Gespräche am Ehrenmal- Transkript

Gespräche am Ehrenmal- Transkript

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Lesedauer:
49 MIN

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Hauptmann Matei
Wenn ich in Unterricht gehe, ist eine der ersten Fragen, die ich stelle, wer von euch hat schon mal von der Zeitenwende gehört?

Generalleutnant Bodemann
Und ich kann schon verstehen, dass das Wort Kriegstüchtigkeit bei dem einen oder anderen etwas auslöst.

Frau Dr. Högl
Und uns eint, dass wir im Frieden leben wollen. Und welchen Beitrag zum Beispiel die Bundeswehr dazu leisten kann, dass unsere Freiheit und unser Frieden gesichert ist.

Generalleutnant Bodemann
Wir verpflichten ja niemanden, an die Front zu gehen, sondern die Initiative des Ministers ist ja, dass die Menschen sich Gedanken machen, gehst du zur Bundeswehr oder nicht.

Herr Schulze von Glaßer
Also ich sehe ja, dass Russland sich gerade an der Ukraine die Zähne ausbeißt. Also sehe ich nicht, dass die gerade einen Großangriff auf das NATO-Territorium zum Beispiel starten.

Matei
Und es würde mich ja schon freuen in der Welt aufzuwachsen, wo meine Tochter nicht wissen muss, was eine Wehrpflicht ist.

Bodemann
Der Menschen in Organisationen, die doppelt oder mehrfach assignierter sind, sind bei der freiwilligen Feuerwehr, sind beim THW, beim DLRG und neben dem Schützenverein auch noch Reservisten bei der Bundeswehr.

Schulze von Glaßer
Mein Bundeshaushalt von meiner Organisation ist so viel, wie Sie für Werbepizzakartons ausgeben im Jahr.

Högl
Unsere Soldatinnen und Soldaten wissen alle, wie die Lage ist und worum es geht und was ihr Auftrag ist

Bodemann
Und belastet vielleicht auch überlastet, seit etlichen Jahren, beginnend mit einer Finanzkrise, Corona, die Klimaveränderung, Naturkatastrophen.

Schulze von Glaßer
Aber dafür gibt es ja kein 100 Milliarden € Sondervermögen, sondern das gibt es dann nur für die Bundeswehr. Da wird halt viel in die militärische Sicherheit investiert. Das andere bleibt ein bisschen auf der Strecke.

Högl
Da ist noch viel zu tun. Und wenn der Minister das Ziel ausgegeben hat, 2029 aufgrund der Lage, in der wir sind, dann würde ich sagen, das muss jetzt in den nächsten Jahren richtig flott gehen. Und da ist noch viel zu tun.

Schulze von Glaßer
Als Geschäftsführer eines Friedensverbandes muss ich natürlich sagen, dass wir diese Debatte eigentlich nur gewinnen können, weil entweder verhindern wir es, dass die Wehrpflicht kommt oder wir kriegen wahrscheinlich ganz viele neue Mitglieder.

Högl
Die Ukrainer in Kiew, die haben gelebt wie wir heute hier in Berlin, genauso. Und die sind brutal überfallen worden und müssen sich jetzt verteidigen.

Bodemann
Alle NATO Verteidigungspläne, einschließlich des Operationsplans Deutschlands, sind ausgelegt darauf, Russland davon abzuhalten, diesen Schritt zu tun.

Schulze von Glaßer
Die NATO wurde nicht angegriffen. Da könnte man ja auch zu der Erkenntnis kommen, ja okay, die Abschreckung der NATO, die wirkt.

Matei
Es wäre besser, etwas zu machen, als zu warten und nichts zu machen.

Bodemann
Die Bedrohungslage ist nun mal so, aus meiner Sicht, dass wir uns, zum Glück, Deutschland noch nicht im Krieg befinden, aber eben schon lange nicht mehr im Frieden sind.

Schulze von Glaßer
Wir bräuchten eine Debatte über Sicherheit, Sicherheitspolitik. Die muss aber eben breit gefasst sein. Die darf sich nicht nur aufs Militär beschränken.

Bodemann
Es geht nicht darum, dass wir alle mit der gleichen Meinung rausgehen, sondern dass wir über das Thema sprechen.

Michael Kniepen
Sehr geehrte Frau Wehrbeauftragte, Herr Generalleutnant, sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich, dass ich Sie heute hier begrüßen darf. Zum zehnten Gespräch am Ehrenmal und begrüße Sie auch ganz herzlich im Namen meines Abteilungsleiters Doktor Wieck und meines Unterabteilungleiters Herr Freytag, der eigentlich jetzt hier hätte stehen sollen, den ich aber kurzfristig vertreten muss. Ganz besonders freue ich mich, dass Sie, Frau Wehrbeauftragte, sich die Zeit genommen haben, als Hüterin der Grundrechte unserer Soldatinnen und Soldaten sowie den Grundsätzen der Inneren Führung, findet die Truppe bei Ihnen Gehör. Mit Ihrer zugewandten Art und ihren klaren Worten, die Sie immer wieder finden, haben sie sich das Vertrauen der Soldatinnen und Soldaten erworben. Und auch die Herren auf dem Podium, Herr General, Hauptmann Matei, Herrn Schulze von Glaßer, möchte ich sehr herzlich begrüßen. Vielen Dank, dass Sie heute gekommen sind. Sie alle leisten auf den unterschiedlichsten Gebieten Ihren Beitrag, unser Leben in Freiheit und Sicherheit zu gewährleisten. Ich bin gespannt, hier und heute darüber mehr zu erfahren. Hier, das ist in diesem Fall das Gästekasino des Ministers. Normalerweise findet dieses Gesprächsformat im Raum der Information am Ehrenmal statt, das gerade eine Baustelle ist. Also diskutieren wir heute nicht unmittelbar umgeben von Geschichte, aber auch an diesem Ort wollen wir eine Debatte über die Wehrhaftigkeit unserer Gesellschaft nicht losgelöst von unserer Geschichte führen.
Schließlich prägt sie unsere Gesellschaft und unsere Bundeswehr bis heute. Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 wissen wir aber, die Zeiten haben sich gewandelt. Klar ist, unser gemeinsames Ziel ist es, in Frieden, Freiheit und Sicherheit zu leben. Heute und in Zukunft. Gleichzeitig werden teils erbitterte Debatten darüber geführt, wie wir dieses gemeinsame Ziel erreichen können.
Mit der Nationalen Sicherheitsstrategie hat sich die Bundesregierung klar positioniert. Ohne Sicherheit gibt es keine Freiheit. Und Sicherheit lässt sich nur gewährleisten, wenn wir uns als Gesellschaft wehrhaft, resilient und nachhaltig aufstellen. Dazu brauchen wir eine Bundeswehr, die unser Land im Bündnisfall verteidigen kann. Mit der Bereitstellung des Sondervermögens für die Bundeswehr wurde ein wichtiger und großer Schritt gemacht, um die Verteidigungsfähigkeit herzustellen.
Weitere Schritte sind notwendig, bei der Bundeswehr, aber auch beim Zusammenspiel zwischen Bundeswehr und Gesellschaft. Sicherheit und Verteidigung sind nämlich nicht in alleiniger Verantwortung der Bundeswehr, sondern eine gesamtstaatliche, ja sogar eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Hierzu müssen zivile und militärische, staatliche und gesellschaftliche Akteure eng und im besten Falle komplementär zusammenarbeiten. Diese Zusammenarbeit und das gegenseitige Verständnis füreinander soll uns heute Nachmittag beschäftigen.
Uns treibt dabei ganz besonders die Frage um, ob die Zeitenwende mit all ihren Implikationen wirklich bei den Bürgerinnen und Bürgern angekommen ist. Was meinen wir eigentlich, wenn wir von einer wehrhaften Gesellschaft sprechen? Oder ganz konkret, wie wirken sich die Reorganisation der Bundeswehr, die Einführung eines neuen Wehrdienstes, die Stationierung einer Brigade in Litauen, die Erarbeitung eines Operationsplans Deutschland, um nur einige Aspekte zu nennen, auf uns alle in Bundeswehr und Gesellschaft aus?
Was die Bedrohungswahrnehmungen anbelangt, zeigen die aktuellen Ergebnisse von Bevölkerungsumfragen, dass durchaus eine gestiegene Bedrohungsperzeption gegeben ist. So sind die Zustimmungswerte für die finanzielle und personelle Stärkung der Bundeswehr in der Gesellschaft sehr hoch. Auch die Einführung eines neuen Wehrdienstmodells wird gemäß mehrerer Umfrageergebnisse von einem großen Teil der Gesellschaft befürwortet oder als notwendig angesehen. Gleichzeitig gibt es auch Bürgerinnen und Bürger, die in den Maßnahmen der Zeitenwende ein großes Eskalationspotenzial sehen und befürchten, dass diese Maßnahmen eine Spirale in Gang setzen, welche die wahre Bedrohung ausmachen, ganz im Sinne einer einer self-fulfilling prophecy. Sie warnen vor einer Militarisierung der Gesellschaft, die mit einer Militarisierung der Sprache ihren Anfang nimmt. Wie aber Sicherheit und Verteidigung her- und sicherstellen, wenn die zumindest aus unserer Sicht aus Sicht des BMVgBundesministerium der Verteidigung erforderlichen Maßnahmen teilweise als der Gesellschaft nicht zumutbar betrachtet werden? Genau darüber wollen wir heute diskutieren. Denn zu dem, was wir schützen, unsere Freiheit, gehört die Freiheit zur eigenen Meinung, der Streit um die besten Lösungen und der Austausch von Argumenten, um zum Schluss den bestmöglichen Kompromiss zu finden. Das macht unsere Demokratie aus. In diesem Sinne freue ich mich auf eine kontroverse Diskussion. Dafür haben wir nun genau die richtigen Gesprächsteilnehmer auf dem Podium zu Gast. Wir möchten aus ihren jeweiligen Positionen neue Perspektiven und Impulse gewinnen. Und nun übergebe ich das Wort wieder an Fregattenkapitän Longen, dem ich ganz herzlich dafür danke, dass er erneut die Moderation des Gesprächs am Ehrenmal übernommen hat.
Vielen Dank!

