franzosen preisgegeben hat, wenn auch nach einigen Kämpfen. Aber trotzdem, er hat sich weiter zurückgezogen mit seinen Truppen. Und da gibt es noch eine Adelsrunde gegen den Zaren, gegen ihn, in deren Folge, er dann Kutusow unterstellt wurde und dann letztendlich, nachdem er seine Truppen nach der Schlacht von Borodino seine Truppen nach Moskau geführt hat, sich selber aus dem Oberbefehl bzw. aus seiner Dienststellung ausgeschieden und dann erst 1813 wieder zurückgekehrt, als Kutusow gestorben war.
Gutzeit: Ja, sehr interessant. Das ist vor allem Napoleon dort eben nicht gelingt, seine vorherige Strategie anzuwenden, den Gegner immer in eine Entscheidungsschlacht zu führen oder zu zwingen. Aber Russland, die zaristischen Truppen sozusagen sich dem Feind einfach so weit zurückziehen, dass sie vor ihm verhungern und die eigene alte Hauptstadt anzünden.
Bauer: Ehrlicherweise muss man auch hinzufügen: Bei der Verfolgung der großen Armee dann im Winter haben die Russen kaum weniger als die Franzosen gelitten. Also als sie dann nach dem Deutschland Feldzug von 1813 und dann nach dem relativ kurzen Frankreich Feldzug 1814 vor Paris waren, waren die Russen so erschöpft, dass einige Truppenteile nicht in Paris einmarschieren durften, weil sie völlig verlottert ausgesehen haben und einfach in einem schlechten Zustand waren.
Gutzeit: Zustand, Zustand im Krieg natürlich sehr, sehr wichtig. Ich habe noch mal eine Frage. Napoleon hat es ja auch geschafft, eben wenn er Truppen hatte in einem sehr schlechten Zustand, zum Beispiel auch noch zu Beginn seiner Karriere aus 40000 revolutionären französischen Soldaten nach Italien zu ziehen. Sie aus einem schlechten Zustand, ich sage mal wirklich zu reformieren und zum Sieg zu führen. Und er hat es ja eben geschafft, als Revolutionär auch das Kriegsgeschehen zu revolutionieren. Nachdem er so erfolgreich gewesen ist, haben ja auch andere Nationen angefangen, ihre Armeen zu reformieren. Zum Beispiel auch die Preußen mit der Heeresreform. Glauben Sie, dass sich die Preußen von den Franzosen die Reformen abgeschaut haben? Haben die kopiert oder war es ein learning by doing aus den Erfahrungen.
Bauer: Also der Vorzug der krachenden Niederlage von Jena und Auerstedt für die preußische Seite war, dass dann auch der König Friedrich Wilhelm der Dritte bereit war, Reformen zutun lassen und dass dann Leute zum Zug gekommen sind wie Scharnhorst, Gneisenau, vor allem Scharnhorst hatte vorher schon in den Revolutionskriegen die französische Gefechtstaktik überhaupt deren Operationen sehr genau analysiert. Damals noch als hannoversche Offiziere. Dann das, was er daraus gelernt hat in die preußischen Militärreformen mit eingebracht. Tatsächlich war es so, dass die Preußen dann 1813 das, was sie von den Franzosen gelernt hatten, erfolgreicher praktiziert haben als die Franzosen, das bis 1807 ausgeübt haben. Mag aber auch damit zu tun haben, dass die französische Armee von 1813 nicht mehr die Qualität besaß, die sie 1806 hatte.
Gutzeit: Vielleicht mal die Frage, ich weiß nicht, ob es im Film zum Ausdruck gekommen ist. Wie würden Sie den Erfolg und die Niederlage Napoleons beschreiben? Was waren die Ursachen seines Erfolges, seines Genies? Was waren die Ursachen seiner Niederlage? War es, weil die Gegner ihn kopiert haben?
