Die 62. Internationale Tagung für Militärgeschichte (ITMG) findet dieses Jahr vom 12. bis zum 14. September 2023 statt. Titel ist „Die Gewalt ist ein 'wahres Chamäleon' - Transformationen, Persistenzen und Emergenzen militärischer Gewaltsamkeiten“. Im Zentrum der Tagung steht das Verhältnis von Zeitlichkeiten und militärischer Gewalt. Tagungsorte sind das Dresdener Tagungshotel mightyTwice und das Militärhistorischen Museum der Bundeswehr

Bildliches Diagramm der Tonaufzeichnung vom Ende des Krieges am 11. November 1918 11Uhr

Aufzeichnung der Artillerieaktivitäten an der amerikanischen Front in der Nähe der Mosel am 11. November 1918

Imperial War Museum Q 47886

 

Militär - Gewalt - Zeit: Einem Chamäleon auf der Spur 

Das Aufnahmegerät einer Artillerie-Schallmessanlage der U.S. Army liefert das Motivbild zur 62. Internationalen Tagung für Militärgeschichte (ITMG). Der sechs Sekunden lange Ausschnitt eines Aufnahmebandes dokumentiert zunächst vereinzelte Schüsse, gefolgt von zwei Sekunden intensivem Artilleriefeuer, plötzlich: Stille! Die Aufnahme reicht von kurz vor bis kurz nach 11 Uhr alliierter Zeit am 11. November 1918. Die Graphen auf dem Band markieren das Ende der Kampfhandlungen – den Beginn des in der Nacht zuvor vereinbarten Waffenstillstandes. Der Papierstreifen visualisiert so in eindrücklicher Weise den Augenblick, in dem der Erste Weltkrieg zu seinem Ende kam.

Dieser Übergang militärischer Gewalt macht auf das Thema der diesjährigen ITMG aufmerksam. Der große Krieg war zwar beendet, doch die Gewalt nicht vorüber. Nicht nur in Europa, sondern überall auf der Welt wandelten sich Gewaltsamkeiten, blieben bestehen oder nahmen neue Formen an. Für diese Wandelbarkeit des Krieges, der Formveränderungen militärischer Gewalt, aber auch deren Beständigkeit nutzte der preußische General, Kriegsphilosoph und Zitatelieferant Carl von Clausewitz eine interessante Analogie: Krieg gleiche einem „wahre[n] Chamäleon“.

Interdisziplinäres Forum für aktuelle Forschungen

Diese, von Clausewitz gewählte Veranschaulichung der Gewalt verweist auf aktuelle Forschungstendenzen. Vermehrt macht die Gewaltforschung auf die komplexe Zeitlichkeit und Prozesshaftigkeit von Gewalt aufmerksam. Die 62. ITMG fragt daher nach den Temporalitäten militärischer Gewaltsamkeiten entlang der Zeitfiguren Transformation/ Wandel, Persistenz/Kontinuität und Emergenz/ Entstehung. Damit bietet das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr ein interdisziplinäres Forum für die Diskussion aktueller Forschungen an.

Großer Saal mit verzierten Säulen, Stuck an der Decke und mehreren Stuhlreihen zum Podest gewandt

Historischer Ballsaal "Lindengarten" im Hotel Mighty Twice

ZMSBw/Wenzel

Programm

ITMG Programmheft

Die Gewalt ist ein 'wahres Chamäleon'

ITMG Programmheft ITMG Programmheft PDF, nicht barrierefrei, 753 KB
 Dienstag, 12.09.2023

12:00 – 12:10 

Begrüßung  

Sven Lange, Oberst und Kommandeur des ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, Potsdam 

12:10 – 13:00 

Einführung und Grundlagen  

 

Militärgeschichte und Kulturgeschichte der Gewalt. Neue Wege der Forschung (AT) 

Alaric Searle, Potsdam

 

Die Zeit der Gewalt 

Frank Reichherzer, Potsdam 

13:00 – 15:00   

Sektion I: Gewalt(en) im Belagerungskrieg vom Mittelalter bis in die Neuzeit – Transepochale Betrachtungen 

 

Von der Zermürbung bis zum Exzess. 