Fregattenkapitän Longen 
Vielen Dank, Leiter des Referats Politik zwei eins im Bundesministerium der Verteidigung und damit herzlich willkommen zu den heutigen Gesprächen am Ehrenmal. Mehr als zweieinhalb Jahre nach der Zeitenwende herrscht immer noch Krieg in Europa. Nun findet die militärische Auseinandersetzung außerhalb des NATO-Gebiets statt. Viele stellen sich aber die Frage, bleibt das so? Und falls nicht, Sind wir als Bundeswehr überhaupt dazu in der Lage, Deutschland zu verteidigen?
Und inwieweit gilt das gilt das Mindset Landes- und Bündnisverteidigung auch für die deutsche Gesellschaft? Darüber wollen wir heute diskutieren mit unseren Gästen bei den Gesprächen am Ehrenmal am Bundesministerium der Verteidigung und freuen uns auf die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages. Einerseits ist sie damit die Anwältin aller Soldatinnen und Soldaten, andererseits aber auch die Schnittstelle zwischen Bundestag, Gesellschaft und der Bundeswehr. Damit herzlich willkommen, Dr. Eva Högl!

Högl
Einen schönen guten Tag!

Longen
Wir begrüßen den Befehlshaber des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr, der alle Einsätze der Bundeswehr im Inland verantwortet und zudem auch verantwortlich zeichnet für den O-Plan Deutschland. Zuerst einmal ein herzliches Willkommen, Generalleutnant Andre Bodemann. Schön, dass Sie bei uns sind.

Bodemann
Vielen Dank, dass ich bei Ihnen sein darf.

Longen
Unser nächster Gastargument dafür, die Bundeswehr aus Schulen zu verbannen, fordert die Bundesregierung dazu auf, sich intensiver für Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine einzusetzen. Ist politischer Geschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft Vereinigte Kriegsdienstgegner:innen und freier Journalist, Herzlich willkommen, Michael Schulze von Glaßer. Danke, dass Sie bei uns sind.
Das Podium komplettiert einen Jugendoffiziere, der neben seiner soldatischen Teilidentität, zudem erfolgreich seit mehreren Jahren als Content Creator wirkt. Er widmet sich der Sicherheitspolitik, aber auch den Trends und Lebensstilen der GenZ. Davon zeugen über 150000 Follower auf Tik Tok aus allen Generationen. Herzlich willkommen! Hauptmann David Matei.
Herr Schulze von Glaßer, schön dass Sie bei uns sind. Sie tragen regelmäßig auch dazu bei, dass wir das Thema kontrovers diskutieren und offenbar scheinen Sie andere Signale aus unserer Gesellschaft wahrzunehmen. Wenn Sie das mal mit Ihren Worten beschreiben würden Gibt es in Deutschland, was Sicherheit angeht, aus Ihrer Sicht Grund zur Sorge? Und welche Sorgen machen Sie sich?

Schulze von Glaßer 
Ja, vielen Dank für die Frage und vielen Dank erst mal auch für die Einladung. Ich denke natürlich wir leben in einer sehr gefährlichen Zeit. Allerdings, ich möchte auch nicht vom Thema abkommen dieser ganzen Veranstaltung, allerdings würde ich schon mal fragen, welchen Sicherheitsbegriff legen wir denn zugrunde, wenn wir die Menschen fragen, welche Sicherheit verspüren sie oder welche Unsicherheit verspüren sie?, dann hört man da natürlich auch zum Beispiel aktuell Angst vor zunehmender Armut, zum Beispiel auch vor dem Klimawandel, Klimakatastrophe, Ahrtal usw. und auch die Coronapandemie ist noch nicht lange vorbei. Und das sind ja auch sicherheitsrelevante Themen für die Bürgerinnen und Bürger. Aber dafür gibt es ja kein 100 Milliarden € Sondervermögen, sondern das gibt es dann nur für die Bundeswehr. Da wird halt viel in die militärische Sicherheit investiert. Das andere bleibt ein bisschen auf der Strecke. Und wir sehen ja leider gerade in Thüringen und Sachsen zu was das eben führen kann. Wenn man sich da auch mal die Wahlanalysen ansieht, dass eben vor allen Dingen auch Menschen mit niedrigen Einkommen, die eben eher in sozialen Notlagen sicherlich auch sind, dann eben auch extrem rechte Parteien wählen. Von daher würde ich immer sagen okay, wir bräuchten eine Debatte über Sicherheit, Sicherheitspolitik. Die muss aber eben breit gefasst sein. Die darf sich nicht nur aufs Militär beschränken, weil man auch sieht, okay, wenn so viel fürs Militär ausgegeben wird, dann haben andere Bereiche eben kein Geld mehr zur Verfügung. Da muss man ja schon sagen, man kann auch den Euro nur einmal ausgeben. Und das ist natürlich dann sehr schwierig. Da sagen wir halt, da würden wir uns eine Debatte wünschen, damit das Geld vielleicht mal auch in andere sicherheitspolitisch relevante Bereiche für die Menschen investiert wird.

Longen
Jetzt waren Sie heute mit dem Zug von Kassel nach Berlin unterwegs und hatten ja mit Sicherheit auch Zeit, sich Gedanken zu machen, sich auf dieses Podium vorzubereiten, wo es ja insbesondere um den nationalen Sicherheitsbegriff geht, um das so ein Stück weit einzuframen. Machen Sie sich keine Gedanken darüber, dass wir jetzt gerade einen Angriffskrieg in Europa haben.

Michael Schulze von Glaßer 
Doch natürlich mache ich mir sehr viele Gedanken darüber. Und zum Beispiel wir als Deutsche Friedensgesellschaft, wir verurteilen ja auch klar den russischen Angriffskrieg. Ich sage das jetzt hier extra mal, weil ich oft merke, dass Friedensbewegung wird so als eine homogene Masse wahrgenommen. Also das ist bei uns schon sehr klar, dass Russland und Putin sehr gefährlich sind zum Beispiel.
Allerdings, auch da würde ich mir mehr Analysen wünschen. Ich sehe ja, dass Russland sich gerade an der Ukraine die Zähne ausbeißt. Also sehe ich nicht, dass sie gerade einen Großangriff auf das NATO-Territorium starten. Und ehrlich gesagt muss ich auch sehen, wenn es eine direkte Konfrontation zwischen NATO und Russland gibt, dann fürchte ich, dass die sehr schnell atomar werden könnte und dann nützen einem auch alle Drohnen usw., die man gerade schon angeschafft hat, relativ wenig. Ich glaube, dann ist eh sehr viel verloren. Deswegen setzen wir eben eher, sagen wir okay, also super schwierig. Aber ich denke, es muss verhandelt werden und wir brauchen natürlich mehr Diplomatie und internationale Verträge. Wir reden ja gerade auch viel über neue Mittelstreckenwaffen in Deutschland, in Europa, und das ist ja eine Folge daraus, dass der INFIntermediate Range Nuclear Forces-Vertrag gekündigt wurde, erst von USAUnited States of America, dann aber auch von Russland oder so, aber da gab es ja internationale Verträge, die für Sicherheit gesorgt haben. Die gibt es jetzt nicht mehr. Jetzt werden wieder Raketen stationiert von USAUnited States of America, aber auch von Russland in Belarus. Und so weiter. Das ist auch eine zunehmende Bedrohungslage.

Longen
Hauptmann Matei, sie sitzen als Jugendoffiziere und auch auf Social Media, auf Schnittstellen zwischen Bundeswehr und Gesellschaft. Wo haben Sie denn erst mal für sich in Ihrer Tätigkeit wahrgenommen, dass junge Menschen auf Sie zukommen und sagen, oh, hallo, hier ist ja was mit der Sicherheit etwas anders als noch vor ein paar Wochen oder Monaten.