Bauer: Gründe für den Erfolg waren mit Sicherheit einmal seine Rücksichtslosigkeit, seine Schnelligkeit, sein Intellekt. Wenn man liest, meinetwegen, wie er den Italienfeldzug 1796 vorbereitet hat. Er war auf jede Eventualität eingestellt, das war der Vorzug, gerade in Italien und später auch noch gegenüber seinen Gegnern, dass er nicht einen fixen Plan hatte, sondern alle möglichen Situationen sich vorher schon überlegt hatte und dann sehr flexible reagiert hat. Wie gesagt, es gab dann später Situationen, wo er gar nicht mehr in der Lage war, so zu handeln. Aber ich glaube, das war das Geheimnis seines Erfolgs, dass er schlicht und einfach nicht an einem Plan festgeklebt ist, wie meinetwegen die Alliierten bei Austerlitz, sondern dass eben auch mal Bundeswehrdeutsch zu sagen „in der Lage gelebt hat“ und zugeschlagen hat, wenn sich eine Gelegenheit ergeben hat. Es war im 18. Jahrhundert eigentlich bei vielen Armeen noch so, man wollte den Gegner nicht vernichten, sondern ausmanövriert. Er, wie gesagt absolut rücksichtslos hat immer nur auf die Vernichtung des Gegners gezielt und versucht das umzusetzen. Deswegen auch sein Festhalten an der Idee der Entscheidungsschlacht, dass ja oft funktioniert hat, aber dann so ab 1808/1809 nicht mehr wirklich umgesetzt werden konnte von ihm. Auch weil seine Gegner natürlich dazugelernt hatten.
Gutzeit: Sie haben gerade Austerlitz angesprochen, da soll ja der Zar Alexander I. Gesagt haben nach dieser Schlacht: „“Wir waren wie Kinder in den Händen eines Riesen“, also Napoleon, der Riese auf die Vernichtung der Kinder gezielt. Aber haben dann die Kinder von diesem Riesen gelernt? Sind dann die Kinder Riesen geworden und die Riesen haben dann wiederum einen geschrumpften Riesen als Kind vernichtet.
Bauer: Also es war glaube ich nicht so, dass die die Kinder von 1805 dann in der Folgezeit zu Riesen geworden sind. Aber sie waren schon groß genug, 1813/1814 meinetwegen, um gemeinsam den Riesen zu erledigen. Also spielten viele Faktoren eine Rolle, unter anderem, was sie schon gesagt hatten, dass Napoleon solche Phänomene wie Nationalismus auf der Gegenseite überhaupt nicht verstehen konnte. Er war in der Beziehung und da kommen wir auch zu seinen Fehlern. Jemand, der so sehr an Rationalismus geglaubt hat und das hat er auch immer gesagt, dass man mit Idealismus, mit meinetwegen der Religiösmotivierten Gewaltbereitschaft der Spanier oder auch der Tiroler 1809 überhaupt nichts anfangen konnte, der konnte sich nicht vorstellen, dass damit Kräfte freigesetzt werden, wie sie eigentlich 1792/1793 durch die Französische Revolution in Frankreich festgesetzt worden sind. Er ging immer davon aus, sein Konzept ist das Beste und alles, was zum Erfolg führt, muss von Vernunft durchdrungen sein. Weitere Fehler von ihm waren, dass er auch gegen die Vernunft gehandelt hat, weil er doch gelegentlich auch sehr emotional reagiert hat. Sie bringen mich noch dazu, dass ich den Film langsam doch noch gut finde. Das kommt da schon, allerdings offensichtlich etwas einseitig in dem Film vor, dass er ab und zu mal richtig ausgeklinkt ist. Wobei ich mir bei ihm da nicht sicher bin, ob das nicht auch gezielte Aktionen waren, dass man weiß, dass er und das kommt im Film nicht vor, dass er sehr charmant, sehr charismatisch, sehr überzeugend sein konnte und sich auch wirklich benehmen konnte. Er war nicht so wie Wellington angeblich öfters sagte: „Boney Ist kein Gentleman“, der konnte schon, wenn er wollte. Aber es gibt Situationen, wo er dann meinetwegen, wenn er mit Abgesandten irgendeiner belagerten Stadt zu tun hatte, denen er den wilden Mann vorgespielt hat und gesagt hat, er würde jedes Haus niederbrennen und alle nieder stechen lassen, die sich noch in der Stadt befinden, wenn sie sich nicht sofort ergeben. Irgendwann hat er wohl mal zu dem Adjutanten gesagt, jetzt hat er Ihnen genug Angst eingejagt. Also da sind wir wieder beim Schauspieler Napoleon. Also es ist glaube ich auch sehr, sehr schwer heute mit allen, unglaublich vielen Quellen, die wir über ihn haben, ein authentisches Bild von diesem Mann zu entwickeln. Also wenn man sich die Anzahl der Biografien anschaut, die seit dem 19. Jahrhundert erschienen sind, also da muss es zehntausende verschiedene Napoleons gegeben haben.