Zur Bedeutung des Faktors „Zeit“ für die Ausübung verschiedener Arten von Gewaltpraktiken 

in früh- und hochmittelalterlichen Belagerungen 

Franziska Quaas, Hamburg 

 

For Hunger brekythe the Stone Walle“. Rouen unter mehrfacher Belagerung im Hundertjährigen Krieg 1418-19/1449 

Maria Pieschacon-Raffael, München 

 

Gezähmte Gewalt(en)? Die Belagerung der Festung Philippsburg 1734 im „Kabinettskrieg“ der Aufklärungsära 

Anke Fischer-Kattner, München 

 

Sektionsleitung: Robert Riemer, Potsdam 

15:00 – 15:30 

Kaffeepause (inkl.) 

15:30 – 17:00 

Sektion II: Authors meet critics 

 

Buch 1: Zwischen Fronten. Die deutsch-französische Grenzregion und der Weg in den Zweiten Weltkrieg

von Johannes Großmann, Tübingen

 

Buch 2: Empire of Destruction: A History of Nazi Mass Killing

(deutschsprachige Übersetzung: Das Reich der Vernichtung. Eine Gesamtgeschichte des nationalsozialistischen Massenmordens)

von Alex Kay, Potsdam 

 

Moderation und Diskussion: Frank Reichherzer, Potsdam

  

17:00 – 18:30 

 Pause

18:30 

Abendveranstaltung im Militärhistorischen Museum der Bundeswehr Dresden (MHMBwMilitärhistorisches Museum der Bundeswehr) 

 

Menschen im Krieg. Menschen im Krieg – Der lange Kampf der Ukraine um Unabhängigkeit und Freiheit (PDF, 4,7 MB)  

Till Mayer, (Foto-)Journalist, Bamberg 

 

Moderation und Diskussion: Cornelia Grosse, Potsdam 

 Mittwoch, 13.09.2023

08:30 –  

10:30 

Sektion III: Dynamiken, Räume und Übergänge militärischer Gewalt 

 

Krieg als politische Gewalt 

Stefan Malthaner, Hamburg 

 

Gewaltdynamiken. Deutsche Besatzung, Partisanen, und die Zivilbevölkerungen in der westlichen Sowjetunion, 1941–1945 

Franziska Exeler, Berlin 

 

Temporale Umbrüche. Die Rolle deutschsprachiger Emigranten als alliierte Soldaten zwischen Zweitem Weltkrieg und Besatzung 

Arvid Schors, Köln 

 

Sektionsleitung: Kerrin Langer, Potsdam 

10:30 – 11:00 

Kaffeepause (inkl.)

11:00 – 13:00 

 

Sektion IV: Geschlechtsspezifische militärische Gewalt als Kontinuum: Theoretische und methodische Reflektionen 

 

Militär, Gewalt und Geschlechterordnung. Umstrittene Geschlechtergrenzen  

Karen Hagemann, Chapel Hill, NC 

 

Immer die gleiche Gewalt?! Geschlechtsspezifische Gewalt in Krieg und Frieden 

Claudia Kemper, Münster 

 

Radikalisierte Männlichkeit. Vom Kriegsalltag zur sexuellen Gewalt  

Kerstin Bischl, Berlin 

 

Sektionsleitung: Isabelle Deflers, München

 

13:00 – 14:30 

Mittagessen (inkl.)

14:30 – 16:30 

 

Sektion V: 

Geschlecht und militärische Gewaltsamkeiten: Historische Fallbeispiele

 

Zwischen kriegerischer und fürsorglicher Gewalt. 

Koloniale Männlichkeiten in der berittenen Landespolizei für Deutsch-Südwestafrika, 1905-1915 

Marie Muschalek, Konstanz 

 

Hierarchie und Machtmissbrauch. 

Sexuelle Gewalt unter Männern in den Streitkräften der Habsburgermonarchie, 1897–1918 

Daniel Gunz, Wien 

 

Bewaffnetes Gewalthandeln von Partisaninnen im ukrainischen nationalistischen Untergrund in den 1930er bis 1950er Jahren  

Olena Petrenko, Bochum 

 

Sexuelle Gewalt während der militärischen Eroberung und der Besatzung Deutschlands: 

Persistenzen und Transformationen in den Gewalterfahrungen von Vergewaltigungsopfern, 1945–1955 

Anne-Laure Briatte, Paris 

 

Sektionsleitung: Friederike Hartung, Potsdam 

16:30 – 17:00  

Kaffeepause (inkl.) 