Hauptmann David Matei
Es war März 2022, direkt nach Kriegsbeginn und ich war gerade an einer weiterführenden Schule in Stuttgart und Fahr mit meinem Dienst-KfzKraftfahrzeug auf dem Pausenhof rein. Und es war gerade die Zeit, als wir in Deutschland den Sahara-Feinstaub haben. Dadurch, dass dieses KFZKraftfahrzeug immer besonders häufig reinigen muss. Und es war gerade dieser Höhepunkt, so dass es alles so ein bisschen neblig diesig, aber nicht so normal, sondern so rötlich schimmernd hatte. Und ich stehe dann so auf dem Parkplatz, weil Parken in Stuttgart schwierig ist, mitten auf dem Schulhof.
Es war gerade große Pause und dann kommt ein Jugendlicher mir entgegengerannt, fast schon panisch. Ich konnte es gar nicht beurteilen. Es stellt sich raus, das war einer von denen, zu denen ich dann gleich in die Schulklasse gehen würde. Und er ruft Herr Offizier, sieht mein Auto, da steht auf der Seite eben Bundeswehr drauf, 
Y-Kennzeichen, Herr Offizier, hat Putin den roten Knopf gedrückt und ich so ein bisschen überfordert, weil Zeitdruck und die ganze Situation, was will er denn jetzt von mir? Ja, dieser rote Nebel ist die Folge von irgendeinem Fallout oder einer Atomrakete, die auf Deutschland oder auf Europa geschossen wird. Und da haben wir jetzt hier die die Folgen davon. Da kann ich ihn gleich trösten und sagen Sahara-Feinstaub. Danach war ich dann auch bei ihm in der Klasse und habe darüber mit den Schülern diskutiert und gesprochen. Und da war mir zum Ersten Mal bewusst, das war so meine persönliche Zeitenwende. Da hatten wir auch in den Medien grad überall die Sprache des Kalten Krieges, Social Media war, voll. Du hattest Videos, wo Bomben auf Berlin geschmissen wurden, und das haben die jungen Menschen nicht verstanden. Da waren Fragen und da habe ich gemerkt, da ist Bedarf und auch eine Notwendigkeit, darüber zu sprechen. Und deswegen hatten wir ja auch in diesem Jahr Höhepunkt an Einsätzen, maximal in der Historie der Jugendoffiziere, um dort eben aufzuklären und zu erklären, was da passiert.

Longen
Wenn sie mit ihren Vorträgen durch sind, in Anführungszeichen und die Klassen wieder verlassen. Was für ein Gefühl hinterlassen Sie denn da, dass man sich nicht so viel Sorgen machen muss oder dass die Lage doch sehr angespannt ist?

Matei 
Na, das ist unterschiedlich. Einmal Ich bin natürlich beschränkt, auf was ich hier sage, beschränkt auf meinen Einsatzort Baden-Württemberg. Und dort haben wir dann am Land andere Schulen. Ist dann auch wieder eine Brennpunktschule Werksrealschule, Realschule im Herzen von Stuttgart ist dann auch wieder was anderes. Aber ich sehe auf jeden Fall, dass die Leute Fragen haben. Deswegen ende ich die Vorträge auch,
Vorträge ist schon das falsche Wort, das gemeinsame Gespräch und Diskussion. Aber wir hören 60 Minuten früher auf, weil dann schon 30 Minuten nur Frage und Antwort ist, Und das größte Lob dann auch für mich, aber auch Zeichen der Zeit ist, wenn die Schüler dann, obwohl 13:00 und draußen der Bus nicht wartet, dann noch länger dableiben und Fragen stellen und diskutieren. Könnte man das nicht anders? Und wäre das nicht auch eine Möglichkeit?

Longen
So viel zum Stimmungsbarometer an den Schulen in Baden-Württemberg. Frau Wehrbeauftragte, Sie kennen das Stimmungsbarometer in den Streitkräften. Wir haben schon gehört, dass es unterschiedliche Wahrnehmung von Bedrohungen gibt. Und wenn Sie jeweils auf einer Skala von 1 bis 10 darstellen könnten, wie gut ist denn das neue Mindset infolge der Zeitenwende in der Truppe angekommen?
Und wie sehr sind wir als Bundeswehr Ihrer Meinung nach für mögliche Konflikte gewappnet, die sich viele gar nicht auszumalen trauen?

 

Högl 
Herzlichen Dank, Herr Kapitän, für die Frage. Ich möchte aber trotzdem, bevor ich darauf antworte, sagen, wie großartig ich das Engagement unserer Jugendoffiziere und Offiziere finde. Aus Überzeugung und von ganzem Herzen. Ich finde, das ist ein ganz wichtiger Beitrag. Und Ihre Wortmeldung hat das gezeigt, um Ängste zu nehmen, um aufzuklären und um angemessen auf die Lage zu reagieren. Und dafür möchte ich an dieser Stelle mal ganz herzlich Danke sagen. Das weiß ich sehr zu schätzen. Ja, das Stimmungsbarometer in der Truppe, ich will sagen zehn für die Truppe vollständig vorbereitet. Kein Mindsetproblem, da können wir gleich bestimmt kräftig drüber diskutieren. Aber mein Eindruck ist unsere Soldatinnen und Soldaten wissen alle, wie die Lage ist und worum es geht und was ihr Auftrag ist. Deswegen sehe ich überhaupt kein Mindsetproblem bei der Truppe. Ich sehe aber ein Problem, und das ist ja der zweite Teil Ihrer Frage, sind wir wirklich schon vollständig einsatzbereit? 100 % verteidigungsfähig, Kaltstart fähig? Der Minister sagt 
kriegstüchtig und das mache ich nicht fest an den einzelnen Soldatinnen und Soldaten und ihrer Bereitschaft, ihrer Ausbildung, der Übung, der Einsatzbereitschaft und der personellen Einsatzbereitschaft auch, sondern das mache ich fest an den Rahmenbedingungen und das Wissen Sie ja auch alle von mir, meine Damen und Herren, dass ich da natürlich ein kritisches Auge drauf habe. Unserer Truppe fehlt es an Material, und zwar in entscheidenden Bereichen. Auch unserer Truppe fehlt es an Personal. Wir haben ja gegenwärtig eine intensive, ausführliche Diskussion darüber, wie wir es schaffen, überhaupt genügend Personal zur Bundeswehr zu bekommen. Da geht es um Personalgewinnung, aber auch Personalbindung. Dass wir die exzellenten Soldatinnen und Soldaten auch nicht ziehen lassen, sondern behalten. Und das Dritte ist der Zustand der Kasernen und da muss ich Ihnen auch sagen, da sehe ich viel Elend bei meinen Truppen besuchen. Und deswegen würde ich erst mal sagen, ne fünf war auf der Skala von 1 bis 10 bei der Frage, ob wir wirklich schon vollständig einsatzbereit sind. Da ist noch viel zu tun. Und wenn der Minister das Ziel ausgegeben hat, 2029 aufgrund der Lage in der wir sind, dann würde ich sagen, das muss jetzt in den nächsten Jahren richtig flott gehen und da ist noch viel zu tun.

Longen
Herr General Bodemann, wenn es um die nationale Verteidigungsfähigkeit geht, kommen Sie ja ins Spiel. Den Operations-Plan Deutschland ziert ja der Leitspruch Deutschland gemeinsam verteidigen. Das funktioniert also nicht alleine. Die Bundeswehr braucht also starke Partner und vor allen Dingen auch eine Gesellschaft, die Verständnis aufbringt und mitzieht. Wo stehen wir denn da aus Ihrer Sicht?

Bodemann
Ja, vielen Dank für die Frage. Aber auch ich möchte etwas vorwegschicken. Sie haben sich eine kontroverse Diskussion gewünscht. Nach der ersten Runde muss ich feststellen, ich befürchte, dass es gar nicht so kontrovers geht, weil die von Herrn Schulze von Glaßer angesprochenen Dinge berühren nunmal die Menschen und die sind belastet, vielleicht auch überlastet. Seit etlichen Jahren, beginnend in einer Finanzkrise, Corona, die Klimaveränderung, Naturkatastrophen. Wir waren am vergangenen Wochenende gerade wieder am Brocken im Einsatz und haben Feuer gelöscht mit CA53 Hubschraubern der Bundeswehr, um zu unterstützen die zivile Seite. Und insofern bin ich der Auffassung auch, dass man nicht nur Geld in die Bundeswehr stecken muss, sondern auch, dass Katastrophenschutz der Länder als auch Zivilschutz des Bundes Steigerungsbedarf hat und dass auch dort Gelder fließen müssen. Jetzt aber zu Ihrer Frage, die Bedrohungslage ist nun mal so aus meiner Sicht, dass wir uns zum Glück Deutschland noch nicht im Krieg befinden, aber eben schon lange nicht mehr im Frieden sind, weil wir bedroht werden durch verschiedenste Arten und zwar jetzt, hier und heute, durch Desinformation, Fakenews, Cyberbedrohungen, durch Ausspähung und am Ende auch durch Sabotage, ohne dass überhaupt militärische Mittel eingesetzt werden. Und um uns davor zu schützen und das ist nicht nur eine Bedrohungssituation Russlands. Und am Ende ist das nicht völlig egal. Aber wer der Aggressor ist, ist das Russland oder China? Ist es der Linksterrorismus? Ist es Rechtsterrorismus? Ist es organisierte Kriminalität? Wir müssen auf die Effekte schauen, die Effekte, die uns bedrohen. Ob der Cyberangriff aus Russland kommt oder aus einer Terrororganisation oder organisierte Kriminalität ist, ist völlig egal und deswegen müssen wir es davor schützen. Das sind die Bedrohungen, die gehen nur gesamtstaatlicher. Alle Ressorts müssen dort mitwirken. Die Bundeswehr allein wird das nicht schaffen können. So wie wir über Artikel 35 die zivile Seite unterstützen, brauchen wir in einem solchen Fall die Unterstützung von der zivilen Seite für das Militär. Wir brauchen auch die Länder, weil in einer solchen Phase zwischen null und eins, zwischen Frieden und Krieg in dieser hybriden Phase die Länder als noch viel Hoheiten das Sagen haben. 
Deswegen haben wir sie für den Operationsplan Deutschland auch sehr, sehr früh einbezogen. Und am Ende brauchen wir Organisation. Wir brauchen die Industrie, die Wirtschaft, DBDeutsche Bahn Cargo, DBDeutsche Bahn Sicherheit, die Telekom etc., etc. Und das Ganze ist am Ende nicht nur gesamt staatlich, sondern gesamtgesellschaftlich, weil wir Menschen leider zu den Krisen und Bedrohungen, die am Anfang ausgeführt haben, jetzt auch noch einen Krieg haben. Und wir müssen den Menschen sagen, jetzt habt ihr Corona überstanden, aber jetzt ist ein Krieg in Europa und es droht hier auch ein Krieg an der NATO Ostflanke zu entstehen. Und da muss ich vielleicht einmal nicht widersprechen, aber etwas einfügen, dass Russland mit ihrer Rekonstruktion der Streitkräfte nicht nur das zu ersetzen versucht, was jetzt in der Ukrainekrieg verloren gegangen ist, sondern Russland rüstet mächtig auf, um ein Potenzial zu schaffen, um Deutschland oder die NATO zu bedrohen. Und dagegen müssen wir uns auch wappnen.