Gutzeit: Vor allen Dingen Napoleon hat auch laut Film 61 Schlachten gefochten und dann herauszufinden, wie war das authentische Bild, was Sie angesprochen haben. Wie war es wirklich? Das ist, glaube ich, die die Herausforderung. Ich denke, dass der Film aber dazu anregt, sich damit zu beschäftigen. Wer war Napoleon wirklich. Sie kommen aus Dresden aus dem Militärhistorischen Museum. Gibt es da vielleicht eine Möglichkeit zu lernen oder zu erfahren, wie das authentische Bild Napoleons zu zeichnen ist?
Bauer: Wir haben in der Dauerausstellung auch natürlich eine Sequenz, die die ganze Epoche in den Blick nimmt, also von der Französischen Revolution bis zum Ende der Napoleonischen Kriege, wobei wir natürlich eher auf die deutsche Perspektive bringen und uns wichtig ist, bei der Darstellung zu vermitteln: „Wie kommt Nationalismus in die Kriegführung, wie wirkt sich das militärisch aus? Was hat es mit dem preußischen Reformen auf sich? Was hat das mit dem Mythos der nationalen Erhebung von 1818 auf sich? Ist es tatsächlich passiert? Also man kann in der Dauerausstellung einiges über die Epoche erfahren. Aber wir haben 2013 logischerweise 200 Jahre Völkerschlacht eine große Sonderausstellung zum Thema gemacht, wo ich gestehen muss, dass ich auch wieder sehr viel gelernt habe, gemerkt habe, dass die Epoche definitiv nicht aus erforscht ist. Und wir haben jetzt vor im Herbst nächsten Jahres und es klappt eine Kabinettaustellung zu einem Nachlass der Befreiungskriege von dem schon erwähnten Generalfeldmarschall Barclay de Tolly zu machen, der ihm nicht nur im Kontext des Krieges von 1812 von Interesse ist, sondern weil er der erste alliierte Generalissimus war, der 1813 die Vereinigung preußischen und russischen Armeen befehligt hat. Und von da ausgehend von diesem Nachlass ausgehend, können wir auch erklären, wie hat General Staabsarbeit damals funktioniert? Wie hat die Führung von Armeen funktioniert? In einer Zeit, in der man keine anderen Kommunikationsmöglichkeiten als Papier und Bleistift oder Feder hatte und Meldungen nicht per Telefon oder Handy übermittelt worden sind, sondern durch Melder. Wie schnell war die Kommunikation zwischen dem Oberkommandierenden. Oder was mich besonders interessiert..
Gutzeit: Verraten Sie nicht so viel.
Bauer: Okey
Gutzeit: Also, bei mir haben Sie auf jeden Fall Interesse geweckt. Ich werde mir das sehr gerne anschauen. Ich freue mich auf die Dauerausstellung, aber auch auf die neue Sonderausstellung. Ich glaube, man kann sich den Film ansehen. Ich bin aus dem Kino gegangen, mit gemischten Gefühlen. Ich fand den Film auf jeden Fall sehenswert. Was denke ich aber gerade, wenn es um ein authentisches Bild Napoleons und seiner Zeit geht, dann gehe ich auch gerne ins Militärhistorischen Museum der Bundeswehr in Dresden. Vielen Dank, Herr Dr. Bauer.
Bauer: Ich danke Ihnen.
Gutzeit: Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, von Zugehört. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Das war unsere neueste Folge: Zur Person Napoleons als Feldherr in der Geschichte und im neuen Film von Ridley Scott.

Bei manchen Mobilgeräten und Browsern funktioniert die Sprachausgabe nicht korrekt, sodass wir Ihnen diese Funktion leider nicht anbieten können.