17:00 – 18:30   

Knowledge Café  

Militär, Gewalt, Zeitlichkeit und...

... Kampf, Planung, Organisation, Recht, Technik, Theorie oder Wissen und Gedächtnis 

 Donnerstag, 14.09.2023 

08:30 –  

10:30 

Sektion VI: Zur Zeitlichkeit militärischer Gewalt in Grauzonen 

 

Die Emergenz des Franktireurs im „kleinen Krieg“ 1870/71  

Jan-Martin Zollitsch, Berlin 

 

„Whitehall's Secret Army“? Private Military Companies während der Dekolonisierung 

Grischa Sutterer, Eichstätt 

 

Die Reichswehr kann auch anders? „Show of force“ im sächsischen Zittau 1920   

Pierre Köckert, Potsdam 

 

Sektionsleitung: Jéronimo Barbin, Potsdam 

10:30 – 11:00 

Kaffeepause (inkl.)

11:00 – 13:00 

 

Sektion VII: Wissensspeicher militärischer Gewalt: Objekte, Museen, Sammlungen 

 

„Fürchtet Euch!“. Gewaltchiffren militärischer Bekleidung und Bewaffnung                                                                         

Gerhard Bauer, Dresden  

 

Gewalt (aus)stellen im Heeresgeschichtlichen Museum Wien. 

Dekonstruktion auratisierender Präsentationsweisen und bedeutungskonstituierender Geschichtsdarstellungen 

durch mit Gewalt verknüpfte Objekte (Ein historisch-museologischer Überblick) 

Thomas Edelmann, Wien 

 

Erfahrung sammeln. Gewaltwissen und (Re)Präsentationen von Gewalt im Sammlungswesen der Bundeswehr 

Christopher Oestereich und Leonie Hieck, Potsdam 

 

Sektionsleitung: Michael Gutzeit, Potsdam 

13:00 – 13:30 

Fazit und Abschlussdiskussion 

13:30 – 14:30   

Mittagessen (inkl.)

14:30 – 16:00 

Sonderführung zu “Militär und Gewalt” oder Sonderausstellung „Overkill

Militärhistorisches Museum der Bundeswehr

(optional nach Anmeldung) 

 

Abendveranstaltung 12.09.23

Menschen im Krieg

Der Kampf der Ukraine um Unabhängigkeit und Freiheit

Vortrag und Gespräch mit dem Kriegsfotografen Till Mayer

Menschen im Krieg Menschen im Krieg PDF, nicht barrierefrei, 4,7 MB
Außenaufnahme der Gebäudefront des Museums.

Konzeption, Organisation und Kontakt

Major Dr. Friederike Hartung & Dr. Frank Reichherzer

Bei Fragen und Anregungen können Sie uns hier erreichen.

Für Medienvertretende:

Major Michael Gutzeit

Leiter der Informationsarbeit

Telefon: 0331 9714 400

ZMSBwPressestelle@bundeswehr.org

Anmeldung

Die Teilnahmegebühr beträgt 50€* für die Pausen- und Mittagsverpflegung. Anmeldschluss ist der 18.08.2023

*Studierende und Interessierte ohne feste Anstellung bitten wir mit uns Kontakt aufzunehmen.

Programm und Konzept

Militärhistorisches Museum Dresden

Das Militärhistorische Museum der Bundeswehr gehört zu den bedeutendsten Geschichtsmuseen Europas. Im Zentrum stehen der Mensch und die Frage nach den Ursachen und Folgen von Krieg und Gewalt.

mightyTwice Hotel Dresden

Im Upcycling-Hotel dreht sich alles um Musik. Es befindet sich in einem eleganten Wohnhaus in der Dresdner Neustadt, wenige Straßenbahnhaltestellen von der Dresdner Altstadt entfernt.

61. ITMG - (Il)Legalität militärischer Gewalt