Longen
Herr General, wenn wir noch kurz in unserer Gesellschaft bleiben wollen, es gibt ja seitens der Menschen häufig auch das Bedürfnis, immer einen Experten zu haben. Und wenn nun mal Krieg in Europa herrscht, wünscht man sich jemand, vielleicht auch in Uniform, der einem das zumindest mal erklärt und nachvollziehbar macht. Wie weit ist denn aus Ihrer Wahrnehmung es jetzt auch leichter, mit Ihren politischen Gegenstücken in Anführungszeichen zu sprechen, ins Gespräch zu kommen, um dann tatsächlich auch zum Gesamtprojekt der Landesverteidigung beizutragen? Sind Sie da lieber gesehener Gast als vorher oder wie darf man sich das vorstellen?

Bodemann
Ob wir, das weiß ich nicht. Aber auf jeden Fall bin ich häufig eingeladen und habe auch die Freigabe durch den Minister und durch den Generalinspekteur. Das war nicht immer so, tatsächlich auch in meiner Funktion, Vorträge zu halten, Interviews zu geben oder auch im Fernsehen aufzutreten. Ich meine, wenn ein Kulturmagazin, Titel, Thesen und Temperamente sich für Operationsplan Deutschland und Gesamtverteidigung für eine wehrhafte Demokratie interessiert, dann ist das etwas.
Ich glaube auch, wie hier in dieser Zusammensetzung heute, es geht nicht darum, dass wir alle mit der gleichen Meinung rausgehen, sondern dass wir über das Thema sprechen und dass wir die unterschiedlichen Positionen vertreten. Ich bin viel unterwegs, nehme fast jede Vortragsveranstaltungen an, wenn es möglich ist und versuche ins Gespräch zu kommen, weil ich auch daraus eine Menge ziehe. Für den Weiterbau des Operationsbasis Deutschland.


Longen
Herr Schulze von Glaßer, Sie haben gerade den nationalen territorialen Befehlshaber gehört. Im Grundgesetz steht im Artikel 87a Absatz eins, dass der Bund Streitkräfte zur Verteidigung aufstellt. Wo fängt das für Sie an und wo hört das auf, wenn es um die Daseinsberechtigung der Bundeswehr geht?

Schulze von Glaßer 
Also natürlich vertreten wir als Organisation und vertrete ich auch die Utopie, dass es am besten und wahrscheinlich sind wir uns da vielleicht am Ende sogar einig, eine Utopie. Irgendwann sollte es am besten mal gar keine mehr, gar kein Militär mehr gegen gar keine Streitkräfte geben. Das werden wir aber nicht erleben. Wahrscheinlich unsere Kinder, Enkelkinder. Und so weiter auch nicht. Aber das muss natürlich erst mal das Ziel sein. Wir würden oder ich würde mir natürlich erst mal wünschen, wenn überhaupt erst mal wieder auf die Landesverteidigung geschaut wird. Wir hatten ja lange Zeit eine Armee, die auch für Auslandseinsätze fit gemacht wurde, Afghanistan und Mali und Niger und was nicht alles gescheitert ist, auch in letzter Zeit. Also von daher, das wäre schon mal etwas, was wir gut finden. Aber natürlich, wie schon betont, würden wir eben ganz andere Mittel uns wünschen, dass eben ganz andere Mittel auch in der Sicherheitspolitik gestärkt würden, wie eben Diplomatie, zum Beispiel, dass mehr miteinander geredet wird. Allerdings möchte ich auch noch mal kurz einhaken. Ich finde, hier kam gerade so ein bisschen rüber. Ja, es soll sich doch bitte alles so ein bisschen dem Militär unterordnen. Jetzt sollen die Jugendoffiziere sollen jetzt bitte den Schülerinnen und Schülern in der Schule erklären, warum das jetzt alles total wichtig ist mit der Aufrüstung usw. Das finde ich ehrlich gesagt schon muss ich sagen ziemlich kritisch, auch aus einer 
demokratietheoretischen Sicht, weil sie haben ich glaube knapp 90 hauptamtliche Jugendoffiziere zum Beispiel. Sie haben wahnsinnig viele Mittel, sie haben zwei riesige YouTube Kanäle und weiter Sie können wahnsinnig Einfluss nehmen auf die Gesellschaft und Gruppen mit anderer Meinung, wie zum Beispiel mein Verband hat natürlich gar nicht diese Mittel, ja und haben gar nicht so die Möglichkeit, sich so breit auch ihre Meinung darzustellen. Und das ist schon schwierig. Also mein Bundeshaushalt von meiner Organisation ist so viel wie Sie für Werbepizzakartons ausgeben im Jahr. Da habe ich ein bisschen Sorge manchmal ehrlich gesagt, dass das Militär einfach wahnsinnig dominiert und dann ja sozusagen sich dadurch auch wahnsinnig selbst legitimiert und eben gar keine kritische Auseinandersetzung mehr stattfinden kann.

Longen
Also ich gehe mal davon aus, dass uns alle, die wir jetzt hier auf dem Podium sitzen und auch die im Publikum mit dabei sind, dass uns da eint, dass wir gerne in Frieden und in Selbstbestimmung leben können. Auf der anderen Seite, wenn alle abrüsten und dass nimmt jemand einen Stein in die Hand, ist er im Grunde allen überlegen.
Wie soll man denn da reagieren, wenn man weiterhin gewissermaßen nicht zu verteidigungsfähigen Mittel greift?

Schulze von Glaßer
Ja, ich meine, das sind natürlich lange, langwierige Prozesse, aber ich glaube, wir würden uns doch alle sicherer fühlen, wenn wir wüssten, dass erst mal erst mal keiner einen Stein in der Tasche hat.


Longen
Die liegen da so rum.

Schulze von Glaßer
Ja, natürlich. Aber wir müssen natürlich auch die Macht über die Rüstungsindustrie zum Beispiel sprechen. Und ich meine, es gab ja Abrüstungsverträge lange Zeit und es gibt ja sogar noch Abrüstungsverträge oder die das ein bisschen eindämmen. Aber gerade bewegen wir uns in eine vollkommen falsche Richtung wieder der Aufrüstung und wo solche Abrüstungsverträge eben auch von Russland, also was die deutlich sagen natürlich wirklich dann nicht eingehalten werden, aber zum Beispiel vom UNUnited Nations-Atomwaffenverbot. Ein Vertrag liegt auf dem Tisch. Wir von meiner Organisation sind sehr aktiv in der ganzen Debatte um autonome Waffensysteme, wo ja auch immer wieder zur Debatte steht, ob es da nicht mal ein Verbotsvertrag geben könnte. Und so weiter. Und da sehe ich nicht, dass die Bundesregierung da zum Beispiel sehr hinterher ist, so was voranzutreiben, sondern bremst da immer eher und weigert sich ja zum Beispiel auch den und UNUnited Nations-Atomwaffenverbotsvertrag aktuell noch zu unterzeichnen. Also von daher, gerade geht es unserer Meinung nach in einer sehr falschen Richtung.

Longen
Es gibt schon die ersten nonverbalen Reaktionen aus dem Publikum. Das ist gut. Also auch Sie sind herzlich dazu eingeladen, sich mit Fragen zu beteiligen und sich vorzubereiten. Frau Weber.

