"Pardon wird nicht gegeben!"

"Pardon wird nicht gegeben!"

Datum:
Lesedauer:
3 MIN

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Der „Boxerkrieg“ 1900/1901 als Phänomen militärischer Gewalt.
Ein Online-Workshop des ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr am Dienstag, 7. September 2021

Bundesarchiv_Bild_183-R19096,_Boxeraufstand,_1._Ostasiatisches_Infanterie-Regiment

Der Boxeraufstand 1900/01: Soldaten des deutschen 1. Ostasiatischen Infanterie-Regiments mit den beim Sturm auf die Peitangforts eroberten Fahnen.

Bundesarchiv, Bild 183-R19096

Als Wilhelm II. am 27. Juli 1900 in Bremerhaven das deutsche Expeditionskorps nach China zur Niederschlagung der sogenannten Boxerbewegung verabschiedete, forderte er von seinen Soldaten: „Pardon wird nicht gegeben! Gefangene werden nicht gemacht!“ Der Aufruf, Aufstände an der Peripherie des eigenen Machtbereiches mit extremer Gewalt militärisch niederzuschlagen, war eine typische Ausprägung der Sicherung von Herrschaftsgewalt im Zeitalter des Imperialismus. Auch wenn China nie eine Kolonie war, so stand es dennoch unter dem Einfluss internationaler Großmächte. Wie in den afrikanischen Kolonien entwickelte sich auch hier eine Widerstandsbewegung gegen den Einfluss von außen.

Im Gegensatz zum afrikanischen Kontinent stand China lange nicht im Mittelpunkt der Imperialismus-Forschung. Erst in den letzten 20 Jahren wurde sich verstärkt dem „Boxerkrieg“ aus verschiedenen Perspektiven genähert und die vielfältigen Deutungen des Ereignisses unterstrichen. Schon die Begrifflichkeiten zeigen die Komplexität der Verhältnisse, die es nachzuzeichnen gilt und in die militärische Gewalt eingebettet werden soll. Begriffe wie „Boxeraufstand“ oder „Boxerrebellion“ betonen vor allem den Charakter des Auflehnens der sogenannten Boxer, dessen Legitimität oder auch Illegitimität dabei durch die Wortwahl ebenfalls impliziert wird. Der Begriff „Boxerkrieg“, der im Workshop genutzt wird, verdeutlicht hingegen den größeren Konflikt zwischen China und anderen Mächten in der Gewaltgeschichte des Imperialismus.

Betrachtungsebenen

Der Workshop befasst sich mit zwei Dimensionen des „Boxerkrieges“: erstens Kontextualisierung und Erinnerung sowie zweitens Akteure und Kriegführung.

Die erste Dimension des Workshops zielt auf ideengeschichtliche Kontexte imperialer, militärischer Gewalt als Teil von Militär- und Gewaltkulturen. Wie bilden sich diese in Begrifflichkeiten und Konzepten im Dreieck Imperialismus – Militär – Gewalt ab? Wie wird Gewalt im Zeitalter des Imperialismus definiert und in welchen Ausprägungen tritt sie auf? Wie verortet sich darin der „Boxerkrieg“? Zudem soll in der ersten Dimension darauf geblickt werden, wie der „Boxerkrieg“ in die Erinnerungskultur der Länder übergegangen ist.

Die zweite Dimension befasst sich mit den militärischen Akteuren und deren Kriegführung im Zeichen der Gewaltausübung während des „Boxerkrieges“. Wer waren die Akteure und welche Motive bewogen ihr Handeln vor dem Hintergrund von (unterschiedlichen) Erfahrungsräumen kolonialer/imperialer Gewalt in der Geschichte westlicher Intervention? Wie wurde militärische Gewalt ein- bzw. umgesetzt? Wie funktionierte dabei Multinationalität in militärischen Operationen in den Kolonien und wie änderten sich gegebenenfalls europäische Konstellationen in diesem Rahmen?
Der Workshop dient zur Bestandsaufnahme bisheriger Forschungen zum „Boxerkrieg“ und soll darüber hinaus neue Impulse für weitere Forschungen zur Kolonialgeschichte im Rahmen der Gewaltgeschichte geben. Er ist Teil des Jahresthemas „Militär und Gewalt in imperialen und kolonialen Settings“ im Rahmen des Leitthemas und Forschungsschwerpunktes „Militär und Gewalt“ des ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr.

Programm

13.00 Grußwort Kommandeur ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr
13.05 Organisation und Einführung (Christian Stachelbeck/Chris Helmecke)

13.25 Sektion 1: Kontextualisierung und Erinnerung
Moderation: Christian Stachelbeck
- Der Boxerkrieg im Kontext imperialer Gewalt im Langen 19. Jahrhundert (Tanja Bührer, Universität Bern)
- Boxerkrieg und Militärkultur (Susanne Kuß, Pädagogische Hochschule Freiburg)
- Der Boxerkrieg in der deutschen und französischen Erinnerung (Jean-Jacques Wendorff, freier Historiker)

15.00 Sektion 2: Akteure und Kriegführung
Moderation: Chris Helmecke
- Die „Boxer“ (Heike Frick, Freie Universität Berlin)
- Die Seymour-Expedition 1900 (Christian Jentzsch, ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr)
- Die militärische Rolle Frankreichs im multinationalen Expeditionskorps (Vincent Arbarétier, Service Historique de la Défense, Vincennes/Frankreich)

16.30 Schlussdiskussion: Der „Boxerkrieg“ als Phänomen einer imperialen Gewaltkultur?
Moderation: Christian Stachelbeck/Chris Helmecke
Kommentar: Frank Reichherzer
17.00 Ende des Workshops

Tagungsbericht

Tobias Pech M.A.Master of Arts hat einen Tagungsbericht zum Workshop erstellt, der auf der Website des Arbeitskreises Militärgeschichte und hier (PDF, 63,2 KB) abzurufen ist.

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