Frau Weber - Publikum
Sagen wir, wir sollen ja auch kontrovers diskutieren und deswegen würde ich ganz gerne einen Beitrag leisten und dass nicht so unkommentiert stehen lassen. Erst mal möchte ich noch mal sagen, dass es bei den Jugendoffiziere, die ich bewusst gelobt habe, nicht darum geht, entweder Werbemaßnahmen in den Schulen für die Bundeswehr oder staatlich finanziert irgendwelche Meinungsbildung zu machen, sondern es geht darum, ganz offen im Übrigen umrahmt durch ein gutes pädagogisches Konzept über Krieg und Frieden zu diskutieren.
Und das ist ein Gebot der Zeit, dass wir mit jungen Leuten und Herr Hauptmann Matei hat das ja eben als Einstieg in unsere Diskussion auch dargelegt, wie sich das zum Beispiel darstellt in der Schule, mit jungen Leuten sehr frühzeitig über Krieg und Frieden diskutieren und uns eint, dass wir im Frieden leben wollen und welchen Beitrag zum Beispiel die Bundeswehr dazu leisten kann, dass unsere Freiheit und unser Frieden gesichert ist. Sowas, finde ich, gehört in die Schulen, das gehört in die Schulen, damit müssen junge Leute sich auseinandersetzen. Und das ist im Übrigen meiner Meinung nach auch ein wichtiger Beitrag für die Gesamtverteidigung, dass wir so früh wie möglich und so kritisch wie möglich, wir haben in unserer Gesellschaft ja viele Positionen zum Thema Krieg und Frieden und das muss auch so sein. Übrigens auch zur Rolle von Soldatinnen und Soldaten, zur Aufgabe der Bundeswehr. Das muss lebendig diskutiert werden. Aber ich fände es falsch, wenn wir sagen würden davon lassen wir Schulen frei. Es gehört in die Schulen. Junge Leute müssen sich damit auseinandersetzen.

Matei
Ich begrüße jeden Akteur, der sicherheitspolitischen Dialog wieder in die Gesellschaft bringen möchte. Gleichzeitig sehe es für die Bundeswehr auch historisch als besondere Verantwortung, Verpflichtung für uns sogar, raus an die Gesellschaft zu gehen. Sie sprachen von Demokratie gefährdend oder schwierig im Rahmen der Demokratie. Ich sehe das von einer ganz anderen Seite als Parlamentsarmee ist es sogar eher unsere Pflicht, darüber aufzuklären. Das hat das Verfassungsgericht auch klar geurteilt, dass wir erklären, was passiert dort mit eurem Geld? Was machen die dort oben in Berlin? Was könnte man machen? Und wie Frau Wehrbeauftragte gesagt hat, uns unterliegen die gleichen Dienstpflichten wie Lehrkräfte. Beutelsbacher Konsens, dass wir das kontrovers diskutieren, dort keine Meinungen überstülpen. Und dafür ist auch die Lehrkraft weiterhin da und hält die Führung oder die Leitung des Unterrichts, um das dann dementsprechend mit uns als Unterstützung kontrovers darzustellen.

Longen
Herr Schulze von Glaßer

Schulze von Glaßer 
Es gibt dieses Urteil vom Bundesverfassungsgericht, dass die Bundeswehr informieren muss. Das ist ja auch vollkommen klar und vollkommen richtig. Natürlich, die Bevölkerung muss wissen, was die Bundeswehr macht. Problem ist natürlich, wann geht das Ganze in Werbung über? Wann hören zum Beispiel, wann wird zum Beispiel nicht mehr kritisch informiert. Also man kann ja sagen, es muss informiert werden. Die Bevölkerung muss sich ein eigenes Bild bilden können, über Einsätze zum Beispiel. Und deswegen muss aber auch dann voll umfänglich diese Informationen bereitgestellt werden. Und um ein Beispiel zu nennen, gibt es bis heute keine öffentlichen Bilder von dem in Mali abgestürzten Tiger Hubschrauber. Ja, und die hat die Bundeswehr ja und zum Beispiel so was könnte natürlich auch eine öffentliche Meinung beeinflussen und finde ich, gehört zu Informationen dazu. Aber hat die Bundeswehr nie herausgegeben und so was finde ich dann kritisch. Und eben, wie schon betont, auch diese ganze, ja einfach der Einsatz von Geld und dass die Bundeswehr eben hat in dieser Masse, in der sie auch junge Menschen gerade tangieren kann. Und da ist natürlich auch die Jugend, auch die Jugendoffiziere. Zu 99 Hauptamtliche. Auch gibt es, glaube ich, die an die Schulen gehen, die, ich sage mal Friedensbewegung hat da nicht so viele Hauptamtliche. Also das ist ja nur eine Handvoll bundesweit, die eben auch zum Beispiel keine Kooperationsabkommen bis auf in Baden-Württemberg haben mit dem Kultusministerium. Aber da ist ja natürlich erst mal ein Ungleichgewicht. Ich weiß nicht, bei wie viel Veranstaltungen sie waren, wo zum Beispiel auch mal Gegenpart eingeladen ist, dann auch gleich mit Ihnen dabei.

Matei
Sie sprechen es an, Herr von Glaßer. Wir haben vor einem halben Jahr bereits miteinander darüber diskutiert und ich bin, weiterhin begrüße ich, wie ehrgeizig Sie da bei der Sache dabei sind und von diesen Farben reden und dementsprechend würde ich meine Einladung noch mal neu aussprechen oder oder verlängern. Vor einem halben Jahr hätte ich Sie eingeladen, gerne mal in so einem Unterricht mitzukommen. Dann können Sie sich das anschauen, da Sie ja so schon ein bisschen kritisieren und infrage stellen, ob wir nicht irgendwie heimlich werben. Und da würde ich ja, bevor Sie damit weitermachen, würde ich Sie bitten, meiner Einladung nachzukommen und sich das gerne mal anzuschauen.

Schulze von Glaßer
Das mache ich gerne mal, aber ich kenne das zum Beispiel auch, das Handbuch der Jugendoffiziere. Ich weiß nicht, ob ich die letzte Version habe, muss ich zugeben, aber zumindest gab es die eine Version, wo immer dran steht, dass natürlich Jugendoffiziere an den Aussagen des Verteidigungsministeriums usw. gebunden sind und ich mir natürlich nicht vorstellen kann, dass das sie natürlich jetzt, da sage ich mal die Meinung eines Verbandes jetzt einfach wiedergeben, zumindest nicht in der Ausführlichkeit. Sie sind eben schon auf der einen Seite eben zugehörig und zu einer wirklich kontroversen Meinungsbildung für Schülerinnen und Schüler wird es schon sehen. Okay, dann ist da jemand von der Bundeswehr, aber ist dann eben wirklich noch ein Gegenpart, zum Beispiel aus Friedensorganisationen, die das aber eben allein finanziell nicht aufbringen können, oder? Da gibt es eben gar nicht so viele, die sich das leisten können, zum Beispiel an die Schulen zu gehen.

Bodemann
Ich darf noch mal die rhetorische Frage stellen, was uns ein Foto, ein Bild von einem abgestürzten Hubschrauber bietet. Ich finde es schon schlimm genug, dass wir auch zivile Unfälle ständig im Netz sehen, weil Leute das fotografieren, ob das nun ein Bundeswehr-Hubschrauber ist, ein ziviles Fahrzeug, ein ziviler Hubschrauber, wir haben da auch Unfälle. Das hilft uns gar nichts. Wir wollen nichts mit vertuschen.
Es geht auch darum, dass man jetzt nicht alles ins Netz stellt, was auch Persönlichkeitsrechte betrifft. Dass ein Hubschrauber abgestürzt ist, egal ob Bundeswehr oder nicht, ist tragisch, ist schlimm. Und ich verstehe da die Frage ehrlich gesagt nicht.

Longen
Lassen Sie uns das Thema noch mal weiten. Und es gab auch die erste Meldung aus dem Publikum.

Herr Thiessen, Journalist aus dem BMIBundesministerium des Innern, Pastor 
Ich sage das deswegen, weil nämlich ich glaube, wir müssen hier keinen, sozusagen keine Scheinwidersprüche aufstellen. Wir sind uns, sage ich jetzt einmal in einem einig, die Gesellschaft muss darüber nachdenken, welche Werte wir verteidigen wollen und auf welche Art und Weise wir das tun. Es fliegt uns ja an vielen Bereichen gesellschaftlicher Konsens um die Ohren. Das liegt übrigens auch daran, dass Menschen sich ausgegrenzt fühlen, dass wir mit Minderheiten nicht besonders inklusiv umgehen, dass Menschen in Armut sind. Das sind gesellschaftliche Phänomene. Und das Spannende daran ist, wenn wir nicht wie der Jugendoffizier ganz sicher nicht bewusst gesagt hat, raus in die Gesellschaft gehen, als sei die Gesellschaft etwas anderes als wir Uniformierten oder Sie Uniformierte. Wir sind ja integraler Bestandteil einer selbstreflexiven Gesellschaft, bei der man übrigens auch die doofsten Sachen sagen darf, wenn sie sich an Normen und Recht halten. Das ist glaube ich, das Wesentliche. Die Diskussion, die wir in Deutschland jetzt aufgrund von Krieg führen, damit ende ich, ist eine die uns darauf zurückwirft, dass wir zu wenig über unsere Werte reden, die wir wirklich auf viele Art und Weise verteidigen müssen, nämlich auch indem wir abgeben, zum Beispiel abgeben, Verantwortung an andere, aber eben auch Materialität abgeben. Und das tut in diesem Land wahnsinnig weh. Und ich glaube, die Diskussion auf diese Ebene zu führen, macht es etwas leichter, nicht falsche Gegensätze zu konstruieren.

Longen
Lassen Sie uns beim Thema Verantwortung bleiben und übergehen zu einer Debatte, die tatsächlich auch im Zusammenhang mit der Zeitenwende wieder neuen Zulauf erfahren hat. Die Debatte um einen wie auch immer gearteten Wehrdienst in Deutschland. Jetzt ist nun mal ein wenig Ruhe reingekommen, zumindest aus meiner Wahrnehmung. Frau Wehrbeauftragte, welche Signale nehmen Sie denn momentan noch wahr, was diese Debatte tatsächlich anbetrifft?


Högl 
Also ich gehöre zu denjenigen, die hoffen, dass da wieder Schwung in die Debatte kommt. Und der Minister hat ja angekündigt, sein Konzept auch vorzustellen. Und ich wünsche mir dazu natürlich eine lebendige Debatte in unserer Gesellschaft im Deutschen Bundestag. In der Bundesregierung wird ja auch lebendig diskutiert, wie wir hören. Und ich gehöre zu denjenigen, die sehr befürworten, dass wir uns dieser Idee nähern. Ich finde es gut, was unser Bundespräsident vorträgt, nämlich über etwas nachzudenken wie ein Jahr für die Gesellschaft. Dass jeder, Frauen, Männer, alle gleichermaßen, alle Geschlechter ein Jahr lang sich in unserer Gesellschaft engagieren, im sozialen Bereich, im Umweltbereich, im Kulturbereich, bei Blaulichtorganisationen und eben auch bei der Bundeswehr. Ich gehöre nicht zu denjenigen, die die alte Wehrpflicht zurückhaben wollen. Das halte ich für nicht zeitgemäß, einen ganzen Jahrgang junger Männer einzuziehen. Ich fände es gut, wenn wir, wie gesagt, den Blickwinkel öffnen in Richtung aller Geschlechter. Und die Bundeswehr wäre im Übrigen auch völlig überfordert, wenn wir jetzt einen ganzen Jahrgang junger Männer wieder einziehen. Wir haben die Ausrüstung nicht, darüber sprach ich bereits. Wir haben die Kasernen nicht, die Stuben nicht, wir haben auch die Ausbilder und Ausbilderinnen nicht. Das würde die Bundeswehr überfordern. Aber der Minister blickt ja nach Schweden und so etwas wie in Schweden, eine Auswahl Wehrpflicht auf der Basis von Eignung und Freiwilligkeit. Nicht einen ganzen Jahrgang, alle Geschlechter, das sagte ich schon. So was finde ich sehr gut. Und ich glaube, das wäre auch ein wichtiger Beitrag zu unserer Gesamtverteidigung und wäre ein guter Schritt auch dahin, der Gesellschaft deutlich zu machen, dass die Verteidigung unserer Werte, um da noch mal drauf zurückzukommen nicht nur eine Angelegenheit der Bundeswehr ist, sondern der gesamten Gesellschaft.

Longen
General Bodemann, Inwieweit berücksichtigen Sie denn den Wehrdienst, in welcher Form er auch immer, jetzt ausgestaltet werden kann in Ihren Planungen, spielt das eine Rolle?

Bodemann
Also ich bin nicht derjenige, der eine Wehrform fordert. Ich habe dazu meine Meinung, die Sie auch gerne hören können, sondern ich bin derjenige, der Bedarf aufstellt. Und wir haben einen Bedarf, weil ich weiß, dass in einem möglichen Krisen- oder Kriegsfall die aktive Truppe der Bundeswehr von der NATO doch eher an der Ostflanke an der NATO Ostflanke sein wird. Das bedeutet, ich muss im Wesentlichen zurückgreifen, nicht nur auf eine maximale zivile Leistungserbringung, sondern eben auch auf die Reserve. Und da spielt der Heimatschutz eine ganz besondere Rolle in der Sicherung von kritischen, verteidigungswichtigen Infrastrukturen und über eine der Wehrform wie die Wehrpflicht, nicht die Wehrpflicht der 80er und 90er Jahre, die ich selber noch auch als Wehrpflichtiger in die Streitkräfte eingetreten bin, sondern in einer anderen Form. Das würde helfen, eine durchhalte und aufwuchsfähige Armee zu generieren. Für diesen Fall aber eben auch nicht nur eine Armee, sondern ich sagte gesamtstaatlich, sondern eben auch THW, Feuerwehr, Rotes Kreuz und andere Organisationen aufwachsen zu lassen. Und wir haben im Übrigen mal mit Organisationen uns abgestimmt und am Anfang haben ja alle gesagt, sie haben da kein Problem. Doch etwa 30 % der Menschen in Organisationen sind doppelt oder mehrfach assigniert. Die sind bei der Freiwilligen Feuerwehr, sind beim THW, beim DLRG und eben im Schützenverein auch noch Reservisten bei der Bundeswehr. Und da müssen wir uns ehrlich machen wer muss wohin und wer gehört wohin? Und deswegen ist das für mich, was Reserve angeht, eine besondere Rolle. Und jetzt noch mal zu dem Ansinnen des Ministers. Ich hatte ja seinerzeit der Wehrpflicht zu folgen. Oder ich hätte aus Gewissensgründen verweigern müssen. Und ich habe Anerkennung, Hochachtung vor denen, die das damals getan haben, als in der Altenpflege tätig waren. Ich habe mich für den Wehrdienst entschieden, aber ich habe mich damit auseinandergesetzt und das ist genau das, was der Minister will. Durch den Fragebogen, dass sich Menschen damit auseinandersetzen. Gehst du zu den Streitkräften oder engagierst du dich in Deutschland an anderer Stelle? Und das finde ich gut.

Longen
Wir haben die nächste Frage aus dem Publikum. Wenn Sie sich noch mal kurz vorstellen können

Klaus Beck - Publikum
Mein Name ist Klaus Beck, ich bin im Beirat Innere Führung, vertrete dort den Deutschen Gewerkschaftsbund. Ich würde gerne, dass wir in der Diskussion zwei Sachen auseinanderhalten. Das eine ist die Frage, sozusagen der Aufwuchsfähigkeit der Bundeswehr durch Reservistinnen und Reservisten. Da würde ich mal ganz dezent darauf hinweisen, dass es schon mal hilfreich wäre, wenn man wenigstens gesellschaftlich und in der Bundeswehr wüsste, wer bereits gedient hat. Weil auf die Leute müsste man ja vielleicht auch zurückgreifen, weil mit einem Jahrgang jüngerer Menschen löse ich das Problem nicht. Und deshalb glaube ich, dass da noch mal eine Baustelle ist, die man nicht mit der Wehrpflichtdebatte oder einer Dienstpflicht oder wie auch immer soziales Jahr oder wie wir das Kind nennen, irgendwie noch mal überdecken sollte. Ich glaube, das muss man getrennt diskutieren und ich will da nur darauf hinweisen, dass es keine Möglichkeit mehr gibt, irgendwie zu wissen, wer eigentlich jemals gedient hat. Das ist alles weg. Das Wehrersatzwesen ist weg, die gibt es alles nicht mehr. Und sollte es denn wirklich die Notwendigkeit geben, muss man da den öffentlichen Aufruf machen, meldet euch bitte beim nächsten Bürgermeisteramt mit eurem alten Wehrpass oder irgend so was Ähnliches. Das wollte ich nur mal anmerken, dass wir das trennen und dass auf der anderen Seite bei der Frage, sage ich mal, eines sozialen Jahres eine Pflicht ja oder wie man das immer nennt. Es ist natürlich, und da sage ich mal, als alter Gewerkschafter, weiß ich schon jetzt, was meine Gewerkschaftsjugend dazu sagen würde. Ja, weil natürlich die Frage der Belastung, die da entsteht und die man, wo man dann auf der anderen Seite von Jugendlichen fordert, dass sie möglichst schnell fertigwerden und all solche Geschichten. Das wird eine schwierige Debatte, wollt nur darauf hinweisen, dass es keine einfach wird. Es wäre aber mal unterhalb dieser Schwelle vielleicht sinnvoll für all diejenigen, die ein soziales Jahr bisher machen, die Entwicklungsdienst machen dieses eine Jahr weltwärts oder die Wehrdienstfreiwilligen dir freiwillig Wehrdienst leisten, ein paar Dinge tun würden, wie zum Beispiel die Verlängerung des Kinderfreibetrages, die endet immer mit 25, egal ob ich was gemacht habe oder nicht, oder bestimmte Fragen wie eine beim Hochschulzugang oder auch sonst wo. Wo noch mal über Bonuspunkte nachdenken könnte. Das würde unterhalb dieser Debatte vielleicht ein bisschen dazu führen, dass solche Dienste auch für andere attraktiver werden. Ich würde es gerne trennen, dass man nicht beides miteinander vermischt. Vielen Dank.

Bodemann
Ich würde es auch gerne trennen und ich würde vor allen Dingen gerne auf die rund 900.000 ehemaligen Soldaten zurückgreifen können, die aber, sie haben es ja richtig gesagt, die aufgrund der nicht mehr vorhandenen Wehrerfassung nicht mehr haben und im übrigen Datenschutzgründe dagegen sprechen, dass man sie verpflichtet, uns ihre Erreichbarkeit zu nennen. Man müsste dort etwas verändern. Das wird alles sehr, sehr schwierig. Es ist ja auch nicht die alten Menschen heranzuholen, sondern Junge zu generieren, die auch im Bereich der Bundeswehr oder auch in anderen Organisationen tätig werden können. Und ich weiß, dass viele Menschen durchaus bereit sind und ich mache das am Beispiel des Heimatschutzes, weil das geht wirklich von der 19-jährigen, die jetzt gerade Medizin studiert und Chirurgin werden will.
Ob das sinnvoll ist, dass sie an der Waffe steht und ein Objekt sichert, sei dahingestellt. Aber das Interesse ist da, die Motivation bis zu 59-jährigen, der gleich alt ist wie ich und damals aber entschieden hat, ich verweigere, aber jetzt gesagt habt, die sicherheitspolitische Lage hat sich verändert. Und jetzt mache ich als Ungedienter meinen Dienst in der Reserve beim Heimatschutz. Und da haben wir ganz viele Menschen, die sich momentan dafür interessieren. Und das ist auch ein Zeichen dafür, dass das funktionieren kann.

Longen
Weitere Fragen aus dem Publikum? Ja, hier vorne.

Frau Schäfer - Publikum
Schäfer, mein Name bin im BMVgBundesministerium der Verteidigung jetzt seit kurzem eingesetzt als Leiterin des Sekretariats der Projektgruppe Neuer Wehrdienst und würde deswegen gerne zu Ihrem Wortbeitrag und auch zu dem, was Sie gesagt haben, noch ergänzen. Wir setzen uns selbstverständlich nicht nur mit der Frage auseinander, wie der neue Wehrdienst ausgestaltet wird, sondern gerade die Themen der Wehrerfassung, aber auch der Überwachung. Das wird als Gesamtethematik mit betrachtet und ungeachtet eines Datenverlustes oder begrenzter Zugriffsmöglichkeiten, die wir haben, ist uns allen bewusst, dass das ein ganz wichtiger Aspekt ist, dass jetzt auch alles so gut es geht systematisch und die These hat ich wieder abzubilden, dass wir da in Zukunft auf jeden Fall diesen Rückgriff auf die Daten haben und auch dem Bedarfsträger da stärker gerecht werden können.

Longen
Jetzt haben wir nun über einige Vokabeln auch gesprochen. Von Kriegstüchtigkeit war die Rede, von Wehrfähigkeit, von der Reaktivierung der Wehrpflicht, von einem Wehrdienst nach schwedischem Modell. Hauptmann Matei, Ihr Beitrag zum Thema Kriegsdienst hat zumindest auf Instagram über 3 Millionen Klicks gebracht. Ist das ein Thema, das die Community bewegt oder wie haben Ihre Follower auf die Sprache reagiert? Zumal Sie ja, zwischen der Sprache sind ja auch unterschiedliche Rollen geschlüpft, zwischen Gendsie und Militär hin und her gesprungen.

Matei
Zunächst widerspricht dies meiner Erfahrung auch ein bisschen, was Herr General gesagt hat. Einer meiner ersten Vorträge war 2021 noch vor dem Afghanistanabzug, ich saß vor der Schulklasse, habe über die Kapitel in der Geschichte Bundeswehr gesprochen und spreche gerade über die Wehrpflicht von damals. Und in der letzten Reihe geht eine Hand hoch. Chantal meldet sich und fragt mich Herr Hauptmann. Sie sagt Herr Jugendoffizier, was ist denn eine Wehrpflicht? Und ich musste erst mal genauso schauen wie Sie jetzt alle, weil in meiner Welt okay, jeder weiß doch, was eine Wehrpflicht ist und dachte dann so ein bisschen drüber nach. Habe dann gesagt okay, ich würde mich ja schon freuen, in einer Welt aufzuwachsen, wo meine Tochter nicht wissen muss, was eine Wehrpflicht ist. Aber sie wusste es nicht. Und zwei Jahre später, nach Krieg, krieg ich dann die Fragen von jungen Menschen, ja was brauchen wir denn jetzt für eine parlamentarische Mehrheit, um die Frauen genauso zu verpflichten wie die Männer auch? Also hin von was ist die Wehrpflicht, hinzu irgendwie verfassungsrechtlichen Fragen ist auf jeden Fall jetzt ein Wissen da, da kommt was. Gleichzeitig hassen junge Menschen alles, was verpflichtend ist. Ich war damals genauso. Ich habe mich mit Händen und Füßen gewehrt. 2011 Abitur. Ich habe irgendwas erzählt von einem eingewachsenen Zehnagel, um nicht zur Musterung zu gehen und krieg dann diesen Flyer von der Bundeswehr ja, jetzt nur noch Freiwillige. Und da muss ich dann wieder zustimmen, was Herr General sagt. Okay, dieser Flyer, ich habe mir das angeschaut und dachte okay, ich schaue es mir mal an, neun Monate verpflichtet, dann zwei Jahre verpflichtet und jetzt sitze ich hier. 14 Jahre. Würd gern länger machen, aber Haushaltssituation lässt mich nicht. Was ich damit aber sagen möchte, ist junge Menschen zu zwingen, sich mit diesem Thema zu befassen, hat mir damals geholfen. Und ich verkörpere gewissermaßen diese Hoffnung, dass dieses neue Wehrdienstmodell funktionieren kann.

Longen
Wenn wir Wehrdienst etwas allgemeiner fassen als ja für die Gesellschaft. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Schulze von Glaßer
Also ich finde erst mal so Zwangsdienste generell kritisch und lehne ich ab. Und diese neue Wehrdienst Debatte, die ist natürlich eng verbunden mit dem Thema Aufrüstung. Und da ich und mein Verband auch diese ganze Aufrüstungsfrage sehr kritisch sehen, sehen wir auch nicht, dass wir jetzt noch mehr Soldatinnen und Soldaten bräuchten und über 200.000 kommen müssten, als Geschäftsführer eines Friedensverbandes muss ich natürlich sagen, dass wir diese Debatte eigentlich nur gewinnen können, weil entweder verhindern wir es, dass die Wehrpflicht kommt oder wir kriegen wahrscheinlich ganz viele Neumitglieder, weil wir merken jetzt schon, dass bei jeder Äußerung von Herrn Pistorius bei uns auf einmal das Telefon nicht mehr still steht, weil ganz viele Leute Fragen haben, wie sie denn verweigern können. Da muss ich sagen Machen wir uns gerade fit und sind da durchaus bereit, auch wieder die Leute eben zu beraten, so wie wir das eben früher auch schon gemacht haben.

Högl
Herr Schulze von Glaßer, darf ich Ihnen mal eine Frage stellen? Ich kann das total nachvollziehen. Also Herr Thiessen hat eben gesagt, er ist Pastor. Ich bin ganz doll gläubig und wir alle wollen Frieden. Aber hat denn dieser fürchterliche Krieg in der Ukraine bei Ihnen nicht auch zu einem Umdenken geführt? Denn wie wollen wir denn unsere Werte verteidigen, wenn wir nicht genügend Frauen und Männer haben, nicht genügend Material, um unser Land von einem Aggressor also zu verteidigen und einen Aggressor im besten Fall frühzeitig davon abzuhalten, überhaupt auf die Idee zu kommen. Und die Ukrainer in Kiew, die haben gelebt wie wir heute hier in Berlin genauso. Und die sind brutal überfallen worden und müssen sich jetzt verteidigen mit Frauen und Männern, mit allen, die können und wollen und irgendwie dazu in der Lage sind.

Schulze von Glaßer
Ja, aber da vergessen sie auch, dass die sogar Leute zwingen zu kämpfen. Und das finde ich nicht gut. Also niemand gezwungen werden, an die Front zu müssen und ein Gewehr in die Hand zu nehmen. Und wir führen ja hier sogar schon eine Debatte, ob die Leute hier die jungen Männer nicht abgeschoben werden sollen, damit diese endlich kämpfen. Und langsam in der Ukraine gehen die Leute aus. Ich finde das nicht gut, was Russland da macht. Und unsere Forderung auch, dass sich Russland zurückziehen muss aus den ukrainischen Gebieten. Allerdings sehe ich auch, dass diese Politik, wie wir sie jetzt ja auch schon seit fast drei Jahren machen, auch mit den Waffenexporten und so was, hat ja die Lage jetzt letztendlich nicht verbessert. Und es ist super schwierig, mit Russland und mit Putin zu verhandeln. Aber dafür hat man ja top Diplomatinnen und Diplomaten und wir sehen ja sogar schon, dass zum Beispiel bei Gefangenenaustauschen oder bei dem Abkommen, was es ja gab, durchaus Gespräche stattfinden. Und ich glaube, da muss man hinkommen und das muss man stärken, auch wenn das sicherlich sehr schwierig wird. Und da muss ich noch kurz betonen. Die Ukraine wurde angegriffen, die NATO wurde nicht angegriffen. Da könnte man ja auch zu der Erkenntnis kommen, ja okay, die Abschreckung der NATO, die wirkt, ja, warum sollen wir jetzt noch weiter aufrüsten, weiter Geld ins Militär pumpen? In anderen wichtigen Bereichen fehlt dieses Geld, was hier wieder wirklich zu sozialen Konflikten führt, hier die extreme Rechte auch zum Beispiel stärkt. Ist das nicht sogar eine Gefahr, sogar langsam fürs Innere, die dann dadurch kommt, dass wir so viel ins Militär investieren? Und ist nicht das sogar das, was Putin dann am Ende vielleicht sogar freut, dass es hier dann mehr Uneinigkeit gibt?

Longen
Herr General Bodemann, warum sollte man das?

Bodemann
Ja, zunächst einmal Russland ist ganz klar der Aggressor. Und was wir momentan sehen, sie haben die NATO ist nicht bedroht. Das sehe ich völlig anders. Und das sind auch die nachrichtendienstlichen Informationen, die wir haben, und andere Informationen aus dem militärischen Nachrichtenwesen. Dass Russland nicht nur bestrebt ist, das auszugleichen, was sie an militärischen Mitteln in der Ukraine verloren hat, sondern dass die Rekonstitution bedeutet, Streitkräfte zu erschaffen, die das Potenzial haben, dass NATO-Bündnisgebietes anzugreifen. Da gibt es eindeutige Hinweise und das sollte man nicht außer Acht lassen. Und wir wollen abschrecken. Alle NATO-Verteidigungspläne, einschließlich des Operationsplan Deutschlands, sind ausgelegt darauf, Russland davon abzuhalten, diesen Schritt zu tun, und wir wollen nicht, dass diese Pläne zur Wirkung kommen, Aber wir müssen glaubhaft sein, und deswegen müssen wir die entwickeln und müssen die Fähigkeiten haben. Das betrifft auch die Menschen, das zu tun. Wir verpflichten ja niemanden, an die Front zu gehen, sondern die Initiative des Ministers ist ja, dass die Menschen sich Gedanken machen, gehst du zur Bundeswehr oder nicht? Oder vielleicht sogar anzuregen, in andere Organisationen zu gehen, in den Umweltschutz, in Naturschutz, in die Altenpflege, in Organisationen wie Deutsches Rotes Kreuz, Johanniter, Malteser etc... Und genau darum geht es. Und ich glaube, das ist jetzt Bodemann persönlich, dass es gut daran getan wäre, wenn jeder sich in Deutschland zu etwas bekennt, dieses Land zu unterstützen, in Freiheit, Frieden und Demokratie zu wahren. Und das geht auf unterschiedlichen Wegen. Man muss dazu nicht Soldatin und Soldat sein. Und ich kann schon verstehen, dass das Wort Kriegstüchtigkeit bei dem einen oder anderen etwas auslöst. Negativer Art, aber am Ende geht es darum, dass wir in der Lage sind, im Falle, dass wirklich ein Krieg kommt, den wir alle verhindern wollen, dass wir in der Lage sind, dieses Land, diese Demokratie, diese Freiheit zu verteidigen. Und das wird schlimmstenfalls durch einen Krieg erfolgen. Ich verstehe, dass das dieses Wort vielleicht spaltet und dass Dinge wie wehrhafte Demokratie sicherlich da auch angebracht wären, um das zu nutzen. Aber Kriegstüchtigkeit beschreibt genau das, was am Ende sein soll. Wir haben eine glaubhafte Abschreckung durch eine Bundeswehr, die in der Lage wäre, einen Krieg zu führen, um unsere Werte zu verteidigen.

Longen
Dann kommen wir damit zur letzten Runde, auch bei diesen Gesprächen am Ehrenmal. Das ist der Moment des Fazits. Dazu bekommen unsere Podiumsteilnehmende dann noch einmal Gelegenheit für ein Statement mit Erkenntnissen, Forderungen oder offenen Fragen, die sie mitnehmen. Und wir fangen bei ihnen an, Herr Hauptmann Matei.

Matei
Wenn ich in den Unterricht gehe, ist eine der ersten Fragen, die ich stelle, wer von euch hat schon mal von der Zeitenwende gehört? Und selten gehen, Hände hoch! Und Herr Pastor aus dem BMIBundesministerium des Innern sagt ja, sie stören sich an dem Begriff „raus in die Gesellschaft gehen“. Aber wo sind wir denn gerade jetzt, hier in diesem Raum? Also wer sitzt hier? Und Berlin, die Blase sowieso. Die jungen Menschen draußen, die haben davon nichts mitbekommen. Also wir sprechen seit zwei Jahren drüber, aber die, gut ist auch eine andere Generation, kommt aus Krise zu Krise. Man spricht mit denen und die schauen mich mit ganz großen Augen an und hören zum ersten Mal davon. Ich stelle dann genau die Frage, die sie auch in den Raum gestellt haben, sollten wir, was sollten wir machen, wenn 2029 da im Raum steht, Putin könnte… sollen wir jetzt einfach nichts machen oder sollen wir etwas machen? Und auch wenn die Meinungen zu, wie wir es machen immer recht kontrovers sind, sagt die Masse der jungen Menschen schon, es wäre besser, etwas zu machen, als zu warten und nichts zu machen. Und das nehme ich mit. Und deswegen ist es wichtiger als je zuvor, dass wir den Draht zur Gesellschaft pflegen oder weitersuchen und über dieses Thema informieren, außerhalb von so ehrenhaften Veranstaltungen wie das hier.

Longen
Ja, Herr Schulze von Glaßer.

Schulze von Glaßer
Ja, ich bin ja auch sehr für was machen, aber eben nicht immer nur diese militärische Dimension. Und ich möchte noch mal auf das zurückkommen, was Frau Högl auch sagte. Ich bin auch total dafür, dass in Schulen über Krieg und Frieden diskutiert wird und gesprochen wird auch viel, viel mehr. Also bei mir gab es nur eine Stunde Politik in der Woche im Schulunterricht und so was. Da würde ich mich über viel mehr freuen. Hat mir auch sehr viel Spaß gemacht. Immer. Aber eben würde ich mir wünschen, eben unabhängig von allen Seiten die Information zu bekommen und eben nicht nur aus militärischer Richtung. Und ja, ich glaube, wir haben natürlich schon wirklich sehr unterschiedliche Vorstellungen von Sicherheitspolitik. Das wurde hier ja auch deutlich. Aber ich denke natürlich, am Ende wollen wir alle natürlich eine friedlichere Welt und die Wege sind natürlich dann doch sehr unterschiedlich. Aber ich hoffe zumindest ein bisschen, vielleicht Denkanreize liefern zu können, um ja vielleicht noch mal über andere Perspektiven nachzudenken. Genau. Ja, ich glaube dabei belasse ich es so.

Longen
Frau Dr. Högl

Högl
Ja, Frieden und Freiheit ist unser gemeinsames Ziel und unsere Werte zu erhalten und zu verteidigen. Und man muss ganz klar sagen, dass die Lage ernst ist, sowohl innerhalb unseres Landes und auch anderer Länder in Europa und in der Welt, als auch wenn wir nach außen gucken. Wir haben viele Krisen, Kriege, wir haben viele Unsicherheiten auch. Und wir haben gerade eben im Deutschen Bundestag 75 Jahre Demokratie gefeiert und noch mal daran gedacht, wie es angefangen hat nach dem Zweiten Weltkrieg, was alles aufgebaut wurde und daraus müssen wir jetzt auch die Schlussfolgerung ziehen, dass es unsere gemeinsame Aufgabe ist, sowohl im Inneren als auch nach außen unsere Werte, unsere Demokratie, unseren Frieden und unsere Freiheit zu verteidigen. Und ich habe ja begonnen, meinen Wortbeitrag hier vorhin auf dem Podium mit einem Dank an die Jugendoffizierinnen und Jugendoffiziere und ich will das jetzt gerne ausweiten und den Dank an alle Soldatinnen und Soldaten richten, weil ich das wirklich bemerkenswert finde, dass Menschen sich entscheiden, unseren Frieden, unsere Freiheit ganz persönlich zu verteidigen, wenn es ernst wird. Und das zu tun sogar mit der eigenen körperlichen Unversehrtheit und im ganz dollen Ernstfall. Wir hoffen alle, dass das nicht eintritt, aber mit dem eigenen Leben, das nötigt uns allen Respekt und Anerkennung und Dank ab. Und darauf können wir sehr stolz sein. Und ich schließe damit, dass ich sage, ich hoffe sehr, dass Zeitenwende nicht nur ein Wort ist. Ich will es mal so sagen nicht nur eine Floskel oder zur Floskel verkommt, sondern dass wir alle Anstrengungen unternehmen, das so zu unterfüttern, dass nicht nur unsere Bundeswehr, sondern wir insgesamt in der Gesellschaft die Rahmenbedingungen so ausgestalten, dass wir in der Lage sind, unseren Frieden und unsere Freiheit zu erhalten. Und ich sage es noch mal, die Lage ist ernst. Wir müssen alle unseren Beitrag dazu leisten. Und ich danke, dass ich hier auf dem Podium dabei war.

Longen
Herr General Bodemann.

Bodemann
Ja als letzter ist es natürlich schwierig, noch was Neues zu sagen. Aber ich möchte auch noch mal betonen Wahrung von Frieden, Freiheit und Demokratie gibt es nicht zum Nulltarif. Das hat einen Preis. Und diesen Preis muss die der Staat gesamtstaatliche gesamtgesellschaftliche Aufgabe zahlen. Und da geht es insbesondere darum, eine Diskussion nicht beliebig zuhalten, sondern wir müssen die Diskussion sachlich, vielleicht auch kontrovers führen. Aber wir müssen sie führen, weil wir sonst Desinformation und Fakenews Vorschub leisten und das darf nicht passieren, weil es gibt Richtungen, es gibt Seiten, die dort unterwegs sind, insbesondere in sozialen Netzwerken, insbesondere auf die Jugend abzielen. Dort Veränderungen in der Meinungsbildung herbeizuführen, die schlecht für diesen Staat, die schlecht für Freiheit und Demokratie wären. Vielen Dank.

Longen
Das ist zugleich das Schlusswort für die 10. Ausgabe der Gespräche am Ehrenmal. Und damit danke ich unseren Gästen auf dem Podium und im Publikum und Ihnen, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, für Ihr Interesse und damit bis zum nächsten Mal.

von ZMSBw 

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